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Bad Monkeys

Bad Monkeys

Titel: Bad Monkeys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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er mich wiedererkennen würde, wenn wir uns das nächste Mal über den Weg liefen.
    Das reichte für ein paar Wochen Albträume. Ich träumte, dass er nach Mitternacht mit ausgeschalteten Scheinwerfern ans Haus meines Onkels und meiner Tante ranfuhr und dann da saß, Pot rauchte und zu meinem Schlafzimmerfenster hochsah. Manchmal saß er nur so da und überlegte sich, wie er es mir heimzahlen könnte, manchmal stieg er aus und ging rund ums Haus und suchte nach einem Weg hinein. Eines Nachts wachte ich schweißgebadet auf und hätte schwören können, dass ich einen Lieferwagen hatte wegfahren hören, und als ich mein Fenster öffnete, um rauszuschauen, roch es nach Marihuanarauch .
    Ich träumte auch von der Stimme, die ich in der Küche des Hausmeisters am Telefon gehört hatte. Tagsüber dachte ich nicht besonders oft daran – ich meine, es war nicht so, dass ich sie vergessen hätte, aber es war einfach so irre, dass ich irgendwie so tat, als hätte ich sie vergessen. Aber sie kam in meine Träume, und in meinen Träumen machte sie mir keine Angst. Ich hielt den Hörer im Dunkeln umklammert, wie versteinert, weil der Hausmeister mich holen kam, und dann sagte die Stimme meinen Namen, »Jane Charlotte«, und dann kam so eine Woge der Erleichterung, weil ich irgendwie – Traumlogik – »wusste«, dass die Stimme gut war und dass sie auf meiner Seite war, auf der Seite aller guten Menschen. Und sie war mächtiger als der Würgengel.
    Und so träumte ich ein paar Wochen lang solchen Mist, und dann hörte das allmählich auf. Der Hausmeister hatte mir keinen Besuch abgestattet, niemand in der Schule oder in der Stadt hatte ihn gesehen, es waren keine weiteren Kids verschwunden, und auch wenn ich wusste, dass der Typ schuldig war, hatte ich mehr und mehr das Gefühl, es wär letztlich nicht mein Problem.
    Eines Abends gegen Ende September fuhren Onkel und Tante dann runter nach Fresno, um irgendwelche Freunde zu besuchen. Eigentlich hatte ich mitfahren sollen und mir einen Film ansehen, während sie Bridge spielten oder was auch immer, aber am Tag davor war ich während eines Schultests bei einem »Täuschungsversuch« erwischt worden, und nachdem der Schulrat angerufen und mich verpetzt hatte, redete meine Tante nicht mehr davon, dass »wir morgen Abend ausgehen«, sondern dass »dein Onkel und ich morgen Abend ausgehen«.
    Sie fuhren gegen sechs weg. Von Westen her braute sich ein Gewitter zusammen, und ich war so stinkig auf die beiden, dass ich hoffte, sie würden in einen Platzregen geraten. Um sieben war der Himmel bedeckt, und am Horizont zuckten Blitze, aber von Regen noch immer keine Spur.
    Ich las ein paar Kapitel Nancy Drew – mittlerweile hatte ich fast die ganze Reihe abgearbeitet und hatte notgedrungen angefangen, die noch verbleibenden Bände zu rationieren –, dann aß ich den kalten Hackbraten, den meine Tante für mich in den Kühlschrank gestellt hatte. Nachdem ich meinen Teller abgeräumt hatte, setzte ich mich wieder an den Küchentisch und nahm mir das Kreuzworträtsel aus der Fresno Bee vor. Das war noch so eine Phil-typische Aktivität, mit der ich mich in S. F. nicht für Geld abgegeben hätte. Aber ohne Glotze, mit einer drohenden Nancy-Drew-Knappheit und einem Señor Diaz, der jedes Mal sofort auflegte, wenn ich versuchte, Carlotta an die Strippe zu kriegen, wurden meine Ansprüche in Sachen Unterhaltung zusehends bescheidener.
    Es war ein Kreuzworträtsel mit versteckter Botschaft, wie es die in der Zeitung manchmal gab: Einige Begriffe waren farbig unterlegt, und wenn man die richtig löste und die Antworten aneinanderreihte, bildeten sie zusammen ein Sprichwort oder ein Zitat, wie morgenrot , schlecht wetter droht oder was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker. Normalerweise waren die entscheidenden Suchbegriffe so schwierig, dass man das ganze Kreuzworträtsel lösen musste, um sie zusammenzubekommen, manchmal aber, wie heute Abend, konnte man sie einfach hinschreiben.
    Der erste hervorgehobene Begriff, 1 waagerecht, fünf Buchstaben, war »Man zieht eine ab, wenn man sich aufspielt«, und nach kurzem Nachdenken kam ich auf die Lösung: schau. Der zweite Suchbegriff, 9 waagerecht, war »Gegenteil von über«, also unter. Der dritte Begriff, 13 waagerecht, drei Buchstaben, war eigentlich schwierig, weil ich keine Ahnung hatte, wer die Tussi sein mochte, aber dann doch lächerlich einfach: »Katharina ___ Große« – das fehlende Wort konnte nur die sein.
    Es donnerte anhaltend,

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