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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
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am ersten Arbeitstag erscheine. Blümchen auf die Tische, Tageskarte schreiben, Wechselgeld zählen, bisschen Bier rumtragen, pff, überhaupt kein Problem. »Alles klar?«, will Berta wissen. Meine Antwort ist ein selbstbewusstes Pfff. Eine Stunde später mutiert das nicht vorhandene Problem zur Hölle auf Erden. Eine Stunde später ist der Scheißladen nämlich voll bis auf den letzten Platz.
    Ich schwanke zwischen sterben wollen und leichter Hysterie, also mich heulend auf dem Klo einsperren. Alle wollen was, und das ausgerechnet von mir. Und gleichzeitig. Zum Glück bin ich nicht doof, ich lerne schnell: Augenkontakt bedeutet zum Beispiel nicht immer »Hallo, Süße«, nein, Augenkontakt kann auch »Wo-ist-mein-Bier-können-wir-jetzt-endlich-zahlen?!« heißen. Ich laufe nur noch gesenkten Blickes durch den Laden. Hätte ich nicht ein Tablett mit Gläsern in der Hand, ich würde mir beide Ohren zuhalten und laut singen. Wenn mich jetzt noch jemand »Bedienung!« ruft, ich garantiere für nichts mehr. Mit letzter Kraft schaffe ich es in die Küche, wo ich tief Luft hole, Berta in die Augen sehe und mit bestimmter Stimme erkläre: »Ich geh da nicht mehr raus. Gib mir Lokalverbot, lebenslang von mir aus, aber ich. geh da. nicht mehr. raus.«
    Als Antwort drückt sie mir zwei Teller Spaghetti in die Hand: »Tisch zwei. Beweg deinen Arsch.« Sie war schon immer gnadenlos, aber jetzt gibt sie mir wenigstens ein »Das ist der gleich rechts mit dem Andi« mit. Blöderweise weiß ich nicht mehr, wer der Andi ist, seit wann kann ich mir Gesichter und Namen gleichzeitig merken? »Zweimal Spaghetti einmal Schnitzel ein Salat aber ohne Dressing, ein Helles« höre ich mir zwar lächelnd-nickend an, aber ich bin noch nicht hinterm Tresen, da hab ich alles schon wieder vergessen. Ja doch, ich habe Zettel und Stift, aber ihr glaubt nicht, wie schnell man sich verzettelt. Vor allem, wenn man alles erst mal in die Kasse bonieren muss und die Kasse darauf mit Beeeep! reagiert. Beep, wo sie doch eigentlich einen Bon ausspucken soll, auf dem gebongt steht. Beep you too, verdammte Scheiße.
    Mein erstes Bier aus dem Zapfhahn ist Schaum, das zweite und dritte auch, was zur grenzenlosen Erheiterung der Stammgäste am Tresen beiträgt. Gott sei Dank kann ich bayrisch, Gott sei Dank kann ich ziemlich charmant sein, wenn es sein muss, und Gott sei Dank bin ich zurzeit blond. Ich stell mich an wie der erste Mensch, mir ist das wahnsinnig peinlich. Die armen Gäste! Gleichzeitig stresst es mich bis an die Herzinfarktgrenze, ich habe schon lange nichts mehr gemacht, was ich nicht beherrsche. Wenn ich das dringende Bedürfnis habe, mich bis auf die Knochen zu blamieren, gehe ich snowboarden. Perfektionismus und Arroganz sitzen derweil grinsend auf meinen Schultern; mein Nacken jedenfalls ist verspannter als eh schon.
    Ich war mal ein gnadenloser Gast. Ich wurde zickig, wenn meine Bestellung nicht pronto aufgenommen wurde und nicht noch mehr pronto vor mir stand. Ich habe diverse, meines Erachtens ignorante Kellner schon mit Blicken bedacht, die man eigentlich nicht überlebt. »Kann ich bitte zahlen« hieß nichts anderes als »sofort«. Ich wurde ungenießbar, wenn mein Essen lauwarm war, und über volle Aschenbecher möchte ich gar nicht erst sprechen. War ich mal. Ich war auch mal eine gute Bedienung, aber da war ich, wie gesagt, zwanzig, und jetzt stimmt nicht mal das Trinkgeld, weil ich mich natürlich dauernd verrechne. Immerhin zahlt der Stress wenigstens die Miete, und Kleingeld für Kippen hab ich jetzt auch immer.

»Kellnern? Ich glaub es hakt! Bist du von allen guten Geistern verlassen?«
    »Sprich nicht immer von guten Geistern!«
    »Das darf ja wohl nicht wahr sein! Das hatten wir doch schon! Sie ist doch keine zwanzig mehr!«
    »Na und? Die Kohle stimmt. Alles cool.«
    »Darum geht es doch gar nicht! Wenn man dich einmal was erledigen lässt! Du denkst wirklich nur ans Saufen!«
    »Ich …«
    »Halt’s Maul. Ich kümmer mich jetzt. Die muss was machen, was uns, äh, was sie weiterbringt. Sonst landen wir wieder, ich meine sie, sonst landet sie wieder in irgend so einem scheiß Vorzimmer!«
    »Hast du Halt’s Maul gesagt?«
    »Nein.«
    »Hast du doch. Und scheiße hast du auch gesagt.«
    »Ach scheiße, jetzt halt’s Maul.«

Ich seh auch mit den Augen gut
    Mist. Ich muss irgendwas machen, so geht’s nicht weiter. Das heißt, natürlich kann es dann doch immer so weitergehen, und es kann sogar immer noch schlimmer kommen, in

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