Back to Blood
weiß.)
Die erste Stimme sagte (auf Kreolisch), »Mein Vater mag solche Typen nicht, der braucht nix zu wissen von der Sache. Alles klar?«
» Mich mag er auch nicht, Philippe.«
»Woher willst du das wissen? Hat er zu mir noch nie was von gesagt.«
»Zu mir hat er auch nie was gesagt. Braucht er auch nicht. Ich seh ja, wie er mich anschaut — oder nicht anschaut. Schaut mitten durch mich durch oder woandershin. Bin gar nicht da. Bin unsichtbar. Alles klar?«
Lantier schaute Ghislaine an. Das war also Philippe. ::::::Philippe und sein haitianischer Kumpel Antoine, Gott steh uns bei.:::::: Antoine hatte recht. Lantier hatte tatsächlich keine Lust, ihn anzuschauen oder mit ihm zu reden. Antoine versuchte immer cool zu sein und perfektes Schwarzes Englisch zu sprechen, jede Silbe und jedes Geräusch dieser 75er-IQ-Analphabetensprache. Wenn ihm diese linguistische Hürde zu hoch wurde, verfiel er wieder ins Kreolische. Antoine war einer von diesen Schwarz-wie-die-Nacht-Haitianern — ihre Zahl war Legion — die tablo sagten, kreolisch für »the table«, der Tisch, und nicht die geringste Ahnung hatten, dass das irgendetwas mit la table, französisch für Tisch, zu tun haben könnte.
Ghislaines Gesichtsausdruck war der einer Person, die tief Luft geholt hatte, aber nicht wieder ausatmete. Sie sah sehr verängstigt aus. Lantier nahm an, dass das nicht am Inhalt des Gesprächs der beiden Jungen lag, da ihre Kenntnisse des Kreolischen gegen null gingen. Es lag daran, dass Philippe chez Lantier überhaupt Kreolisch sprach — in Hörweite von Père Lantier — und obendrein mit einem sehr dunkelhäutigen haitianischen Kumpel, der aus einer sehr üblen Gegend stammte … den ihr Vater nicht in seinem Haus haben wollte … und der nicht seine Luft einatmen … und ausatmen sollte … damit er sie nicht kontaminieren … und die Franco-mulâtre -Luft in Neg -Luft verwandeln konnte.
Die kreolischen Jungen waren jetzt in der Küche, öffneten und schlossen den Kühlschrank und die eine oder andere Schublade. Ghislaine stand auf und ging zur Tür, zweifellos um sie zu öffnen und den Jungen zu sagen, dass sie nicht allein im Haus waren. Aber Lantier bedeutete ihr, sich wieder zu setzen, und legte den Zeigefinger auf die Lippen. Widerwillig setzte sie sich wieder. Sie war nervös.
Auf Kreolisch sagte Antoine, »Hast du gesehen, wie er geschaut hat, als die Bullen ihn am Ellbogen gepackt haben?«
Philippe versuchte sich weiter in seiner neuen tiefen Stimme, aber sie kippte in das Piepsen eines Gänsekükens. Also ließ er es bleiben und sagte auf Kreolisch, »Die tun ihm doch nichts, oder?«
»Weiß nicht«, sagte Antoine. »Das Wichtigste ist jetzt François. Ist sowieso schon auf Bewährung. François braucht uns jetzt. Bist doch dabei, oder? François zählt auf dich. Hab gesehen, wie du mit dem Bullen geredet hast. Was war da?«
»Ähh … ich hab gesagt, dass … also, dass François was auf Kreolisch gesagt hat, und dann haben alle gelacht, und Estevez hat François in den Schwitzkasten genommen«, sagte Philippe.
»Sicher?«
»Ähh … ja.«
»Und François … hat der zuerst was gemacht?«
»Ähh … nein. Hab nix gesehen, dass er zuerst was gemacht hat.«
»Du sagst nur ›Nein‹ «, sagte Antoine. »Alles klar? Interessiert keinen, was du gesehen hast. François sagt, er braucht dich jetzt, Mann. Nur seine Gang, das reicht nicht. Er zählt auf dich, Mann. Wär nicht gut, wenn du nicht sicher bist. Klar, Mann? Alles klar? Jetzt kommt’s drauf an, jetzt musst du’s zeigen … für uns oder gegen uns. Kapiert?«
»Kapiert«, sagte Philippe.
»Gut. Du hast gutes Blut, Mann! Du hast gutes Blut! «, sagte Antoine mit fast entzückter Stimme. »Patrice? Honoré? Louis — Fat Louis? Hervé? Die haben auch gutes Blut!« Mehr Entzücken. »Die gehören auch nicht zur Gang. Aber sie wissen Bescheid, Mann! Sie wissen, was Estevez François angetan hat. Die erzählen nicht ›wenn ich das richtig gesehen hab‹ und so’n Scheiß. Die haben gutes Blut! « Mehr Entzücken, mehr Entzücken. Das Entzücken schien in Lachen umzukippen, Lachen für Philippe. »Wie du, Bruder!«
Professor Lantier schaute seine Tochter an. Sie verstand nicht, worüber die Jungen sprachen, das Kreolisch der beiden war zu schnell für sie. Das war ein gutes Zeichen. Kreolisch war für sie tatsächlich eine Fremdsprache! Er und Louisette hatten sie auf den rechten Weg geführt! Das war keine Haïtienne — in seinem Geist sprach er es
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