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Bad Dad

Bad Dad

Titel: Bad Dad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pramendorfer
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schliesslich jemand vor der geschlossenen Bäckerei entrüstet erklärt, dass heute vor 175 Jahren der letzte Türkische Belagerer den Donaukanal durchschwommen hätte. Wie könne man das als Wiener nicht wissen? Aber uns selbständigen Unternehmern ist das natürlich völlig egal. Montag, Sonntag, Werktag, Feiertag, wo ist der Unterschied?
    Ärgerlich ist eben nur, dass es dann an solchen lästigen Feiertagen statt einer leckeren Mohnpotize nur Toastbrot zum Frühstück gibt. Ein Blick auf die Strasse bedeutet mir allerdings, dass die Geschäfte offen sind und es also doch nur wieder ein Kugelschreiber Verschenktag ist. Das Baby schläft noch, die Mutter auch, das heisst, ich werde gleich mal laufen gehen. Ich habe meinem Bauchspeck endgültig den Krieg erklärt! Heute eingeschlossen wäre ich dann fünf mal in dieser Woche sporteln gewesen. Tüchtig. Ich durchknete den Schwimmreifen um meine Hüfte vor dem Spiegel. Noch sehe ich keine Fortschritte, aber jetzt bloss nicht schlapp machen. Schuhe an und raus. Mit zugestöpselten Ohren umrunde ich die Blaskapelle. Vorbei am Glockenspiel, rosig geblähten Pausbacken und dicken Männern in Uniform, die ihre angesammelte Tuba-Spucke routiniert in den Gully speicheln. 

    Ich muss schmunzeln, wenn ich an das gestrige Gespräch mit meiner Frau bezüglich der Baby-Wanne denke. Beim gemeinsamen Windelwechsel habe ich ihr nämlich erzählt, dass ich neulich eine Ewigkeit lang mittels geschicktem hin und her Kippen versucht hätte, das Restwasser aus der Plastikwanne durch das kleine Loch abzulassen. Wie bei diesem hölzernen Murmel Labyrinth, mit dem wir als Kinder immer spielten. Idiotischerweise kam ich tatsächlich nicht auf die Idee, die kleine Wanne einfach hochzuheben und umzudrehen. Haha. Da haben wir gelacht. Daraufhin setzt sie mir noch eins drauf, als sie peinlich berührt beichtet, dass sie versucht hätte, die zwanzig Liter Wasser eigenhändig hochzustemmen und auszugiessen, was sich natürlich aufgrund des immensen Gewichts als ziemlich schwierig erwies. Sie kam erst gar nicht auf die Idee, den Abfluss-Stöpsel raus zu ziehen! - Das sieht man wieder mal, wie schlau die Natur das eingerichtet hat. Ein Elternteil alleine ist manchmal schlichtweg zu blöd, selbst für die einfachsten Sachen. Zu zweit hingegen meistert man so gut wie jede Situation. 

    Kurz verschnaufen. Die letzten paar hundert Meter nach Hause gehe ich, um meinen Puls zu senken. In meinen Ohren plärrt sich, ein mir bislang unbekannter, Heavy Metal Sänger die Seele aus dem Leib. Der Ipod läuft auf Zufallswiedergabe. Doch Moment, hat die Band wirklich einen zweiten Frontmann der da auf Deutsch mit starkem südländischen Akzent mitgröhlt? Nein, natürlich nicht, es ist der junge Mann hinter mir, der in sein Handy spricht. (Vielleicht ist "spricht" in diesem Fall nicht der passendste Ausdruck.) Würde er das Telefon zuklappen, könnte er sich einige Freiminuten ersparen, denn ich bin mir sicher, dass ihn sein Gesprächspartner - zumindest im Grossraum Wien - auch einfach so hören würde.
    Ist übrigens schon mal jemandem aufgefallen, dass sich die Gesprächslautstärke von Mobiltelefonierern immer im umgekehrten Verhältnis zur Wichtigkeit der Mitteilung hebt und senkt? Für gewöhnlich hört man nur ein geflüstertes, "Ja, Mutter ist auf der Intensivstation, es geht ihr soweit gut... ja, der Hermann weiss auch bescheid und kommt so schnell er kann".  
    GEBRÜLLT werden allerdings Gesprächsfetzen wie: "Du, ich geh grad bei deiner Wohnung vorbei!!! ...na eh nix, dachte nur ich geb' dir bescheid!!! ...ok, supi, wir sehen uns in dann in 20 Minuten!!!" oder "Hallo, Schnecki, du, ich hab die Halbfett Milch, die Bio Erdbeeren sind aber aus! Soll ich lieber die Spanischen nehmen, aber da ist die Palette verrutsch und die sind recht zergatscht, warte, ich sortiere vielleicht die besseren aus und... was!? Du ich hör dich ganz schlecht!! Ich sagte ich höre dich ganz schlecht!!! Warte,... was die Gurken!? Nein, die Erdbeeren, ich hab die Halbfett Milch schon, das hab ich dir grade gesagt, *seufz*  ...jaaaa, die Halbfett, nicht die Vollmilch mit den 3.5 %! Warte kurz, ich hab die Hände voll, ich ruf dich gleich zurück! Ja! JAAA! Ja, ja! Jaha! Ja sicher JA, mhm, ok!" 
    Ich drehe mich kurz um und werfe dem Schreihals einen bösen Blick zu. Als dieser ihn wider Erwarten erwidert, sehe ich ganz unschuldig mit zusammengekniffenen Augen über seine Schulter hinweg, als hätte sich im Hintergrund etwas

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