Bad Fucking
nur zuviel getrunken?‹
Hintersteiner wurde schwindlig, und er hatte das dringende Bedürfnis, sich zu übergeben. Er hoffte, dass seine Frau bereits schlief, wenn er nach Hause kam. Das Letzte, was er jetzt brauchen konnte, war ein Streit mit seiner Frau.
Das Aufsperren der Haustür fiel ihm zwar schwerer als sonst, aber nachdem er auch diese Hürde genommen hatte, lief er schnurstracks auf die Toilette, wo er sich sofort erbrach. Das Zeug, das sich in der Klomuschel sammelte, sah nicht nur äußerst unappetitlich aus, sondern roch auch grauenhaft. Aber noch bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, ging es mit dem Durchfall los. Binnen kürzester Zeit stank es im Klo, als wäre eine Giftmülldeponie in die Luft gegangen. Hintersteiner wusste nicht mehr, was er zuerst machen sollte. Irgendwann war ihm alles egal und er kotzte und kackte gleichzeitig.
Eine halbe Stunde später schleppte er sich ins Badezimmer, wo er sich mit kaltem Wasser das Gesicht wusch. Als er sein Gesicht im Spiegel betrachtete, erschrak er. Seine Augen waren aus den Höhlen herausgetreten, und die Adern auf seinen Hängebacken sahen aus wie ein rotes Flusslabyrinth auf einem unbekannten Planeten.
Hintersteiner war verwirrt und betrat den Vorraum, von dem aus er einen Blick ins Wohnzimmer warf. Dort lag seine Frau auf der Couch und hatte sich die Decke über den Kopf gezogen. ›Gut, dass sie ihre Schlaftabletten genommen hat.‹
Obwohl es ihm gar nicht gut ging, überkam Hintersteiner plötzlich die Lust auf ein kaltes Bier. Er verwarf den Gedanken aber gleich wieder, weil es in seinemBauch neuerlich zu rumoren begann. Er ließ einen lauten Furz, was ein Fehler war. »Jetzt habe ich mich auch noch angeschissen«, fluchte er und spürte, wie etwas Breiartiges an seinen Beinen hinunterrann. Aber selbst das war ihm egal, und er wollte nur noch schlafen, schlafen, schlafen. Irgendetwas irritierte ihn. Bildete er sich das nur ein, oder war von Karin tatsächlich kein Mucks zu hören? Das war ungewöhnlich, weil man ihr lautes Schnarchen normalerweise im ganzen Haus hörte. Aber noch etwas fiel ihm auf: Es war ein Zettel, der auf dem Couchtisch lag. Mit letzter Kraft schleppte sich Hintersteiner zum Tisch und sank erschöpft in einen der abgewetzten Fauteuils. Die Scheiße roch unangenehm, und er fragte sich, wie seine Frau am nächsten Tag auf den verdreckten Stuhl reagieren würde. ›Scheiß drauf.‹ Mit zittrigen Händen griff er nach dem Zettel und versuchte, die Schrift zu entziffern. Er rieb sich die Augen und brauchte lange, bis er endlich begriff, was seine Frau geschrieben hatte.
Er starrte ins Leere. Versunkene Bilder tauchten auf. Hintersteiner dachte an seine Mutter, die er kurz vor ihrem Tod im Krankenhaus besucht hatte. Er sah ihren geschundenen Körper vor sich, die Blutergüsse von den Nadeln, die man ihr in Hals und Arme gesteckt hatte. Er sah die Schläuche, die aus Mund und Bauch heraushingen. Er erinnerte sich an ihr Röcheln und dass sie kurz vor ihrem Tod plötzlich die Augen aufriss und ihn anstarrte.
Glaubst du an Gott?
Er streichelte ihre knochige Hand.
Ja, Mama, ich glaube an Gott
, hatte er geantwortet, obwohl es nicht stimmte.
Aber Hintersteiner dachte auch an das Fahrrad, das er als Kind zu Weihnachten bekommen hatte und das ihm ein paar Monate später gestohlen worden war. Er fühltewegen des verschwundenen Fahrrads eine große Trauer aufkommen. Für den kleinen Loisi war dieser Diebstahl ein traumatisches Ereignis gewesen.
Er begann zu phantasieren. ›Der Kilian ist also das Fahrtrecht und das Asylantenheim wird mit den Aktien und der Vitus im Dreck und der Philipp mit der Ohrfeige und dem Pilzgulasch –.‹ Hintersteiner hielt den Atem an. Jetzt sah er plötzlich alles ganz deutlich vor sich. Das Pilzgulasch war es. »Karin!«, rief er mit letzter Kraft. »Karin, du musst mir den Magen auspumpen. Sofort!«
Aber niemand hörte Aloysius Hintersteiners Hilferuf.
Der Tod rieb sich kurz seine klapprigen Hände und war auch schon wieder verschwunden. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, sich nach Karin und Aloysius Hintersteiner umzudrehen.
»Holy shit«, murmelte Sandra Redmont und leckte ihre feuchte Handfläche ab. Das Wasser schmeckte zwar modrig, aber wenigstens hatte sie keinen Durst mehr. Seitdem Sandra durch das Erdloch in die Höhle gefallen war, schwankte ihr Gemütszustand zwischen Angst und vager Zuversicht. Immer und immer wieder rechnete sie sich aus, wie lange sie es ohne Hilfe
Weitere Kostenlose Bücher