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Bad Hair Years

Bad Hair Years

Titel: Bad Hair Years Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Kink
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zum Lesen da hat. So spannend ist die Beschreibung auf den herumliegenden Verbandsmaterialien nun auch wieder nicht.
    Immerhin hatte ich so Gelegenheit, mir ein paar Gedanken zu Botox und dergleichen zu machen. Ich bin da nämlich gar nicht so, ich kann mir durchaus vorstellen, in naher Zukunft mal einiges glatt bügeln zu lassen. Sobald es ohne Spritzen geht halt, mit Handauflegen oder Zaubersprüchen. Ich finde Älterwerden im Gegensatz zu all denen, die dabei was von Stolz und Würde und innerer Einstellung plappern, überhaupt nicht super. Von außen schon gar nicht. Komme mir jetzt keiner mit Lachfältchen, so viel lache ich gar nicht, wie es da knittert. Dann eher Krähenfüße, rumkrähen klingt schon eher nach mir, leider finde ich die Vorstellung von Vogelkrallen im Gesicht auch nicht lustig.
    Ich beschloss, mein Gesicht so zu lassen, wie es ist, immerhin kostet mich schon ein Zahnarztbesuch meine ganze Kraft. Ich mag es nicht, wenn man mir im Kopf rumwühlt.
    Man darf seine Meinung auch mal alle fünf Minuten ändern, fand ich, und so erklärte ich die Frauen im Wartezimmer zu dummen Hühnern, die sich nur mit ihrem Äußeren beschäftigen und ansonsten nichts im Kopf haben. Schlimm. Ich meine, mein Gott, ich hätte auch gern längere Beine! Aber dafür lasse ich mir doch nicht die Oberschenkelknochen brechen und lege mich drei Jahre auf die Streckbank. Ich bin schließlich nicht Jack Bauer, wahrscheinlich würde ich eine solche Prozedur gar nicht aushalten. Davon abgesehen: Wer weiß schon, wie lange so ein superglattes Gesicht noch angesagt ist. Am Ende ist es wie bei Kaffee oder Rotwein: Heute bringt er dich an den Rand des ersten Herzinfarktes, in fünf Jahren lässt er einen dann wieder hundertzehn Jahre alt werden. Entscheidet euch mal! Ich trinke bis dahin beides, lasse die Finger von Botox und warte auf hieb- und stichfeste wissenschaftliche Erkenntnisse. In zwanzig oder zehn Jahren wird der Schönheitschirurg dann sprechen: »Es gibt da eine ganz neue Methode, wir ritzen Ihnen ganz leichte Fältchen in die Stirn und um die Augen. Es wird ganz natürlich aussehen – fast so, als hätten Sie auch mal gelacht.« Und das Wartezimmer wird voll sein.
    In der Zwischenzeit zeige ich mit meiner brandneuen Narbe im Gesicht schon mal, wie so etwas dann aussehen könnte. Ich war meiner Zeit aber auch schon immer meilenweit voraus.

Sonntage sind nur saisonal scheiße
    Nur mit dem Frühling kann ich immer noch nicht umgehen und mit Sonntagen schon gar nicht. Sonntage, wir sind uns einig, sind schwierig. Schon nach dem ersten Kaffee kaum zu ertragen, die Welt steht still, und alle wollen immerzu nur spazieren gehen, Kuchen essen, Kaffee trinken. Was bei all dem Gejammer vergessen oder vielleicht auch verschwiegen wird: Sonntage sind nur saisonal scheiße.
    Wintersonntage zum Beispiel sind total in Ordnung, wenn nicht gerade Weihnachten ist, ansonsten kann man Skifahren oder gleich im Bett bleiben, sagt auch keiner was. Sommersonntage sind noch viel okayer, es lässt sich prima den ganzen Tag draußen spielen und die halbe Nacht dazu, oder muss wirklich noch jemand früh heim, Hausaufgaben machen? Im Hochsommer ist der Hysterie außerdem schon ein bisschen die Luft ausgegangen, und es kommen nicht mehr zehn Münchner mit Kleinkind auf einen Zentimeter Biergartenbank. Sogar mit Sonntagen im Spätherbst lässt es sich auskommen, wer jetzt allein ist, bleibt es halt, macht sich’s stattdessen mit einem guten Buch auf der Couch gemütlich und soll froh sein, dass er wenigstens eine teure Wohnung im Viertel hat.
    Die wirklichen Killer unter den Sonntagen sind die im Frühling, es traut sich nur niemand, das zuzugeben. Sie kommen freundlich und vielversprechend daher (Gefühle, Hormone), sind dabei aber nur eines: hinterhältig und verlogen. An Frühlingssonntagen, wenn die Luft zum ersten Mal erhöhte Temperatur aufweist, wächst der Rausgehen-Druck ins Unerträgliche. Versteht mich nicht falsch, ich bin alles andere als ein Stubenhocker, ich lasse mich nur ungern zu etwas zwingen, auch nicht vom blauen Himmel höchstpersönlich. So stehe ich an solchen Tagen gleich nach dem Aufstehen schon unangenehm berührt am Fenster und blicke auf die Horden von Menschen unten auf der Straße. Während der Rest der Stadt den ersten Latte unter freiem Himmel trinkt, leicht bekleidet und schmerzfrei bei gerade mal dreizehn Grad, öffne ich probehalber das Fenster und halte misstrauisch einen Arm raus. Meine Schwestern im Geiste

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