Bacons Finsternis: Roman (German Edition)
eingegeben und mich dabei vertippt.
Der Guardian berichtete, dass der Kunstraub von Hamburg aufgeklärt sei. Ein britischer Staatsbürger sei den Fahndern in die Falle gegangen. Der Täter habe so viele Spuren am Tatort hinterlassen, dass die Beweislage eindeutig sei. Es gebe keine Hinweise auf Mittäter. Die Gemälde, allen voran ein bisher unbekanntes Porträt Lucian Freuds von Francis Bacon, seien sichergestellt und dem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben worden. Walter Jahn, Sprecher des Kunstdezernats der deutschen Polizei, danke Scotland Yard für die Mitarbeit.
Ich war verwirrt. Was sollte das heißen? Lohmeier war doch kein britischer Staatsbürger. Außerdem hätte er niemals Spuren hinterlassen. War er nur der Auftraggeber im Hintergrund? Nein, es war undenkbar, dass er einen derartigen Stümper geschickt hätte.
Mein erster Impuls war, Maia anzurufen. Aber es war zwei Uhr morgens, und ich wollte doch seriös sein. Also ließ ich es bleiben und surfte weiter.
BBC gab den Namen des Täters mit Peter T.an. Die Times berichtete von mehreren bereits abgebüßten Haftstrafen. Nirgends war von einer Fälschung die Rede. Ribbeck junior hatte allen am Fahndungserfolg Beteiligten seinen Dank ausgesprochen. Er hatte Glück gehabt – die Versicherung hätte sich geweigert, den Schaden zu ersetzen. Unklar blieb, was mit den Bildern weiter geschehen sollte. Von Sotheby’s war natürlich nicht die Rede. Nur die ZEIT erwähnte, dass der Sohn des großen Ribbeck daran dachte, seinen ererbten Besitz zu veräußern.
Entweder die Hamburger Polizei, Interpol und Scotland Yard waren einem gemeinsamen Irrtum aufgesessen, oder Maia und ich hatten einem Phantom nachgejagt. Welche Variante die wahrscheinlichere war, stand außer Zweifel.
An Schlaf war nicht zu denken. Ich zählte die Minuten, bis es endlich acht Uhr war und ich bedenkenlos Maia anrufen konnte.
Sechzehn
»Es muss wichtig sein, wenn du um diese Zeit anrufst«, sagte Maia.
»Geh ins Netz und entscheide selbst«, sagte ich. »Ich hab dir einen Link geschickt.« Einige Minuten herrschte Schweigen. Dann nahm Maia das Telefon wieder zur Hand.
»Das bedeutet, er war es nicht«, sagte sie.
»Sieht ganz so aus«, sagte ich.
»Kann es sein, dass du dich in der Tate einfach verhört hast?«
Diese Frage hatte mich in der vergangenen Nacht auch beschäftigt. Eine von vielen Überlegungen, die in meinem Kopf summend um sich selbst gekreist waren.
»Ausgeschlossen«, sagte ich ein wenig zu scharf.
»Tut mir leid«, sagte Maia nach einer Pause.
»Schon gut.«
»Vielleicht«, sagte Maia, »hat sie ja die Wahrheit gesagt.«
»Wer?«, fragte ich verwirrt.
»Isabel natürlich. Bei eurem Tête-à-tête in Hamburg. Vielleicht ging es von Anfang an um ein anderes Bild.«
»Und um einen harmlosen Ankauf? Das kann ich nicht glauben.«
»Oder es war die halbe Wahrheit. Der große Coup steht noch bevor.«
»Du meinst, es gibt zwar keine Witwe, aber dafür noch einen verschollenen Bacon?«
»Lass uns im Geschäft weiterreden.«
»In fünfzehn Minuten.«
Maia kam eine halbe Stunde zu spät. Dafür mit einem Tempo, das sie fast über die Türschwelle stolpern ließ.
»Thomas hat mich angerufen.«
»Du meinst, du hast ihn angerufen.« Der Vorwurf in meiner Stimme ärgerte mich selbst.
»Nein. Er mich. Er hat drei Tage Urlaub. Er würde gerne Wien wiedersehen.«
»Und dich.« Diesmal mit einem großzügigen, brüderlichen Lächeln.
»Und mich.« Maia mit einem Schalk in den Augenwinkeln, der es mühelos mit zwei Männern aufnehmen konnte.
Siebzehn
Maia hatte für unser erstes gemeinsames Treffen den Grünauer in der Hermanngasse im siebten Bezirk ausgewählt. Thomas, hatte sie gesagt, liebe es bodenständig und doch raffiniert. Wie jemand mit solchen Vorlieben in England überleben konnte, war mir ein Rätsel.
Thomas wollte direkt vom Flughafen zum Grünauer kommen und hatte Maia davon überzeugt, dass es nicht nötig war, ihn abzuholen. So fuhr ich gemeinsam mit Maia vom Maldoror gleich in die Hermanngasse. Als wir das Lokal betraten, erschrak Maia und griff sich an den Kopf. »Ich Idiotin«, rief sie, »das hab ich vergessen!« Ich schaute sie fragend an, sie deutete auf das Mobiliar. Ich verstand nicht gleich, was sie meinte; die Einrichtung erweckte einen angenehmen Eindruck: viel helles Holz, lauschige Nischen, alte Dielenbretter, grüne Stofftischdecken. Auf jedem Tisch stand eine Vase mit einer aprikosenfarbenen Rose.
»Ist doch
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