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Bad Dad

Bad Dad

Titel: Bad Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pramendorfer
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aussen dampfender "Mohr im Hemd", innen Eisbombe. Ich kredenze das kulinarische Desaster und erkläre, dass das so gehört, eine Spezialität eben. Man schenkt mir Glauben und den frischgebackenen Eltern einen Müller Gutschein. Wir freuen uns. Grosseltern und Schwager treten die Rückreise an. Vom Samstag ist nicht mehr viel übrig, den Song Contest verpasse ich dann auch noch, zu meinem grossen Bedauern. Um Mitternacht sehe ich nur noch Aserbaidschan gewinnen und die Zugabe singen. Wie jedes Jahr freue ich mich wieder diebisch, dass Österreichs Beitrag kein Schwein interessiert. Das gehört für mich irgendwie dazu. 

19. TAG: SUNDAY, RAINY SUNDAY

    Sonntag morgen, es regnet wie Sau. Wir brunchen um 11, das heisst, ich trinke ein Tässchen Tee und werfe mir den Kuchen von gestern ein, für meine liebe Frau gibt's Ham & Eggs ans Kind serviert. Wir warten geduldig, dass klein Davey sich nach dem Trinken beruhigt und einpennt, damit wir endlich unsere Frischluftrunde um den Häuserblock machen können. Etwas später finde ich den Kleinen im Maxi Cosi schlummernd, daneben auf dem Fussboden meine Liebste auf allen Vieren. Sie schläft doggystyle neben (!) dem Gästebett, nur ihr Gesicht ist in der Bettwäsche vergraben. Ein herzzerreißender Anblick. Aber irgendwie auch geil. Ich schnappe das Mädel und werfe sie neben mir auf die Matratze. Wir verknoten uns kurz und nicken sofort ein. Weiter als in die Traumphase drifte ich nicht ab, zucke stattdessen leise vor mich hin. Eine Vision schiesst mir durch den Kopf: Wenn wir unten ans Maxi Cosi Rollschuhe kleben und mit einem Bindfaden die Katze - als Einspänner sozusagen - festzurren, dann bliebe das Kind in Bewegung und wir könnten schlafen. In meiner Traumlogik macht das total Sinn. Jedoch haben wir keine Rollschuhe, selbst die Inline Skates habe ich vor Jahren verkauft. Mist. Jetzt müssen wir doch raus. Also gehen wir Recyceln und holen Pizza. Ein Abenteuer jagt das nächste. 

20. TAG: PACIFIERS & SUGARTITS

    Ich bin gerade, auf dem Keyboard schlafend, aufgewacht. Beim Zähneputzen bestaune ich die quadratischen Abdrücke auf meiner Stirn. Am rechten Wangenknochen prangt eine Delle in Form der Enter-Taste. Die Zahnbürste in meinem Mund weckt eine Erinnerung. Da war doch was? Genau, jetzt erinnere ich mich wieder, gestern Abend wurde es nämlich noch richtig dramatisch. Kurz die Vorgeschichte: Unser Winzling wollte sich am gestrigen Sonntag ganz und gar nicht mehr beruhigen. Pausenlos war er verzweifelt auf der Suche nach der Mutterbrust. Ich kenne das von mir, allerdings geht das meinerseits meist ohne Geschrei ab. Getrunken hat er eigentlich nicht viel, es schien mehr um die Saugerei zu gehen. Also lieferten wir uns zwangsläufig einen non-stop Staffellauf mit dem nervös kopfschüttelnden Zwerg im Arm. Man muss sich das "Kopfschütteln" so etwa wie besessenes Headbanging vorstellen, nur halt hin und her, statt rauf und runter, wie es sich eigentlich für eine gutbürgerliche Rockerfamilie gehört. Natürlich bot die Kindesmutter ihre Nippel immer wieder geduldig feil, was die geschürzten Lippchen aber nur in unregelmässigen Abständen und nur für wenige Minuten am Stück, verstummen lies. Dass besagte Nippel bereits auf die Grösse von Cocktailkirschen angeschwollen waren und auch farblich letzteren in nichts nachstanden, entschärfte die Situation auch nicht wirklich. So sehr mir die besorgte und strapazierte Mutter da leid tun mag, als Mann sind einem in so einer Angelegenheit - zumindest ohne Milchfläschen - total die Hände gebunden. Ich trage und laufe und schaukle und schüttle, aber das Kind will weiter Mamis Ansaugstutzen malträtieren. Wie gesagt, getrunken hat er nicht wirklich, was uns ziemlich verwirrte.
    In meiner Verzweiflung hatte ich einen Wiki-Moment (damit meine ich den behörnten Schlaumeier, nicht das online Lexikon) und schlug ganz vorsichtig mal vor, eventuell die Schnuller auszupacken. Ich argumentierte, dass das doch nichts brächte, wenn jetzt in der dritten Woche schon eine Brust abfällt, oder sich entzündet, oder was auch immer da bei den armen Müttern passieren kann. Warum also nicht für jene Nuckelphasen - wo klein Davey ohnehin die Milch verschmäht - den Schnuller anbieten? Zuerst schien es, als hätte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn von der Mutter kamen Zustimmung und Ablehnung mehr oder weniger gleichzeitig. Ich hatte die emotionalen Abgründe unterschätzt, die sich da plötzlich in meiner Frau auftun.

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