Bad Monkeys

Titel: Bad Monkeys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff

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und dann ging endlich der Regen los. Es war der Wolkenbruch, den ich mir gewünscht hatte, und sogar noch ein bisschen mehr als das, aber statt mich zu freuen, machte er mich nervös. Ich ging zur Haustür, schaltete die Außenbeleuchtung an und stand eine Zeitlang nur so da und sah nach draußen und vergewisserte mich, dass das Rauschen des Regens nur vom Regen kam und nicht von Autoreifen, die sich dem Haus näherten.
    Der nächste Begriff war der einzige, den ich nicht auf Anhieb lösen konnte: 20 waagerecht, sechs Buchstaben, »Wo die NT-Pistole versteckt ist«.
    NT-Pistole?
    Großes N, großes T. Ich dachte, das war vielleicht ein Druckfehler und ging zum nächsten Begriff über, 24 waagerecht, vier Buchstaben, » Tarzans Freundin«. Als ich das sah, kribbelte mir die Kopfhaut ein bisschen, aber wovon mir richtig die Haare zu Berge standen, das war der letzte Begriff, 31 waagerecht, neun Buchstaben, »Die einsamste Bronté «.
    Also, normalerweise hätte ich das auch nicht rausgekriegt, aber rein zufällig hatten wir diese Woche in der Klasse Jane Eyre gelesen, und der Lehrer hatte uns die Story von der ganzen jämmerlichen Familie Bronté erzählt, und so wusste ich, dass die einsamste Bronté charlotte gewesen war. Nachdem Branwell (der Bruder) und Emily und Anne alle gestorben waren, blieb Charlotte übrig, sie ganz allein im Haus – ein bisschen so wie ich jetzt. Wenn man das alles zusammennahm, lautete die versteckte Botschaft des heutigen Abends also:
    schau unter die – Lücke –, jane charlotte .
    Genau. Und vielleicht lag’s daran, dass sie ein paar Buchstaben mit »Lücke« gemeinsam hatte, oder vielleicht auch daran, dass sie direkt hinter meinem Rücken war, aber jedenfalls wusste ich mit einem Mal, dass das fehlende Wort spuele war.
    Die Spüle in der Küche meiner Tante war riesig – »Groß genug, um ein Schwein darin zu schlachten«, hatte mein Onkel einmal gesagt, und zwar in einem Ton, dass es nicht bloß wie eine Redensart klang. Die Spüle hatte auch einen entsprechend großen Unterschrank, und einmal, ein paar Jahre zuvor, als wir zu Besuch gewesen waren, hatten wir Verstecken gespielt, und Phil war da reingekrochen und hatte sich an dem Siphon den Kopf aufgeschlagen. Zählte man also das Bild vom geschlachteten Schwein und die Erinnerung an Phils blutüberströmtes Gesicht zusammen, war die Vorstellung, die Nase da reinzustecken, für mich nicht gerade verlockend.
    Natürlich musste ich nachsehen. Ich sagte mir, dass es sowieso nur ein Zufall war, dass die Botschaft in dem Kreuzworträtsel unmöglich an mich persönlich adressiert sein konnte. Vielleicht war »Schau unter die Spüle, Jane Charlotte« ja irgendwas von Shakespeare.
    Also machte ich den Unterschrank auf, und da war bloß das übliche Gerümpel, das sich unter jeder Spüle findet, und ich will schon sagen: Siehst du, bloß ’n Zufall. Aber dann sag ich mir, he, nicht so schnell, wenn da wirklich eine Knarre ist, wird sie wohl kaum offen neben der Silberpolitur liegen. Also tastete ich in den Hohlraum zwischen der Wand und der Rückseite des Spülbeckens. Und anfangs hab ich nur ins Leere gegriffen, aber dann hab ich die Hand ein Stückchen bewegt, und meine Finger haben etwas Rauhes gestreift. Ein Paket.
    Es war in ein Stück Kartoffelsack eingeschlagen und mit Schnur umwickelt. Ich holte es ans Licht und packte es aus. Und da war sie.
    Sie sah aus wie eine Spielzeugpistole. Sie war knallorange, hatte einen dicken Lauf und sah aus, als wäre sie aus Plastik. Sie war allerdings schwer, und deshalb, und weil sie sich ein bisschen kalt anfühlte, dachte ich, es könnte eine Wasserpistole sein. Aber als ich mir die Unterseite des Griffstücks ansah, war da kein Gummistöpsel, nur eine glatte Fläche, von der sich die Buchstaben NT abhoben.
    Auf den Seiten der Waffe gab es keine weiteren Markierungen. Am hinteren Ende des Laufs, direkt über dem Abzug, gab es einen Hebel mit vier möglichen Einstellungen. Über einer stand in kleinen grünen Buchstaben sicher; die nächste Einstellung war mit den blauen Buchstaben NA beschriftet; die letzten zwei Markierungen lauteten, beide in Dunkelrot, HI und MI. Der Hebel stand momentan auf MI.
    Ich tat das, was man eben so tut, wenn man ein Teenager ist und ein Schießeisen findet, nämlich damit auf mein Gesicht zielen. Das dunkle Loch der Mündung wirkte allerdings echter als der Rest der NT-Pistole, also beschloss ich, lieber nicht auf den Abzug zu drücken. Stattdessen sah ich mich