Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle
trocken wie die Sahelzone.
»Wir hatten eine Verabredung«, fauchte Charles Ward.
»Ja«, stimmte ich zu.
»Also ich bin hier«, fuhr er fort, »aber wo zum Teufel sind Sie?«
Oh Mann. Mir kamen gewisse Zweifel, ob ich dieser speziellen Dad-Variante gewachsen war.
»Ich bin auch da«, brachte ich hervor und spähte über die Straße zu den beiden Männern hinüber. Ich wollte wissen, ob der Hutmann telefonierte. »Entschuldigen Sie bitte, aber kann es sein, dass Sie einen Hut tragen?«
Billy stieß mich in die Seite. Er wedelte mit der Hand vor mir herum und deutete auf die andere Straßenseite, zum »Hurricane« und zum Hutmann, als ob er ein durchgeknalltes Winkeralphabet praktizierte, aber ich hatte keine Ahnung, was er mir sagen wollte.
»Das ist er! Er ist es!«, flüsterte er so laut, dass die ganze Straße mithören konnte.
Unterdessen brüllte Charles Ward weiter in mein Telefon: »Nein, ich trage keinen Hut! Aber ich warne Sie, ich hab meinen Anwalt dabei.«
»Ihren Anwalt?«, stammelte ich.
Billy gab sein Winkeralphabet auf und packte mich am Arm. Dann gingen wir über die Straße.
»Ich habe meinen Anwalt dabei«, fuhr Charles Ward an meinem Ohr fort. »Also was immer Ihr Schmierblatt zu drucken beliebt, wir verklagen Sie, bis Sie schwarz werden …«
Wir standen inzwischen direkt vor dem Gebäude und gingen auf die beiden Männer zu. Harry »the Hurricane« Hodder war der mit dem Telefon am Ohr. Jetzt verstummte er. Starrte mir voll ins Gesicht. Ich starrte zurück. Dann brach er in Gelächter aus.
»Aber das sind ja Kinder!«, rief er. »Ha, ha! Guter Witz!«
Er stieß den Hutmann an und beide lachten, wenn auch ziemlich gezwungen. Ich starrte sie an. Ich hatte keine Ahnung, was los war. Warum lachte der »Hurricane« über uns? Was hatten die beiden überhaupt mit uns zu tun?
Billy peilte die Lage schneller als ich.
»Entschuldigen Sie bitte, aber wir sind keine Kinder«, stellte er mit fester Stimme klar. »Ich bin fast siebzehn.«
»Ha!«, sagte der Hurricane wieder. Dann wandte er sich ab und redete mit dem Hutmann. »Sie können so lange im Auto warten«, hörte ich ihn sagen. »Das regle ich alleine. Hat keinen Sinn, eine Szene zu machen.«
»Was geht hier vor?«, flüsterte ich Billy ins Ohr. Ich zupfte ihn am Ärmel und er starrte den Hurricane an.
»Dad Nr. 254«, formte er mit den Lippen.
»Ihr braucht doch nicht etwa einen Knüller für eure Schülerzeitung, oder?«, fragte der Hurricane und drehte sich wieder zu uns um. »Ich meine, ihr wisst doch, dass ich jungen Leuten immer gern entgegenkomme. Ihr könnt jederzeit ein Interview von mir haben, falls ihr darauf aus seid. Ihr müsst mich nicht erpressen, indem ihr peinliche Storys über meine Jugendsünden verbreitet, okay?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte ich. »Wir wollten Charles Ward treffen, deshalb sind wir hier.«
Hurricane Hodder schaute von Billy zu mir.
»Also hör mal, Schätzchen«, sagte er dann zu mir, »du musst hier nicht die Ahnungslose spielen. Du weißt doch genau, dass ich Charles Ward bin und dass das mein richtiger Name ist. Harry Hodder ist mein Pseudonym, mein Bühnenname. Aber warum erkläre ich dir das überhaupt? Du weißt es ja sowieso. Bravo, dass ihr es herausgefunden habt. Gratuliere. Top-Leistung.«
»Aber das haben wir doch gar nicht«, protestierte Billy. »Wir wussten nicht, dass Sie Charles Ward sind.«
»Nein, ehrlich«, sagte ich und schüttelte den Kopf, aber meine Gedanken rasten, während ich die Info zu verdauen versuchte. Was? Harry »the Hurricane« Hodder war mein Dad? Der rotzigste Fernsehmoderator von ganz England? Tante Lilah würde im Viereck springen. Es war unglaublich!
Einen Augenblick betrachtete ich ihn ganz unvoreingenommen wie einen Fremden, den ich noch nie gesehen hatte. Er hatte einen roten Schimmer im Haar und seine Haut war leicht sommersprossig, was im Fernsehen nicht zur Geltung kam. Der Typ hatte absolut nichts an sich, was ich mit mir in Verbindung bringen konnte. Er war sehr groß und seine Hände und Füße waren riesig. Ich schaute auf meine kurzen Stummelfinger hinunter. Nein, das passte nicht. Nichts davon. Bis der Hurricane seinen Gesichtsausdruck veränderte und eine tiefe Falte mitten auf seiner Stirn erschien. Die Kummerfalte! Der Mann hatte eine Kummerfalte, so wie ich.
»Wie habt ihr das herausgefunden?«, fuhr Harry Hodder fort. »Wir machen doch alle verrückte Sachen in unserer Jugend, oder nicht? Ich nehme an, ich wollte
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