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Backstage

Backstage

Titel: Backstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schwarzwälder
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wie dem Prenzlauer Berg; man musste sie kennen.
    Und nun? Kneipe an Café an Restaurant, manche schon in Zweitbesitz nach der Wende; die Aufbrüche der ersten Jahre waren weitgehend in kommerzieller Sättigung erstarrt.
    Die Frauen schlenderten zur Strandbar im Monbijoupark, eine der kleineren, stadtgärtnerisch nicht herausgeputzten Grünflächen, wo besonders diejenigen ohne Balkon oder Terrasse, mit Hinterhof-Wohnungen - gestutztem Blick, Decken auf den Wiesen ausbreiten und Bäume, weiten Himmel und Fluss genießen konnten.
    Sie erklärten Gladys das eine und andere, passierten die Synagoge, bewacht von schwer bewaffneten Polizisten, hinter einer Barriere aus Quadern entlang des Bürgersteigs.
    Straßenbahngequietsche. Die belebte Häuserzeile, eine Mischung aus Renoviertem und Neuerbautem auf Lückengrundstücken, die plötzlich hohen Wert bekommen hatten, da und dort noch heruntergekommene Häuserfassaden, von Gladys mit großen Augen bestaunt, besonders die Einschusslöcher aus dem Zweiten Weltkrieg.
    Melissa versuchte ihr die Realität von engen Ein- und Zweiraumwohnungen mit Außentoilette zu erklären, sie liefen auf Bürgersteigen aus geborstenen, aufgeworfenen Steinplatten und Kopfsteinpflaster, Erde lugte hervor. Melissa führte Gladys noch rasch zu Chamisso, der Büste des Dichters, grüßte ihn, ihr Ritual, seit sie den verfilmten Buridan'schen Esel gesehen.
    Tamara und Paula standen schon am Flussufer, ans Geländer gelehnt, und hielten Melissa und Gladys Bier in Flaschen entgegen. Eine Bar an der Spree, heller Sand aufgeschüttet, darauf Liegestühle, Strandkörbe, lange Bänke und Tische, locker angeordnet, erbarmungswürdige Topfpalmen, eine Bar in Bretterbuden und südamerikanische Musik aus Lautsprechern.
    Gegenüber das Bodemuseum, dazwischen die Spree, Ausflugsschiffe, die vorbeifuhren, man besichtigte sich gegenseitig.
    «Was hast du heute unternommen?», fragte Paula. «Was sind deine ersten Eindrücke?»
    «Hast du den Weg zum Brandenburger Tor, wie am Telefon besprochen, gefunden?», fragte Tamara.
    «Ich finde die Stadt sehr interessant.»
    «Diplomatische Antwort», sagte Paula.
    «Mehr fällt dir nicht ein zu Reichstag und Brandenburger Tor?», lachte Tamara.
    Gladys war doch auf dem Weg zum Palast der Republik, als Melissa sie traf, und wich jetzt einer Antwort aus. Oder war sie, Melissa, überempfindlich nach den Ereignissen des Tages? Erst mal einen tiefen Schluck aus der Flasche.
    «Es ist zu früh, um etwas über die Stadt zu sagen, fragt mich in einer Woche, wie es mir gefällt, dann bin ich ausgeschlafen und weiß mehr», ergänzte Gladys.
    «Ist das deine erste Europareise?»
    Gladys nickte.
    «Ja, obwohl meine Mutter Deutsche ist.»
    Gladys dehnte sich.
    «Mir fehlt mein Training, Fitness, you know.»
    «Du hast sie doch nicht etwa auf deine Sparversion von Matratze gelegt, die ich die Ehre hatte, kennen zu lernen, Tamara?», fragte Paula. «Ich kenn das Ding», wandte sie sich an Gladys. «Ich hab versucht darauf zu schlafen, nach der Einweihungsparty für Tamaras Wohnung.»
    «Oh, es ist alles in Ordnung», beschwichtigte Gladys.
    «Ich habe ein Gästezimmer mit Bad und großer, bequemer Matratze, du kannst jederzeit einziehen, wenn du die Nase voll hast.»
    «Wenn ich was?»
    «Wenn du willst», korrigierte sich Melissa und übersah geflissentlich Tamaras wütende Blicke.
    «Ich geb noch einen aus, Mädels», sagte Melissa. «Auf den Rausschmiss und die Wiedereinstellung.»
    Gladys wechselte geschickt das Thema, befragte die Frauen nach der Geschichte der Detektei. Tamara beschränkte sich aufs Trinken, verschwand ab und zu, orderte zusätzliche Mixgetränke, schüttete sie herunter und war schnell betrunken.
    Die Unterhaltung wurde zäh, schleppte sich dahin.
    Gladys fror, Tamara schlief im Liegestuhl. Paula und Melissa verständigten sich mit wenigen Worten: Paula würde Tamara nach Hause bringen, obwohl das einen Umweg bedeutete, Melissa Gladys mit zu sich nehmen.
    «Eine Zahnbürste kannst du von mir bekommen. Ich hab gern Besuch.»
    Eine Stunde später saßen Gladys und Melissa auf Gartenstühlen, in Schlafsack und Decken gepackt, mit Wodka versorgt, in Melissas Garten und genossen den prächtigen, klaren Sternenhimmel.
    Gladys' Gesicht war die Erleichterung über das breite, bequeme Gästebett anzusehen.
    Melissa gab ihr einen Zweitschlüssel: «Du kannst bleiben, so lange du willst.»
    Einige Zeit hatten sie geschwiegen, dann sagte Melissa unvermittelt: «Es geht mich

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