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BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)

BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)

Titel: BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland / Timothy Stahl / Adrian Doyle
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ein leibhaftiger Engel! Ihr nackter Körper war von vollendeter Anmut, ihre zarte Haut von einer durchscheinenden Blässe, die völlige Unschuld und tiefgehende Reinheit verhieß.
    Und doch wusste der gebrechlich gewordene Hirte, dass all dies nicht mehr war als bloßer Schein. Seine erblindenden Augen mochten sich davon über ihr wahres Wesen hinwegtäuschen lassen, aber mit seinem Herzen oder etwas anderem, Namenlosem, das tief in ihm wurzelte, spürte er das Fremdartige dahinter. Es schien ihm von einer Kälte zu sein, wie es vielleicht zwischen den Sternen am nächtlichen Himmel herrschen mochte. Was immer es war, das diesem Weib unsichtbar innewohnte, es konnte nicht von dieser Welt sein.
    Jiri schauderte vor seinem eigenen Ächzen, als seine Nackenmuskeln versagten, weil er einfach nicht mehr genug Kraft aufbringen konnte, um den Blick weiter nach oben zu richten. Wieder ließ kratzender Husten seinen dürren Leib erbeben, so schmerzhaft, als brächen seine morschen Knochen unter der an sich lächerlichen Bewegung.
    All das war
ihre
Schuld...
    Der Hirte zwang das bisschen Kraft, das er noch in sich fand, zusammen und schaffte es, den Kopf von neuem zu heben. Mühsam klomm sein trüber Blick an ihrem beinahe milchweißen Leib empor. Der Anblick ihrer leicht knabenhaften Gestalt rührte an Dingen tief in ihm, denen längst die Kraft fehlte, sich zu erheben. Triebe wollten auflohen, doch sie fanden nichts mehr, was ihnen Nahrung gewesen wäre. Jiri sah in ihr ebenmäßiges Gesicht unter dem kurzen Haar, das sie zu ihm herabgewandt hatte. Und schließlich begegnete sein Blick dem ihren.
    Die Farbe ihrer Iris vermochte er nicht zu bestimmen, weil etwas anderes seine angestrengt aufrechterhaltene Aufmerksamkeit an sich band: der merkwürdige Ausdruck in ihren Augen.
    Leer schien er ihm, an der Oberfläche jedenfalls; denn jenseits dieser Leere war etwas. Als wären ihre Pupillen dunkle Schächte, die tief in das Weiß ihrer Augäpfel hineinreichten und an deren Grund sich etwas rührte, matt und mühevoll, als wäre es noch zu kraftlos, um den Blick zur Gänze mit Leben zu erfüllen. Doch die Bewegung tief in dieser Schwärze geriet im Wortsinn
zusehends
in Wallung. Mit jeder Sekunde, die Jiri dem Blick der Fremden standhielt, gewann sie an Macht – während etwas in ihm versiegte, wie eine Quelle, aus der hastig geschöpft wurde, ohne dass sie fürderhin gespeist wurde...
    "Wer bist du?"
    Der Hirte verstand selbst kaum seine Worte. Seine Stimme rasselte wie rostiges Eisen, das aneinander rieb. Und selbst der Geschmack, der mit den Worten seinen Mund füllte, erinnerte ihn daran. Er schmeckte alt und legte sich ihm wie eine klebrige Kruste auf Zunge und Gaumen.
    Etwas Neues mengte sich in den Ausdruck der Augen, die von oben auf ihn herabsahen. Hätte Jiri geglaubt, dass die Frau zu einer solchen Regung fähig gewesen wäre, hätte er es für Trauer oder eine Art schwache Verzweiflung gehalten.
    Aber das tat er nicht. Sie hatte furchtbare Dinge in Gang gesetzt, denn obschon er keine Vorstellung davon hatte, wie sie es getan hatte, so wusste er doch, dass sie die Schuld an allem trug – daran, dass Flav sich selbst getötet hatte, und dass er seinen Bruder Frantisek ermordet hatte. Nein, ein Weib wie sie konnte zu keiner anderen Empfindung fähig sein als Hass und Bösartigkeit.
    Unwillkürlich fröstelte der Hirte erneut, als er sich die Frage stellte, was wohl der eigenartige Ausdruck in ihrem Blick bedeuten mochte – und was ihm für eine neue Ungeheuerlichkeit folgen würde...
    Er erfuhr es nie.
    Als die Frau den Mund öffnete, meinte er zwar, sie würde antworten. Und im ersten Moment bewegten sich ihre Lippen und die Zunge dahinter auch, als wollte sie zum Sprechen ansetzen.
    Doch letztlich tat sie nichts anderes, als zu schreien!
    Schrill, markerschütternd, schrecklich –
    – und endlos.
    Aber auch das bekam Jiri nicht mehr mit.
    Denn während die Fremde brüllte, nahm das Wogen tief in ihren Pupillen zu. Und der Hirte fühlte, wie im gleichen Maße die Kraft aus ihm floss. Seine mageren Muskeln schienen schmerzhaft zu verhärten, fast zu versteinern, und seine Haut verlor den letzten Rest ihrer Elastizität, spannte sich wie trocknendes Leder um Fleisch und Knochen.
    Als der Schmerz kaum noch erträglich schien, brach er ab.
    Die Frau verstummte. Dann verließ sie das Haus, ohne die Tür zu schließen.
    Ein hereinfahrender Luftzug genügte, den im Sitzen erstarrten Leib des Hirten umzustoßen. Raschelnd

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