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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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… und bedrängten ihn fast wie die Fans eines Star-Rappers … »Hi, Chief!« … »Hey, Chief!« … »Wie läuft’s denn so, Chief!« … »Sie sind unser Mann, Chief!« … und nahmen ihn so in Beschlag, dass er mit seinen Hi, Champs gar nicht mehr nachkam … Was für eine Ironie … Er! Cyrus Booker, Polizeichef, die mächtige, schwarze Figur im Herzen von Miamis Stadtverwaltung … Er! Chief Booker, auf beleidigende Weise zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft, drückt sich in der Lobby herum … lässt sich auf ein albernes Defensivspiel ein … versucht nicht zu verlieren, anstatt alles für den Sieg zu riskieren … Er! Warum sollte er vor irgendwem katzbuckeln? Er war der geborene Anführer … und er war jung genug, erst vierundvierzig, um sich wieder zurück an die Spitze zu kämpfen … wenn nicht in dieser Funktion, dann in einer anderen, noch höheren, obwohl ihm im Augenblick keine einfallen wollte, die dafür infrage käme … wenn nötig, würde er sie sich selbst schaffen! … und warum schiss er sich wegen des Hauses und der Hypothek überhaupt so in die Hosen? Was spielte ein Haus in Kendall für eine Rolle, wenn die Geschichte ihr Urteil sprach? … aber dann fiel ihm ein anderer Urteilsspruch ein … der seiner Frau … sie würde Qualen leiden, vierundzwanzig Stunden vielleicht … und dann würde sie ausrasten vor Wut! … ooounnnghhh Jesus Christus! … aber wenn ein Mann alles aufs Spiel setzen wollte … um alles zu gewinnen … dann konnte er nicht vor einer Frau zurückweichen … oder? Scheiiiiiiße! Sie würde ihm den Krieg erklären! … »Klasse Plan, Super-Shaft! Kein Job, kein Haus, kein Einkommen, vergiiiiiss es! … du wirst auf keinen Fall —«
    Sein Handy klingelte. Er ging ran und sagte wie immer: »Chief Booker.«
    »Cecelia, Büro des Bürgermeisters« … »Büro des Bürgermeisters«, als wüsste er nicht, welche von den Tausenden Cecelias in der Stadt, in der Welt, genau diese Cecelia war. »Der Bürgermeister hat jetzt Zeit für Sie. Ich habe Sie im Wartezimmer gesucht … aber da waren Sie nicht. Der Bürgermeister hat einen straffen Terminplan heute Nachmittag.«
    Frostig? Die Hölle war zugefroren! … Leck mich, Pferde schädel! Aber er sagte nur, »Bin sofort da.« Verdammt! Warum hatte er »sofort« gesagt? Hörte sich an, als würde er gleich loshecheln … willfährig.
    Aus Sicherheitsgründen kam man nur mit dem Lift in den ersten Stock. Verdammt und noch mal verdammt! Im Lift wurde er mit zwei weiteren Hi, Chief konfrontiert. Eins kam von einem netten Burschen, der die amtlichen Mitteilungen der Dienststelle für Umweltmanagement verfasste, ein Schwar zer namens Mike. Er brachte ein Hi, Champ über die Lippen … aber ein Lächeln brachte er nicht zustande. Er konnte ihm nur die Zähne zeigen.
    Während er durch den schmalen Korridor ging, übte er Lächeln. Für Cecelia musste er sich noch einmal ein Lächeln abringen. Als er ihren Schreibtisch erreichte, tat sie kurz so, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Dann hob sie den Kopf. Was für ein Pferdegebiss die Schlampe hatte! »Ah, da sind Sie ja«, sagte sie und besaß sogar die Unverschämtheit, einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr zu werfen. »Bitte, Sie können gleich rein.« Das einstudierte Lächeln strahlte von einem Ohr zum anderen. Er hoffte, dass sie kapierte: Ja, ich verstehe das kleine miese Spielchen, das du mit mir treibst. Tut mir leid, aber dazu bin ich mir zu schade.
    Als er das Büro des Bürgermeisters betrat, saß der gute alte Dionisio zurückgelehnt auf seinem großen, mit ochsenblut rotem Leder gepolsterten Mahagonidrehstuhl. Der Drehstuhl war so groß, er sah aus wie ein Mahagonimonster, und das ochsenblutrote Leder sah aus wie das Innere eines Monstermauls, das den guten alten Dionisio jeden Augenblick verschlingen würde. Hinter dem Schreibtisch, auf dem eine Piper Cub hätte landen können, machte er einen pompös gelangweilten, selbstgefälligen Eindruck. Um den Chief zu begrüßen, stand er nicht auf, wie er es früher immer getan hatte. Er richtete sich nicht mal auf. Er lehnte sich sogar noch weiter zurück, so weit, wie es die Gelenkfedern des Stuhls zuließen.
    »Kommen Sie rein, Chief, nehmen Sie Platz.« Aus seiner Stimme sprach die Selbstsicherheit eines Mannes, der Audienz gewährte. Mit einer nonchalanten Geste aus dem Handgelenk deutete er auf die andere Seite des Schreibtischs. Der Platz war ein Stuhl mit gerader Rückenlehne direkt gegenüber vom guten alten Dio. Der

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