Bad Monkeys
Nacht, wo ich da war, sobald er ins Bett gegangen war, in sein Arbeitszimmer geschlichen und hab mich bedient. Und ich hab nicht viel genommen, aber bei Typen, die jeden Tag trinken, ist es so, dass sie ganz genau wissen, wie viel in der Flasche, die sie gerade in Arbeit haben, noch drin ist, und wenn der Pegel auch nur um einen halben Zentimeter sinkt, merken die das.
So – wenn meine Mom mich beim Trinken erwischt hätte, und dazu noch von ihrem Stoff? Die wär in zwei Komma null Sekunden auf mich losgegangen. Mein Onkel hat keinen Mucks getan – aber wie ich am nächsten Tag am Arbeitszimmer vorbeikomme, hör ich von innen Bohrgeräusche, und als ich mir an dem Abend wieder einen Schlummertrunk genehmigen wollte, hing an der Hausbar ein brandneues Vorhängeschloss. Ein Riesen -Vorhängeschloss, so groß wie ’ne Faust, von der Sorte, die man nicht geknackt kriegt.
So haben die es bei allem gemacht, was ich ausgefressen hab. Sie haben mir nie Vorträge gehalten; sie gingen davon aus, dass ich wüsste, was Recht und was Unrecht war, aber wenn ich mich darauf versteifte, Unrecht zu tun, fanden sie immer ’ne Möglichkeit, mir einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Eines Morgens fragte mich meine Tante, ob ich nicht Lust hätte, im Laden zu helfen. Normalerweise hätte ich nicht im Traum daran gedacht, aber ich langweilte mich schon dermaßen zu Tode, dass ich okay gesagt hab. Am Ende des Tages hat sie mir fünfzig Cent gegeben, was mir ziemlich knickrig vorkam für acht Stunden, auch wenn ich fast nur in Zeitschriften rumgeblättert hatte. Nächster Tag, gleiche Geschichte. Am Tag danach bin ich gegen Mittag ausgebüxt, und anstatt zu warten, bis ich bezahlt wurde, hab ich mir zwei Dollar aus der Kasse geholt. Dann wollte ich an dem Abend vor dem Schlafengehen die zwei Dollar in die Schublade tun, wo ich meinen bisherigen Lohn und die Knete von Officer Friendly aufbewahrte, und anstelle der sechsundzwanzig Dollar, die da hätten sein müssen, hab ich da bloß vierundzwanzig gefunden. Es war klar, was passiert war, aber ich hab trotzdem die Schublade rausgerissen und umgedreht und geschüttelt, nur für den Fall, dass das übrige Geld irgendwo hängengeblieben wäre. Ein einzelner Quarter fiel raus.
Ihr Lohn für den halben Tag, den Sie bloß gearbeitet hatten?
Genau.
Haben Sie Ihrer Tante gegenüber irgendwas gesagt?
Was hätt ich sagen sollen? Es gehört sich nicht, zurückzuklauen, was ich dir geklaut habe? Außerdem war’s echt nicht schlecht, wie sie mir immer einen Schritt voraus war. Und keine Energie mit Geschrei verplempert hat. Ich fand’s irgendwie, ich weiß nicht, effizient.
Aber es war auch frustrierend. Falls es noch nicht klar sein sollte – es gab für mich nicht gerade viel zu tun in Siesta Corta, und zog man alles ab, was ich nicht tun durfte, wurde das Leben ziemlich schnell ziemlich öde.
Der Tiefpunkt kam so um den zehnten Tag rum. Onkel und Tante hatten keine Glotze – natürlich nicht –, aber sie hatten jede Menge Bücher im Haus, und aus lauter Verzweiflung hab ich eines Tages angefangen, in ihrer Bibliothek rumzuwühlen. Dass Sie jetzt keinen falschen Eindruck kriegen: Ich bin keine Analphabetin, und ich bin auch nicht direkt gegen Bücher allergisch, wie das manche Leute sind, aber trotzdem, auf der Liste meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen rangierte Lesen von anspruchsvollerem Zeug als Tiger Beat irgendwo im Umkreis von Federball spielen und Karamellbonbons kochen. Aber da hockte ich doch tatsächlich an einem völlig einwandfreien Freitagnachmittag in einem Sessel mit einem Nancy-Drew-Krimi auf dem Schoß.
Ich hätte nicht gedacht, dass Sie ein Nancy-Drew-Fan waren.
War ich ja auch nicht. Ich war ein Pamela-Sue-Martin-Fan. Sie war die Schauspielerin, die Nancy Drew im Fernsehen spielte – gespielt hatte, bis man sie als Unruhestifterin aus der Serie rausgeworfen hat. Sie war eins meiner Rollenvorbilder. In der Glotze war sie Miss Sauberfrau, aber im wirklichen Leben hatte sie den Ruf eines bösen Mädchens, das sich von niemand was bieten lässt. Sie war im Playboy gewesen und hatte Filme ab 18 gedreht – erst in dem Jahr hatte sie in Die Frau in Rot John Dillingers Freundin gespielt. Wegen Pamela Sue Martin hatte ich mir Nancy Drew also als verkappte »schlechte Saat« vorgestellt, als weit cooler, als ihr überhaupt zustand.
Das Buch erwies sich als total jugendfrei, aber die Geschichte packte mich trotzdem mit Haut und Haar, und als ich zum ersten Mal
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