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Bad Dad

Bad Dad

Titel: Bad Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pramendorfer
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Bin ich eine schlechte Mutter? Wird das Kind am Gummi-Nippel gesundheitlichen Schaden nehmen? Was ist wenn der Schnuller bevorzugt wird und somit die Still-Routine sabotiert? Diese und andere Sorgen meinte ich aus der Körpersprache und den feuchten Augen meiner Liebsten ablesen zu können. Ich beschwichtigte Sanft, rechnete mit einem Nein und drückte das Lutsch-Utensil in die Hand der Mutter. Nach kurzem Zögern landete der Schnuller dann doch noch zwischen den Lippen des Jünglings, der auch sofort wie wild daran zu nuckeln begann und ohne weiteres Zureden oder Rumtragen in seinem Bettchen einschlief. Wir wechselten noch ein paar klärende Worte zum Thema und einigten uns darauf, das Richtige getan zu haben.
    Heute sehen wir, dass der Kleine das Gummiteil ohnehin nur für ein paar Minuten vor dem Stillen, in der für ihn beunruhigenden Hunger- bzw. Wartephase, benutzt und dann gleichgültig ausspuckt. Mutters Busen bleibt die Nummer Eins! Wir atmen auf. Die Schnullergate Affäre nimmt ein glückliches Ende. Wie alle Eltern wollen wir dem natürlichen Lauf der Dinge keinesfalls im Weg stehen und sofort jede kleine Unannehmlichkeit mit künstlichen Hilfsmitteln ausbügeln, aber wir sind uns einig, dass die Alternative - wo sich der Bub stundenlang die Seele aus dem Leib schreit - auch nicht gerade ein Zuckerschlecken für ihn ist. Apropos Zuckerschlecken:

    Neben dem, im Englischen gebräuchlichen, Ausdruck "Pacifier" (was so viel heisst wie Friedensstifter) gibt es noch einen anderen treffenden, aber viel unterhaltsameren Ausdruck für Schnuller. Nämlich "Sugar Tits". Frei übersetzt Zuckertitten; im Deutschen wahrscheinlich besser bekannt als Sahnetitten, allerdings dann nicht im Zusammenhang mit Kleinkindern. Jedenfalls wurde der Schnuller bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts erfunden und damals noch aus Elfenbein, Knochen oder Korallen (!) gefertigt. Im 19. Jahrhundert ging man in Amerika (wo sonst) dazu über, kleine Leinen-Säckchen mit Zucker zu füllen und diese "Lutschbeutel" (wie sie dann später in Deutschland genannt werden) in die Münder von Säuglingen zu stecken. Glücklicherweise wurde diese Praxis um den Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Einführung von Gummi Schnullern abgelöst. Wer die Sache mit dem Lutschbeutel nicht glaubt, schaut sich am besten mal auf Google Images das Bild "Madonna mit dem Zeisig" von Albrecht Dürer an. Ich denke, man kann davon ausgehen, dass das Ding in klein Jesu Hand kein mit Heroin gefülltes Kondom ist.

21. TAG: ERINNERUNGFRAGMENTE AUS MEINER EIGENEN KINDHEIT

    1981, Grossmutters Küche. Ich komme gerade aus der Schule und, wie so oft, bekocht mich Omi zu mittag. Eiernockerl mit Salat. Böah! - Zum Nachtisch gibt's angeblich wieder mal süssen Reisauflauf mit Rosinen drin. Ok, das geht. Ich rühre ein Glas Himbeer-Verdünnsaft 1:7 mit Soda an und hole mir einen Trinkhalm aus der Anrichte. Eigentlich sollte ich sagen: "Strohhalm", denn die Dinger waren tatsächlich noch zerschnipselte Stroh-Halme. Wie so vieles bei Grossmutti, sind auch die vermutlich noch aus dem Krieg; hellbraun und spröde, jeder zweite bricht an einer Seite auf und muss entsorgt werden. Ich kann mich sogar noch vage daran erinnern, dass es ratsam war, vor der Verwendung des Stroh-Halmes mal ordentlich in das Teil rein zu pusten, denn gelegentlich schoss da eine verendete Lebensmittelmotte oder ein Staubknäuel raus. Plastikhalme gab es damals zwar zu kaufen, immerhin kam kurz zuvor schon der moderne Kassetten-Walkman auf den Markt. Allerdings sollte es noch dauern, bis man die ersten "dicken" Halme (wie man sie mittlerweile seit Jahrzehnten von McDonald's gewohnt ist) in Fast-Food Restaurants antraf. Meine Generation musste sich noch bis zu Pubertät mit den hauchdünnen Saugröhrchen rumschlagen. Die Dinger waren so schmal, dass man damit hätte impfen können. Ähnlich wie mit Kontaktlinsen durfte man sie niemals am Tisch ablegen, da man sie sonst nicht wieder fand und wenn doch, nicht mehr ohne Pinzette aufheben konnte. Es bedurfte unglaublicher körperlicher Anstrengung und Saugkraft auch nur einen Tropfen Flüssigkeit durch diese Halme zu ziehen. Zumeist gelang es lediglich, einzelne Kohlensäurebläschen aus dem Glas zu saugen. Das dauerte allerdings ewig. Erst nach Minuten angestrengten Schlürfens, welches in jenen Tagen vielen Schulkindern in Form eines Schlaganfalls zum Verhängnis wurde, kam dann endlich das eigentliche Getränk durch. Sprudelfrei, versteht sich. Ein beliebter

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