Bad Monkeys
Nostalgietrip und wollte mal wieder ins Haight gehen, in die Straße, wo ich aufgewachsen bin. Ich stand gerade vor dem Grundstück, wo früher mal die Gartenkolonie gewesen war – die hatten sie inzwischen zubetoniert und in einen Skateboard-Parcours umgewandelt –, als Moon vorbeikommt, mit zwei Kurzen im Schlepp.
Sie sah irre gut aus. Jung und dünn, keine Spur wie jemand, der zwei Schwangerschaften hinter sich hat. Ich dagegen sah entschieden mitgenommen aus, deshalb brauchte sie schon ein Weilchen, um mich zu erkennen, aber als dann der Groschen gefallen war, ist sie mir um den Hals gefallen und hat mir ihre Brut vorgestellt. Dann erzählte sie mir – als wär das alles nicht schon deprimierend genug –, sie und ihr Mann hätten sich mit einer eigenen Consulting-Firma selbständig gemacht und würden jährlich sechsstellige Beträge einfahren. Also hab ich mit der Story gekontert, ich hätte im Friedenskorps gearbeitet, und wenn ich ein bisschen abgewirtschaftet aussähe, dann läge das daran, dass ich die letzten zehn Jahre in Afrika gegen Aids gekämpft hätte. Dann musste sie weiter, also habe ich ihr eine erfundene E-Mail-Adresse gegeben und gesagt, sie soll sich mal melden.
Und ich war auf dem Heimweg, als ich an so einem Münztelefon vorbeigekommen bin und einfach so, aus einem Impuls heraus, den Hörer abgenommen hab. Es gab kein Freizeichen, aber das Telefon war auch nicht tot – es war eine offene Leitung. »Hallo?«, hab ich gesagt. Niemand antwortete, aber trotzdem klang es so, als würde jemand am anderen Ende zuhören, also hab ich gesagt: »Wenn ihr überhaupt noch vorhabt, mich anzurufen, dann tut es bald.«
Am nächsten Tag lag in meinem Briefkasten eine Aufforderung, mich zu einer Geschworenenauswahl zu melden. Ich war schon früher ein paarmal als Geschworene einberufen worden, und es war sowieso mal wieder was in der Richtung fällig, also konnte es auch Zufall sein. Aber vielleicht auch nicht … Und so oder so, sagte ich mir, wäre das eine Gelegenheit, etwas Gutes in der Welt zu tun, also genau das, wonach ich suchte.
In dem Prozess ging’s um Brandstiftung und Mord. Ein gewisser Julius Deeds , ein mutmaßlicher Gangster, hatte erfahren, dass seine Freundin ihn betrog, und hatte ihr mitten in der Nacht einen Molotow-Cocktail ins Wohnzimmer geschmissen. Sie konnte sich durch die Hintertür des Hauses retten, aber sie hatte drei Kids im Obergeschoss zurückgelassen, und keins war lebendig herausgekommen.
Da saß ich also in der Auswahlgruppe für diese Sache, und ich war total aufgekratzt, bis mir klar wurde, dass ich den Angeklagten schon mal gesehen hatte. Und zwar in der Wohnung meines Dealers, als ich zuletzt da gewesen war, um was zu kaufen.
Sie meinen Ihren Drogendealer?
Ja. Ein Typ namens Ganesh.
Darf ich fragen, um was für Drogen es sich handelte?
Das Übliche. Pot natürlich, Speed, Valium, für besondere Anlässe Koks, Acid , wenn ich einen preiswerten Urlaub brauchte. Ich weiß, das klingt wie ’ne ganze Menge Zeug, aber ich hatte das im Griff.
Wie auch immer, als ich zuletzt bei Ganesh geklingelt hatte, ungefähr einen Monat vor dieser Einberufung, hatte er ängstlich ausgesehen. Gut, Ganesh war immer ganz schön flatterig. Er hatte Onkologie studiert, bis er von der Uni geflogen war, und ich schätze, seitdem ging ihm vierundzwanzig Stunden am Tag so ein Loser-Mantra durch den Kopf: »Ich wollte eigentlich Krebs heilen, und stattdessen bin ich einen beschissenen Schritt weit davon entfernt, zwanzig Jahre im Knast abzusitzen.« Diesmal war er aber nicht einfach bloß nervös, er war krank vor Angst, kreidebleich, als hätte er gerade bei der Obduktion seines Zwillingsbruders zugesehen.
»Das ist im Augenblick schlecht, Jane«, sagte er und wollte mir schon die Tür vor der Nase zuschlagen. Da flog die Tür aber wieder auf, und so ein Riesengorilla von einem Kerl taucht hinter Ganesh auf und verpasst ihm mit dem Bauch einen solchen Stoß, dass er beinah auf die Schnauze fällt.
» Hallihallo , Jane«, sagte der Gorilla und packte Ganesh am Genick, um ihn am Fallen zu hindern. »Was führt dich her?«
Ich, ganz beiläufig: »Wollt nur mal hallo sagen.«
»Ach ja?« Er guckte auf Ganesh runter und drehte ihn herum, als wär er eine Konservendose, deren Etikett er lesen wollte. »Ganz sicher? Weil unser Freundchen Ganesh hier, der verkauft gern alles mögliche Zeug – Rechnungen bezahlen ist nicht so seine Stärke, aber verkaufen tut er gern. Ganz sicher, dass
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