Bad Fucking
Kläffen, das immer lauter wurde.
Camilla öffnete langsam die Augen. Sie betastete ihre linke Hand und spürte unter dem Heftpflaster einen leichten Schmerz. Die harmlose Schnittwunde hatte sie sich am Vortag beim Brotschneiden zugefügt. Obwohl es noch nicht einmal neun am Abend war, fühlte sich Camilla wie gerädert. Nach einem anstrengenden Tag im Büro hatte sie sich nur kurz hinlegen wollen, war dann aber eingeschlafen.
»Scheiß Traum.« Camilla hasste solche Träume, noch mehr hasste sie aber das Gebell des Hundes, das vom Hof in ihre Wohnung drang. Schweißgebadet lag sie auf demBett, ihr T-Shirt und ihre Unterhose klebten an ihrem Körper.
Seit mittlerweile zwei Wochen wurde Europa von einem Superhoch beherrscht, das den schönen Namen
Isabella
trug. Der Hurrikan, der vor einigen Jahren New Orleans zerstört hatte, hieß
Katrina
, weshalb sollte also ein Superhoch über Europa nicht
Isabella
heißen?
Isabella, der Schwur Gottes
.
Dem Hund war
Isabella
allerdings vollkommen egal, der bellte auch, wenn es minus zehn Grad hatte.
Wie so oft in den letzten Monaten ging Camilla hinaus auf ihren kleinen Balkon im dritten Stock, wo sich ihr das gewohnte Bild bot. Der verdammte Köter, eine Mischung aus einem Dobermann und etwas Schwarzem mit langem Fell, rannte wie von einer Tarantel gestochen im Hof hin und her und jaulte ohne Unterlass. Sie beugte sich über das Geländer und schrie: »Ruhe, verdammt noch einmal! Blödes Hundsvieh.« Der Hund blickte zu ihr hoch, um kurz darauf nur noch lauter weiterzukläffen. Wütend ging sie zurück in die Wohnung, wo es heiß war wie in einem Backofen.
Der Hund gehörte einem Typen, der sich nur selten an die frische Luft wagte. Wahrscheinlich saß er die meiste Zeit vor seinem Computer und geilte sich an Kinderpornos auf. Camilla hatte den Hundebesitzer, der im Parterre wohnte und daher den Hund direkt von seiner Wohnung in den Hof lassen konnte, vielleicht zweioder dreimal gesehen. Er war fett, hatte lange Haare und trug immer dieselbe verdreckte Trainingshose und dasselbe verdreckte T-Shirt. Selbstverständlich war er an den Armen tätowiert, und Camilla hätte es nicht gewundert, wenn seinen Rücken ein großes Hakenkreuz geschmückt hätte.
Camilla zupfte an ihrem T-Shirt, um etwas Luft an ihre Haut zu lassen. Sie setzte sich auf die Bettkante und fluchte. »Irgendwann erschieße ich diesen verdammten Köter noch einmal.« Sie stellte sich vor, wie sie den Hund mit ihrer Dienstwaffe kurzerhand abknallte. Ob sie ihn gleich mit dem ersten Schuss erwischen würde? Wahrscheinlich schon, schließlich war sie eine ganz gute Schützin. Natürlich, wenn sie den Hund tatsächlich erschoss, konnte sie sich ihre Karriere beim Bundeskriminalamt in die Haare schmieren, auch wenn diese schön gelockt und brünett waren.
In den letzten Monaten hatte Camilla vergeblich versucht, die Polizei und die Bezirksverwaltung auf das Problem mit dem Hund aufmerksam zu machen. Obwohl sie beim Bundeskriminalamt arbeitete, winkten die Beamten im nahegelegenen Kommissariat nur gelangweilt ab.
Es tut uns leid, Frau Glyck, aber dafür sind wir nicht zuständig, da müssen Sie sich an das Bezirksamt wenden
. Beim Bezirksamt versprach man, einen Lokalaugenschein vorzunehmen. Drei Monate später erhielt sie vom Bezirksvorsteher einen Brief, in dem stand, dass das Veterinäramt die Angelegenheit überprüft habe und alles in bester Ordnung sei. Mit herzlichen Grüßen! Camilla tobte vor Wut und ersuchte den Bezirksvorsteher um einen Termin. Auf den wartete sie immer noch.
Der Hund bellte ohne Unterlass weiter, wobei das Gekläffe immer hysterischer wurde. ›Ich könnte dieses Hundsvieh ja mit meiner Beretta abknallen. Das ist schließlich meine Privatwaffe, die nirgendwo registriert ist.‹ Camilla ging zum Schrank und holte eine Schatulle hervor, die hinter ihren gebügelten Blusen lag. PIETRO BERETTA-CAL 9-CORTO-Mo 1934-BREVET. GARDONE V.T. stand auf dem Lauf. Das kühle Eisen fühlte sich gutan. Sie schraubte den Schalldämpfer auf den Lauf und ging mit der Pistole im Anschlag hinaus auf den Balkon. Sie beugte sich über das Geländer und zielte auf den kläffenden Hund. Wäre die Waffe geladen gewesen, wäre es mit der Bellerei ein für alle Mal vorbei gewesen. »Peng«, sagte sie und sah im selben Moment auf der Dachterrasse jenseits des Hofes einen Mann in einer Badehose stehen, der sie mit einem Feldstecher beobachtete. »Scheiß Spanner«, murmelte Camilla, und steckte die Waffe unter
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