BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
»Besinne dich, Chiyoda! Erkenne, was du getan hast...!«
Fauchend und knurrend wich der Werwolf von seinem zerfleischten Opfer zurück.
Makootemane versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie ihn dieser Anblick schockte. Es war absehbar gewesen, dass dieses Dorf und seine Bewohner nicht mehr gerettet werden konnten.
Aber vielleicht konnte die Welt vor demselben Schicksal bewahrt werden. Denn die wilde Horde würde sich mit diesem einen Fressen nicht begnügen. Sie würde weiterziehen. Immer weiter...
Wohin?
Makootemane sah sich dem vielleicht einzigen Werwolf gegenüber, der ihm diese Frage überhaupt beantworten konnte. Wenn er es schaffte, sich noch einmal aus den Klauen dessen, was ihn und seine Schüler übermannt hatte, zu befreien.
Die Chancen standen schlecht. Denn dies war keine »normale« Verwandlung in eine dem Vollmond verfallene Chimäre. Sie hatte außerhalb jedes bekannten Zyklus stattgefunden, und vielleicht – Makootemane schauderte tief unter seiner Haut – würde sie erst wieder weichen, wenn Chiyoda irgendwann sein Leben aushauchte.
Den
Fluch
, den er Leben nannte!
Wir sind alle verdammt,
dachte Makootemane.
Mehr oder weniger. Aber vielleicht kann ich dir helfen,
wieder zu dir selbst zu finden. Zu den Werten, für die du eingetreten bist, solange ich dich kannte. Und wenn nicht... werden unser beider Wege hier enden...
Das einzige, was er für diesen Fall bedauerte, war, dass er dann Hidden Moons weiteren Werdegang nicht mehr würde verfolgen können. Aber letztlich war dies kein Preis, der ihn von seinem Entschluss wieder abbrachte.
»Erkennst und verstehst du mich?«
Der Werwolf torkelte gereizt und wie trunken von der Stelle weg, wo er sich über sein grausiges Mahl hergemacht hatte, bis dorthin, wo der Überstand des Heubodens begann. Zeitlupenhaft langsam, fast wie flehend, streckte er die fellbedeckten, sehnigen Arme nach oben. Es fehlte eine ganze Manneslänge, um Makootemane auf diese Weise zu erreichen.
Doch auch das änderte sich mit einem einzigen, unglaublichen Sprung!
Als der Werwolf seine Klauen um die Fußgelenke des Arapaho schnappen ließ und ihn mit einem Ruck von den Beinen riss – offenbar wollte er ihn im Zurückfallen mit sich nach unten zerren –, wusste sich der Vampir nicht anders zu helfen, als sich in das geflügelte Abbild seines Totems zu verwandeln.
Aber Chiyoda gab auch den Adler nicht frei.
Heftig miteinander ringend landeten sie auf dem Heupolster, das den Boden der Scheine bedeckte: Makootemane flügelschlagend und sich mit seinem harten Schnabel zur Wehr setzend, Chiyoda mit der erbarmungslosen Mordlust der Kreatur, von deren animalischen Trieben sein friedliebender Geist überwältigt worden war!
Hör auf! Komm zu dir!
schrie Makootemane – nicht mit seinen tierischen Stimmbändern, sondern auf mentaler Ebene.
Wechsele in die andere Wirklichkeit, Chiyoda! Ich bin sicher, überall anders als hier wirst du wieder du selbst! Dort hat es keine Macht über dich...!
Chiyoda hielt einen Moment inne. In diesem Bruchteil einer Sekunde blickte Makootemane in die Augen des Werwolfs.
Aber das, was er darin suchte – den Chiyoda, den er wie selbstverständlich schätzen und respektieren gelernt hatte – fand er nicht.
Gab es ihn überhaupt noch? Was war über ihn, über all die Männer und Frauen gekommen, die Hilfe im Sanktuarium gesucht hatten? Wer außer dem Mond hatte die Macht, sie in Sklaven ihres rätselumwobenen Fluchs zu verwandeln?
Als der Werwolf Chiyoda zähnefletschend mit seinen Pranken ausholte, um den unterbrochenen Kampf fortzusetzen, dachte Makootemane:
Wo bleibst du? Warum lässt du dir so viel Zeit? Wenn du nicht bald eingreifst, werde ich diesen wertvollen Mann töten müssen, um ihn vor sich selbst zu schützen!
Die Haut des Adlers platzte unter den ungestümen Prankenhieben des Wolfes auf, und schwarzes Blut färbte das Federkleid.
Makootemane fühlte keinen Schmerz.
Nur Bedauern.
Doch bevor die Zähne seine Haut durchbohren, sein Fleisch verheeren und seine Knochen zermalmen konnten, rief eine Stimme: »Nein!«
Sie war nicht sonderlich laut, auch nicht magisch, aber dennoch ungeheuer eindringlich.
Endlich!
flirrte es durch Makootemanes Hirn.
Das Erscheinen dessen, auf den er gewartet hatte, setzte neue Energien in ihm frei.
Und bis sich der Leitwolf des Rudels auf das Auftauchen eines zweiten Gegners eingestellt hatte, verlagerte sich das Schlachtfeld bereits.
Esben Storm hatte schon früher bewiesen, dass er
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