BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
dann mit einem Ruck.
Und schrie!
Schrie so laut, dass Karel fürchtete, man würde es bis zur Stadt hin hören.
Irgendjemand hatte mit Karel einmal gewettet, er würde es nicht schaffen, einen Ochsen niederzuschlagen. Der andere hatte verloren. Karel hatte es sehr wohl zustande gebracht.
Für das schreiende Weib hier reichte seine Kraft allemal.
Wie abgerissen verstummte ihr Schrei.
Ehe sie zu Boden fallen konnte, hatte Karel sie aufgefangen. Das vage Knistern, das er zu hören und zu spüren glaubte, als er sie berührte, schob er seiner Einbildung zu.
Und als er sie zu den anderen Mädchen in den Karren schaffte, war die Nackte für ihn schon nichts anderes mehr als bare Münze.
"Wer ist das?"
"Was ist mit ihr?"
"Karel, wo kommt sie her?"
"Maul halten, verfluchte Weiber, sonst lernt ihr mich kennen!"
Die Stimmen der anderen drei Mädchen und Karels erreichten Jana nicht allein wie aus weiter Ferne, sondern klangen zusätzlich gedämpft wie durch wattige Mauern. Mauern, die sie im Schlaf zwischen dem Reich ihrer Träume und der immer bedrohlicher werdenden Wirklichkeit errichtet hatte. Wie zum Schutz vor den Gräueln, die da draußen auf sie warten mochten. Auf sie alle vier...
Jana schien die einzige unter ihnen, die ihren Entschluss, sich Karel anzuschließen und von ihm in die Stadt bringen zu lassen, zu bereuen begann. Weil Zweifel in ihr keimten; Zweifel an dem, was Karel ihnen in Aussicht gestellt und versprochen hatte: ein Leben ohne Not und Mangel. Mit jedem Mal, das Jana daran dachte, kamen ihr diese Versprechungen phantastischer und unglaubwürdiger vor. Ein Leben ohne Not und Mangel – das konnten kaum mehr als leere Worte sein, in einer Zeit wie dieser...
Jana kroch nur langsam aus dem Reich ihrer Träume, und sie mühte sich nicht sonderlich dabei. Am liebsten wäre sie gar nicht aufgewacht, und so hielt sie die Augen noch eine ganze Weile geschlossen und stellte sich schlafend, als sie längst wach war. Dann jedoch wurden die Bewegung und Aufregung um sie her so deutlich spürbar, dass sie die Lider wie von selbst aufschlug.
Zwei- oder dreimal blinzelte Jana noch, dann hatten sich ihre Augen an das trübe Grau gewöhnt, in das die Karrenplane das Tageslicht hier auf der Ladefläche verwandelte. Noch ein wenig benommen vom langen Schlaf richtete sie sich auf ihrem kaum so zu nennenden Lager auf – eine stinkende, feuchte Decke mit drei Handvoll fauligen Strohs darunter, mehr war es nicht.
Ihre drei 'Leidensgenossinnen' hockten am hinteren Ende des Bretterbodens und sahen auf etwas hinab, auf das sie Jana den Blick verwehrten. Das junge Mädchen kroch zu ihnen und streckte den Kopf zwischen zwei Schultern hindurch. Dann entfuhr auch ihr die Frage:
"Wer ist das?"
Wie schlafend lag die junge Frau da, sicher ein wenig älter als jedes einzelne der vier Mädchen, die Karel in den Dörfern aufgelesen hatte. Ihre Haut kam Jana so blass vor, dass sie beinahe durchscheinend wirkte. Aber fast noch beunruhigender war die Tatsache, dass die Fremde keinen Faden am Leibe trug.
Achselzucken antwortete ihr.
"Wir wissen es nicht", sagte Petrina, eine glutäugige Schönheit mit dunklem Teint.
"Karel hat sie einfach zu uns hereingeworfen", ergänzte Yvi. Ihr Haar flammte selbst im Dämmer unter der Plane wie der Horizont, wenn die Sonne glutrot dahinter versank.
"Ihr sollt ruhig sein da hinten!“, donnerte Karels Stimme in diesem Moment zum wiederholten Male. Gleichzeitig ließ er die Peitsche und Zügel knallen. Schwerfällig und schaukelnd setzte sich der Karren wieder in Bewegung.
"Sie ist schön", meinte Jana.
"Ihr Haar, es ist so kurz wie das eines Burschen", wunderte sich Rela, die vierte in ihrem nicht ganz freiwilligen Bunde.
"Wie auch ihr Leib", sagte Petrina. "Fast wie der eines Knaben scheint er mir."
Zaghaft berührte sie die milchige Haut der Fremden, fuhr mit sanften Fingern darüber und verharrte, ehe sie die kleinen Brüste erreichte.
Die Zeit schien stehenzubleiben für eine nicht messbare Spanne.
Als die Fremde die Augen öffnete.
Wieder habe ich etwas Vertrautes gefunden. Etwas, das ich einst als Schmerz gekannt hatte. Heute empfinde ich es anders. Nur eines ist geblieben: Es lässt das Licht ringsum erlöschen und schickt mich zurück in jene Richtung, aus der ich gekommen bin – der kühlen Ewigkeit zu, nur ein Stückweit jedoch; nicht so weit zurück, wie ich den Weg dorthin schon einmal gegangen bin...
Ich weiß nicht, wie lange ich zuvor über
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