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Bad Monkeys

Bad Monkeys

Titel: Bad Monkeys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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du nicht ein bisschen shoppen wolltest, Jane?«
    »Nein, ehrlich … Ich bin bloß hier, um hallo zu sagen. Aber wenn ihr Jungs zu tun habt …«
    »Ja, irgendwie schon …« Er schleifte Ganesh wieder in die Wohnung. »Also komm später wieder vorbei. Viel später.«
    Ich hatte von Ganesh seitdem nichts wieder gehört, und natürlich rechnete ich mit dem Schlimmsten.
    Julius Deeds hatte ich seit damals auch nicht wieder gesehen. Sein Anwalt hatte ihn für die Verhandlung ein bisschen herausgeputzt, aber King Kong bleibt auch mit Spießerfrisur King Kong, also hätte ich ihn eigentlich auf Anhieb erkennen müssen. Aber ich war so scharf darauf, als Geschworene gewählt zu werden, dass ich die erste halbe Stunde lang nichts anderes im Kopf hatte als den Fragebogen, den ich ausfüllen sollte. Erst nachdem ich mich da durchgemogelt und den Wisch abgegeben hatte, merkte ich, dass Deeds mich anstarrte und sichtlich versuchte, sich zu erinnern, woher er mich kannte.
    Wir kamen beide gleichzeitig darauf. Dann lächelte er, als ob dieses Jahr Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen würden, und alle meine guten Vorsätze waren mit einem Schlag zum Teufel. Da hab ich rasch hintereinander drei Dinge gehofft. Erstens, dass man mich doch nicht als Geschworene nehmen würde, zweitens, dass für Deeds keine Kaution festgelegt worden wäre, und drittens, dass, falls doch, Ganesh entweder tot oder außer Landes wäre, denn Ganesh wusste, wo ich wohnte.
    Ich nehme mal an, dass keine Ihrer Hoffnungen in Erfüllung gegangen ist.
    Natürlich nicht. Ich hatte den Fragebogen so mustergültig ausgefüllt, dass ich die Erste war, die in der Jury saß – Deeds sah richtig glücklich darüber aus –, und als wir dann für den Tag nach Hause geschickt wurden, hab ich ihn vor dem Gericht gesehen, wie er seinem Anwalt die Hand schüttelte.
    Also hab ich versucht, Ganesh zu erreichen, aber sein Telefon war abgestellt. Ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war. Ich dachte, es könnte keine üble Idee sein, die Stadt zu verlassen, aber vorher hab ich bei so ’nem anderen Dealer vorbeigeschaut, um meinen Valiumvorrat aufzufüllen. Und ab dem Punkt wird’s ein bisschen nebulös, aber ich schätze mal, dass das Valium und die Flasche Wodka, die ich im Kühlschrank hatte, mich mit vereinten Kräften dazu überredeten, nicht abzuhauen.
    Etwas Wichtiges hab ich Ihnen aber noch nicht gesagt, nämlich, wann das Ganze passiert ist. Zur Geschworenenauswahl wurde ich am Montag, dem 10. September 2001, einberufen. Und so kam ich am nächsten Morgen gegen sechs in mein Wohnzimmer, und die Glotze lief, und im ersten Moment dachte ich, die wäre auf irgendeinen SF-Sender eingestellt, denn da sah man das World Trade Center, und einer der Türme stand in Flammen. Dann habe ich in der Ecke des Bildschirms das CNN-Logo gesehen, und ich: Hey, Moment mal! Und ich hatte gerade geschnallt, dass das wirklich passierte, als das zweite Flugzeug angeflogen kam.
    Ich hab den Ton lauter gedreht und dann bloß mit offenem Mund eine Stunde lang dagesessen. Dann klingelte das Telefon.
    Es war King Kong. » Hallihallo , Jane.«
    Anstatt auszurasten, wie es nahegelegen hätte, wie es beabsichtigt gewesen war, hatte ich tatsächlich so was wie Mitleid mit dem Typ, denn die Welt war soeben aus den Fugen geraten, und er hatte die Sache offenbar verpasst. Also hab ich gesagt: »Ist da irgendwo ’n Fernseher in Reichweite?«
    Das war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte. »Hör zu, du dämliche Fotze«, sagte er, »weißt du, wer hier spricht?« Und ich: »Klar, ich weiß, wer da spricht, und ich weiß, dass du dich für einen extrabösen Buben hältst, aber die Sache ist die, dass dich gerade jemand überboten hat.« Und da ist er explodiert, Gebrüll, Drohungen, Flüche, aber ich hab das nicht richtig mitbekommen, denn genau in dem Moment ist der erste Turm eingestürzt. Ein Hochhaus von hundertzehn Stockwerken, und es verwandelte sich direkt vor meinen Augen in Schutt, und ich begriff auf eine seltsam unbeteiligte Weise, dass ich Zeugin eines Massenmordes wurde.
    Deeds tobte unterdessen weiter: »Hörst du mir zu? Hörst du mir zu?« Und ich: »Fick dich selbst, Killer«, und hab aufgelegt. Direkt nach dem Auflegen kam so ein Moment, wo ich dachte: Das war wahrscheinlich nicht besonders schlau, aber dann habe ich wieder die Staubwolke auf dem Bildschirm angesehen, und spätestens als der zweite Turm einstürzte, hatte ich Julius Deeds vollkommen aus meinem

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