Bad Fucking
Greg schwarz. Und zwar tiefschwarz. Also nicht hellschwarz wie Barack Obama oder fast weiß wie Michael Jackson, sondern schwarz wie die dunkelste Nacht. Kein Wunder, dass bereits drei Minuten, nachdem er mit seinem Schild BAD FUCKING am Straßenrand Aufstellung genommen hatte, der erste Auffahrunfall passierte. Vor lauter Schauen und Abbremsen war ein Purkersdorfer einem Amstettener hinten hineingefahren, was sofort einen kleinen Stau zur Folge hatte. Die beiden Lenker stiegen fluchend aus und beschimpften einander nicht – wie in solchen Fällen üblich – als
Vollkoffer
oder
Wimmerl
, sondern wandten sich in ihrem Zorn dem vermeintlichen Verursacher des Unfalls zu. Als sich die beiden dicken und eher kleinen – also typisch österreichischen – Autofahrer allerdings vor Greg Sutherland in Stellung bringen wollten, mussten sie zu ihrem Bedauern feststellen, dass ihr Kontrahent um mindestens drei Nummern zu groß für sie war. Also zogen sie es vor, an den Straßenrand zu fahren und ihre Versicherungsnummern auszutauschen. Das war wenigerschmerzhaft, als von Greg Sutherland ungespitzt in die Erde geschlagen zu werden.
Nach einem weiteren Unfall – dieses Mal war einer Klosterneuburgerin eine Korneuburgerin in ihr funkelnagelneues Auto hineingefahren – beruhigte sich die Lage, und bereits eine viertel Stunde später hielt tatsächlich ein Wagen an. Es war ein klappriger Volvo mit einem jungen Mann mit Wuschelkopf am Steuer und einer attraktiven Blondine mit halblangen Haaren am Beifahrersitz. Die Beifahrerin kurbelte das Fenster hinunter, und nachdem der Fahrer zunächst den Gürtel des Autostoppers gefragt hatte, ob er tatsächlich nach Bad Fucking wolle, tauchte langsam Gregs schwarzes Gesicht im Fensterrahmen auf, und der Quarterback antwortete mit seiner tiefen Stimme: »Yeah, man, was fur ein Zufall.« Mit den Umlauten tat sich Greg immer noch schwer.
Es war kurz nach sieben, als Camilla Glyck vom Gebell des Hundes geweckt wurde. ›Jetzt gibt es kein Zurück mehr, koste es, was es wolle.‹ Camilla stand auf und wusch sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser. Zähneputzen und duschen wollte sie erst, nachdem sie den Hund abgeknallt hatte.
Camilla schlüpfte in ihren Morgenmantel und holte die Beretta hervor. Sie schraubte den Schalldämpfer auf den Lauf und steckte drei Patronen in das Magazin. Obwohl sie fest entschlossen war, den Hund ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen, zögerte sie plötzlich. ›O. K., ich gebe ihm noch drei Minuten.‹ Sie legte die Beretta neben den Laptop und kontrollierte ihre E-Mails. In ihrer privaten Mailbox lagen fünf neue Nachrichten, vierdavon waren Spams.
Topaktuell: Schamlippenkorrektur. Ästhetische Korrekturen der meist inneren zu großen Schamlippen zählen derzeit zu den am häufigsten durchgeführten OP’s. Der Leidensdruck Betroffener führt oft zu sozialer Isolation und nach erfolgter OP zeigt sich eine extreme Verbesserung der Lebensqualität und des Selbstwertgefühls
. In den anderen Mails wurde sie über Lottogewinne und günstige Beteiligungsmöglichkeiten an Goldminen in Nigeria informiert. Die einzige Mail, die an sie persönlich gerichtet war, kam vom Pathologen Dr. Markus Gotthardt. Es war eine Einladung zu seinem Vortrag über
Neueste gerichtsmedizinische Untersuchungsmethoden bei stark verwesten Leichen. PS: Wenn Du Lust hast, können wir nachher ja noch etwas trinken gehen
…
›Uuuups‹, dachte Camilla, ›hat der Gotthardt wieder einmal einen Samenstau.‹ Die drei Punkte am Ende des Satzes konnten ja nur bedeuten, dass dem Trinken noch etwas folgen sollte. Gotthardt hatte sich offenbar daran erinnert, dass er und Camilla vor zirka einem Jahr einmal Sex miteinander gehabt hatten. Das war während eines Wochenendseminars gewesen, wo viel getrunken wurde und sie und Gotthardt schließlich eine Stehpolka miteinander tanzten. Und zwar im Liegen. Ein Kunststück, das ihnen erst einmal jemand nachmachen musste.
Camilla löschte auch diese Mail und klappte den Laptop zu. Sie steckte die Beretta in die Tasche ihres Morgenmantels und hörte plötzlich den Hund nicht mehr. ›Verdammte Scheiße‹, dachte sie und ging auf den Balkon. Und tatsächlich: Der verhasste Köter war verschwunden. Statt des Hundes sah sie allerdings wieder den Typen auf der Dachterrasse jenseits des Hofs, der sie mit dem Feldstecher beobachtete. Camilla zeigte ihm den Stinkefinger, woraufhin der Mann verschwand.»Das gibt’s doch nicht«, murmelte sie, »bin ich hier von
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