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Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Bacons Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Bacons Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Steiner
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hin zum Kühlschrank. Stützte sich für einen Moment, unendlich müde, mit beiden Händen auf, ließ den Kopf nach vorne fallen und atmete durch. Eins der Tiere kroch über ihr rechtes Handgelenk. Sie öffnete die Kühlschranktür, nahm eine Flasche Wasser heraus und leerte sie in einem Zug. Die Kakerlaken waren nicht da. Ich war nicht da.
    Lag es an mir? Hatte ich schon Halluzinationen? Ich trat auf ein wuselndes Häufchen, es knirschte. Zog den Turnschuh aus und betrachtete die Sohle. Da war was, zweifellos. Braungelb, verschmiert. Ein Chitinpanzer, mit herausgeplatzten Eingeweiden am Sohlengummi festgeklebt.
    Isabel streifte Hose und T-Shirt ab, faltete sie sorgfältig zusammen und legte sie auf die Arbeitsplatte der Küche. Einfach drauf auf die Brut. Sie zog die Tür zu unserem Schlafzimmer auf und schloss sie wieder hinter ihrem .
    Das Schöne an einem Apartment ist das Extrazimmer. Wo Gefahr ist, wächst das – ach, vergiss es, Arthur. Ich legte mich jedenfalls nicht gleich auf die rettende Zwergencouch. Es gab auch noch Arbeit.
    Ich ging auf Kakerlakenjagd, bewaffnet mit beiden Turnschuhen, entfesselt vor Wut. Erwischte sie überall, selbst auf unserem, ihrem, meinem Frühstücksbrot. Egal, ich brauchte kein Frühstück mehr, nicht in diesem Leben. Ich war der Rächer meiner selbst. Bis Isabel von innen an die Schlafzimmertür klopfte, als wollte sie einen amoklaufenden Nachbarn zur Räson bringen.
    Irgendwann rollte ich mich auf dem Küchenboden inmitten der kleinen Leichen zusammen, schluchzte ein bisschen und entsorgte im Liegen unsere Ouzo- und Wein-Reste, bis ich Isabel und mich eng umschlungen auf dem Rücken einer strahlend weißen Riesenassel in den kretischen Morgenhimmel fliegen sah, dem Venusaufgang entgegen.
    To-morrow, and to-morrow, and to-morrow. Wie, was, Wega?

 
    Zwei
     
    Zurück in Wien, ging alles ganz schnell. Isabel zog aus, mit einer Entschlossenheit, als hätte sie mich in flagranti mit ihrer besten Freundin auf der Toilette ihres Lieblingsrestaurants erwischt. Sie stapelte ihre Sachen in Bananenkisten, die sie gemeinsam mit mir völlig unbekannten Menschen, die mich stets freundlich grüßten, aus der Wohnung trug. Ich grüßte höflich zurück, meist unrasiert, mit einem Glas in der Hand, an irgendeine Tür gelehnt, schwankend schon am Vormittag. Ich war die Gelassenheit in Person. Als der Lieferwagen mit der letzten Schachtel außer Sichtweite war, winkte ich ihm nach, rittlings auf dem Fensterbrett. Der Termin bei unseren Anwälten eine Woche später dauerte keine halbe Stunde. Schließlich waren wir beide Anhänger der Vernunft, Gegner jeglicher Sentimentalität.
    »Also dann«, sagte Isabel danach, die Herren Juristen hatten sich bereits zurückgezogen.
    »Bis irgendwann«, sagte ich. Sie ließ ihre Hand in meiner liegen, länger als erwartet. Ein Blattschuss für meine Contenance. So ließ ich mich hinreißen und sagte doch noch was.
    »Sehen wir uns wieder?« Meine Stimme klang gar nicht gut. Untrocken-unmännlich, irgendwie tränendurchweicht.
    »Vielleicht«, sagte Isabel, ihre Hand schnellte zurück. »Als Freunde. Wenn du dazu bereit bist.«
    Das war zu viel. Selbstinduzierte Niederlage, wider besseres Wissen, Knieschuss stehend aus eigener Waffe, et cetera. Wenigstens drehte ich mich nicht noch einmal um, als ich elegant davonkroch, nach Aktivierung meiner spärlichen Restwürde, hocherniedrigten Hauptes.
     
    Der Vorteil von Isabels Verschwinden: mehr Raum für mich. Die Löcher, die sie hinterließ, erweiterten mein Territorium. Im Badezimmer, wo der Kampf um die besetzten Gebiete immer am heftigsten getobt hatte, durfte ich mich endlich ausbreiten. Die Frage war nur: womit? Die Plätze, die ihre Videos und DVDs in unseren labyrinthischen Regalsystemen belegt hatten, waren frei. Kein Ridley Scott, kein John Carpenter mehr zwischen meinen Büchern. Endlich musste ich meinem Tod des Vergil , limitierte Sonderauflage, nicht mehr zumuten, sein Dasein an der Seite von Bad Taste zu fristen.
    Isabel schrieb und lehrte über Film. Spezialgebiete: Fantastik, Horror, Science-Fiction. Hoher Glamourfaktor. Ihre wissenschaftliche Karriere hatte zwar höchst unscheinbar begonnen (Studium der Publizistik), doch vor fünf Jahren kam der Durchbruch: Ein ebenso kleiner wie legendenumrankter Verlag, spezialisiert auf poststrukturalistische Theorien, hatte ein Manuskript von ihr angenommen. Der Einbruch des Entsetzens. Versuch über Alien I – III . Auf dem Umschlag des Bandes war ein

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