Back to Blood
Meineids verhaftet und bestraft werden könnten, war die Sache gelaufen. Alle sind umgefallen. Na ja, sind schließlich noch halbe Kinder. Morgen wird der Staatsanwalt bekannt geben, dass die Ermittlungen eingestellt werden.«
»Und dabei wird auch Camachos Name fallen?«
»Ja klar, natürlich«, sagte der Chief. »Ich habe lange darüber nachgedacht, Dio … Ich werde die Suspendierung aufheben … Dienstmarke, Waffe, das volle Programm.«
Bei diesen Worten schoss der Bürgermeister nach vorn, als hätten ihn die Gelenkfedern aus dem Drehstuhl katapultiert.
»Das können Sie nicht, Cy! Camacho ist gerade erst suspendiert worden — weil er ein gottverdammter rassistischer Fanatiker ist! Die ganze Glaubwürdigkeit, die wir uns bei der afroamerikanischen Gemeinde verschafft haben, als wir diesen Hurensohn aus dem Verkehr gezogen haben, ist dann wieder beim Teufel. Ich hätte von Anfang an darauf bestehen sollen, dass Sie ihn rausschmeißen. Urplötzlich — wie lange ist das jetzt her, drei Wochen? — urplötzlich taucht er wieder auf, größer als je zuvor, als gottverdammter Held. Alle Afro-amerikaner in Miami werden wieder loszetern — nur einer nicht, der gottverdammte Polizeichef! Alles geht wieder von vorne los, genau wie an dem Tag, als die Ihren kleinen Fanatiker in Action gesehen und gehört haben, wie er seine rassistische Scheiße abgelassen hat, live, ungeschminkt, auf YouTube. Und jetzt bringt er auch noch die ganze scheißhaitianische Gemeinde auf die Palme. Zwei Tage war auf den Straßen die Hölle los. Sobald die Haitianer merken, dass dieser stadtbekannte Rassist, Ihr Ku-Klux-Camacho, es geschafft hat, einem von ihren Leuten die Schuld in die Schuhe zu schieben, dann machen die auf den Straßen richtig Rabatz. Hab ich es Ihnen nicht gesagt? Dieser Bursche tritt ganz allein einen Rassenaufstand los. Und jetzt stellen Sie ihn wieder in Dienst, und nicht nur das, Sie glorifizieren ihn auch noch! Ich verstehe Sie nicht, Cy. Ehrlich. Sie wissen ganz genau, dass Sie vor allem deshalb Polizeichef geworden sind, weil wir geglaubt haben, Sie könnten den Frieden sichern zwischen all diesen — äh ähhh — Gemeinden. Was glauben Sie? Dass ich einfach so zuschaue, wenn sich die ethnischen Spannungen zu einem gottverdamm ten Flächenbrand auswachsen — während meiner Amtszeit? Oh, nein, mein Freund, oooooooooh nein, kommt gar nicht infrage, das wird nicht passieren! Ansonsten zwingen Sie mich zu Maßnahmen, zu denen ich lieber nicht greifen würde.«
»Die da wären?«, sagte der Chief.
Der Bürgermeister schnippte mit den Fingern. »Ich serviere Sie ab, einfach so! Das verspreche ich Ihnen!«
»Sie können mir einen Scheiß versprechen, Dionisio. Schon vergessen? Sie sind nicht mein Boss. Mein Boss ist der Stadtdirektor.«
»Wo ist der Unterschied? Der Stadtdirektor arbeitet für mich. «
»Sie haben ihm vielleicht seinen Job verschafft, und Sie sind auch der, der ihm sagt, was Sache ist, aber laut Stadtverfassung ist er dem Stadtrat verantwortlich. Wenn Sie ihm sagen, dass er mich abservieren soll, dann fällt die Pressemeute über ihn her, und dann kriegt er Panik und scheißt sich in die Hosen! Ich kenne ein paar Stadträte — und die kenne ich so, wie Sie Ihren sogenannten Stadtdirektor kennen — und die machen Ihrem Schleimscheißer die Hölle heiß, die sind ganz scharf drauf, ihn als Ihr persönliches Werkzeug bloßzustellen … was eklatant gegen die Bestimmungen der Stadtverfassung verstößt … und dann schrumpft das Bürschchen zu einem stotternden Zwerg zusammen. Er beruft eine gottverdammte Kommission ein, um das Problem genau unter die Lupe zu nehmen … zehn Monate lang oder bis es sich in Luft auflöst.«
»Sie können mir höchstens ein paar Knüppel zwischen die Beine werfen, Cy … vielleicht. Aber Sie sind schon jetzt weg vom Fenster. Der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass ich an die ganze Stadt denken muss.«
»Nein, der Unterschied zwischen uns beiden ist, dass Sie an nichts anderes als daran denken können, was die ganze Stadt über Dionisio Cruz denkt. Warum ziehen Sie sich nicht mal in ein kleines ruhiges Zimmer zurück und denken darüber nach, was richtig und was falsch ist … Wetten, das bringt was.«
Der Bürgermeister verzog höhnisch die Lippen. »Weg vom Fenster, Cy, weg vom Fenster.«
»Sie tun, was Sie tun müssen, ich tue, was ich tun muss«, sagte der Chief. »Dann werden wir ja sehen.«
Er stand auf und schaute Bürgermeister Dionisio Cruz so
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