BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
dieser versteckte...
Ihre Hände waren Klauen, ihre Fingernägel zentimeterlange, rasiermesserscharfe Waffen. Spitz und leicht geschwungen wie zwei elfenbeinfarbene Dolche ragten die oberen Augzähne aus ihrem weit geöffneten Mund.
Die Anziehungskraft dunkler, verborgener Flüsse aus Blut brach den letzten Damm in Heaven. Erstickte alle Skrupel. Ihr Kopf neigte sich zum Hals des Benommenen. Ihre Zähne erkundeten die ideale Stelle und –
»Nein! Hör auf!«
Diesmal war es keine Stimme, die aus ihr selbst kam. Und es waren andere Hände als ihre eigenen, die sie energisch – fast brutal – zurückrissen, um zu verhindern, dass sie sich dem Wahn ihrer blutdurstigen Dämonen ergab...
Es war Hidden Moon. Er stand im Zimmer, die Fäuste in die Hüften gestemmt.
Was Heaven aber wirklich aus ihrem blindwütigen Rausch erwachen ließ, war das blutige Muster auf seinem Körper. Auf dem Gesicht, den Händen und der spärlichen Kleidung...
»Wo
warst
du?«
Sie erkannte ihre Stimme kaum wieder. Und er schien
sie
nicht wiederzuerkennen.
»Wenn ich geahnt hätte, womit du dir die Zeit vertreibst, wäre ich nie gegangen...«
Der Mann auf dem Bett regte sich. Stöhnend versuchte er sich aufzurichten.
Hidden Moon kümmerte sich um ihn. Sah ihm tief in die Augen.
»Du wirst jetzt weiterschlafen, als wäre nichts geschehen. Und später wirst du aufstehen, ohne dich an etwas Außergewöhnliches zu erinnern.
Hast du mich verstanden?«
Der Mann sah ihn aus glasigen Augen an.
»Ja«, sagte er. Dann sank er zurück und schloss die Augen. Seine Atemzüge wurden ruhiger.
Wyando deckte ihn zu. Dann packte er Heaven am Handgelenk und zog sie vom Boden hoch. Sie ließ es geschehen. Draußen dämmerte nicht nur der neue Morgen – auch
ihr
dämmerte, was sie um ein Haar getan hätte.
Aber am meisten schockierte sie, dass er immer noch da war: der unstillbare Durst – der verbotene und der erlaubte...
Erst als sich die Tür von Heavens Zimmers im LAKE SUPERIOR hinter ihnen schloss, begannen sie wirklich miteinander zu reden. Heaven überlegte, wie sie Hidden Moon klarmachen konnte,
warum
sie ihre eigene Grenze überschritten hatte.
»Ich jage Vampire nicht uneigennützig«, setzte sie an. »Ich weiß nicht, was Rona dir über mich erzählte...«
»Ist das wichtig?«
Sie saßen auf dem Rand ihres Bettes, und das bereits getrocknete Blut auf seinem Körper störte die Nähe nicht, die sich sofort wieder zwischen ihnen einstellte. Hidden Moon schlang die Arme um ihre Taille, als müsste er ihr Halt geben.
»Eben glaubte ich es noch.«
»Rona war
nie
wichtig.«
»Ihr wart euch verdammt nah, als ihr mich in Bangor zur Rede gestellt habt...«
»Räumlich – vielleicht.«
»Und sonst?«
»Sonst?«
»Hast du mit ihr geschlafen?«
Hidden Moons Gesicht blieb unbewegt. »Ja.«
»Warum?«
»Ich müsste weit ausholen, um dir das zu erklären.«
Sie hob die Brauen. »Rona ist sehr anziehend. Es reicht, wenn du zugibst, dass du sie begehrt hast – als Frau.«
»So hätte es sein können. Aber das war nicht der vorrangige Grund, weshalb ich es wollte.«
»Was dann?«
Er zögerte. »Sie hat mich vor langer Zeit gedemütigt. Im Grunde war sie es, die mich zum Vampir verkommen ließ – gegen meinen Willen. Ich war bereits vor Makootemane und Sardon geflohen. Aber Rona suchte und fand mich. Sie schleppte mich zurück zu denen, die bereits getauft
waren
. Und dann ertrank auch ich im Blut meines Vaters, das mir aus dem Kelch eingeflößt wurde... Seit damals habe ich darauf gewartet, die Rechnung zu begleichen.«
Heaven suchte mehr Wahrheit, als die wenigen Worte ihr boten. »Du hast mir noch immer nicht gesagt, wie es weiterging, als du und Rona mich in Bangor zurückgelassen habt. Rona war voller Hass. Sie hat mir nicht geglaubt, dass ich die Seuche, die alle Sippenoberhäupter und auch ihren Geliebten Sardon befallen hat, nicht zurücknehmen kann – weil
ich
sie nie in Gang gesetzt habe.«
»Nein, das hat sie nicht geglaubt. Sie wäre sicher gern noch einmal zu dir zurückgekehrt, und dieses Mal allein. Aber...«
»Aber?«
»
Ich
habe dir geglaubt. Deshalb konnte ich es nicht gestatten.«
Heaven schüttelte den Anflug von Misstrauen ab. »Was hast du getan, um sicher zu sein, dass sie nicht zu mir zurückkehren
kann
? Hast du sie...?«
»Getötet?«, Hidden Moon machte eine verneinende Geste mit beiden Händen.
Vielleicht weiß er, was Kopfschütteln bedeutet,
dachte Heaven abstrakt.
Aber wäre es
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