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Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Bacons Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Steiner
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Jahre nach dem Unfall tauchte sie in meinem Antiquariat auf und bewarb sich um eine Stelle. Ich mochte sie auf Anhieb, war begeistert von ihren kunstgeschichtlichen Kenntnissen und bot ihr schon nach ein paar Monaten an, meine Teilhaberin zu werden. Wir arbeiteten nun schon seit mehreren Jahren zusammen; es war mir jedoch nie gelungen, Maia zu überreden, mir eines ihrer Bilder zu zeigen. Sie schien es vielmehr zu bereuen, mir diesen Aspekt ihrer Vergangenheit erzählt zu haben – als wäre die Malerei ihr finsterstes Geheimnis.
    »Die Sache ist vorbei«, pflegte sie in solchen Momenten zu sagen. »Tu mir den Gefallen und lass mich damit in Ruhe.« Ihre Beharrlichkeit war unverrückbar – ich durfte nicht einmal erfahren, ob sie die Bilder irgendwo gelagert oder längst zerstört hatte. Nur ein einziges Mal fiel ein kurzer Lichtstrahl in die verbotene Kammer. Eine Freundin Maias besuchte sie im Antiquariat, wir sprachen reichlich dem Roten zu, und ich konnte mich einmal mehr nicht zurückhalten und fragte Maia nach ihren Bildern. Wortlos stand sie auf und verließ den Raum. Als sie weg war, flüsterte mir ihre Freundin ins Ohr: »Wunderschöne Gemälde. Alles Porträts. Was für ein Jammer.« Das war’s.
    Nach dieser Episode musste ich Maia schwören, sie nie wieder mit diesem Thema zu belästigen. Widerwillig legte ich die rechte Hand aufs Herz und hob ihr die Linke mit ausgestrecktem Mittel- und Zeigefinger entgegen. Wortlos.
    »Sprich es aus!«, sagte Maia unerbittlich.
    Meinen letzten Schwur hatte meine Mutter von mir verlangt. Ich war zwölf und sollte mich von den Mädchen der Parallelklasse fernhalten. Ich hatte mich daran gehalten – immerhin zwei Tage lang.
    »Also gut. Ich schwöre.«
    Maia schnappte sich meine ausgestreckten Finger mit ihrer linken Hand, drückte sie heftig und verschwand wieder in ihrem Reich.
    Damit waren Maias Bilder aus unseren Gesprächen getilgt.

 
    Vier
     
    Nach der Scheidung betrat ich das Antiquariat wochenlang nicht.
    Ich verließ die Wohnung nur, um mir Essen zu besorgen. Essen und Trinken. Nuri-Sardinen, Thunfisch mit Gemüse, manchmal eine Pizza. Budweiser in Kisten. In manchen Momenten dachte ich daran, Sebastian in Linz anzurufen. Ließ es dann aber bleiben: Ich war niemandem zumutbar, nicht einmal meinem besten Freund.
    Maia versuchte in regelmäßigen Abständen, mich in den Alltag zurückzulocken. Sie rief an, sagte Sätze wie »ein bisschen Arbeit wird dir guttun«, aber sie sagte sie halbherzig. Sie wusste: Nichts würde mir guttun. Nichts außer Isabels Rückkehr.
    Einmal kam sie vorbei, brachte mir indisches Essen. Sie hatte sich telefonisch angemeldet, damit das Läuten keine falschen Hoffnungen weckte. »Keine hysterischen Attacken«, so Maia. Ich ließ sie nicht herein, nahm nur dankend die Plastikbox in Empfang und wollte die Wohnungstür wieder schließen. Maia steckte den Kopf durch den Türstock, ließ sich nicht sofort vertreiben. Sie zog die Luft ein und prüfte sie wie eine, deren Profession es ist, Düfte zu analysieren. Es war nicht stickig bei mir, die Fenster waren stets offen. Doch Maias Nase war nicht zu täuschen. Es roch wohl nach Stillstand. Nach An-die-Wände-Starren.
    »Warum gehst du nicht raus?«
    »Sie ist mir geblieben. Ich darf sie behalten.«
    »Du fantasierst, Arthur. Isabel ist weg. Sieh das doch ein.«
    »Ich rede nicht von Isabel. Ich rede von unserer Wohnung.«
    Sie biss sich auf die Lippen, als wäre ihr eine Schamlosigkeit herausgerutscht. Ihre Augen irrten auf dem Muster meines Bademantels herum, dann sah sie mir in die Augen. Gütige Strenge. Heimleiterin.
    »Verstehe. Aber was machst du denn den ganzen Tag?«
    Das ging sie nichts an. Ihre Fürsorge verursachte mir Übelkeit. Meine Stimme wurde ein wenig schrill.
    »Ich warte, Maia, was sonst.«
    »Na dann viel Glück.« Das klang weder zynisch noch mitleidsvoll. Sie zeigte mir ihre gedrückten Daumen, als ginge es um einen Abend im Casino. Im Treppenhaus drehte sie sich nicht mehr um.
     
    Sie gab auf. Ihre Anrufe blieben aus. Ich vermisste sie nicht. Mir war nicht zu helfen.
     
    Isabels Abwesenheit verwandelte sich von einem Nichts in ein Tier. Das Tier hatte viele Gestalten: Manchmal war es ein Saugwurm, der sich von der Bettkante, auf die ich mich nur kurz niederlassen wollte, in mein Rückgrat bohrte, sodass ich sitzen bleiben musste, aufgerichtet wie ein ausgestopftes Murmeltier, mehrere Stunden lang. Dann wieder war es eine Python, die mir durch den offenen Mund in

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