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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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seinem Blick stand, sorgte dafür, dass er mich mit zweideutiger Abscheu nach unten blicken sah, dann wieder auf zu ihm.
    »Keine Trickserei«, sagte Murdoch. »Du solltest wissen, mein Freund, sie hat eine Vorgesch–«
    Murdochs Handy klingelte. Er schaute nach. Musste drangehen. »Sir?«, hörte ich ihn sagen, dann tat er einen Schritt zurück aus dem Licht.
    »Bitte nicht«, sagte ich. »Bitte … bitte …« Ich ging in die Knie, glitt zu Boden. Er schlug mir hart in den Mund. Meine Unterlippe platzte an meinen Zähnen. Ich schrie auf. Er war aus dem Gleichgewicht gekommen, wurde bei dem Versuch, mich aufrecht zu halten, nach unten gezogen, ließ meine freie Hand los.
    Der schreiende Zwang hieß, ich solle meinen Schritt sofort wagen, doch ich widerstand. »Oh Gott«, flüsterte ich schluchzend. »Oh Gott, oh Gott …«
    Ich stellte mir meine Mutter vor, wie sie dabeistand. ›Verkauf ihm die Idee, dass du nicht kämpfen wirst, Engel. Na los, verkauf sie ihm. Das kannst du. Dieser Scheißhaufen hat doch keine Ahnung. Dieser Scheißhaufen ist doch nur ein Mensch.‹
    Wieder schlug er mich, ein Gefühl wie damals, als ich Laurens Betonstufen hinunterfiel und mir den Kopf an einer der Platten aufschlug. Lauren war bei einer Verabredung vergewaltigt worden, da war sie dreiundzwanzig gewesen. Wir redeten darüber, sie hatte versucht, das Ganze wie ein durchgeknalltes Abenteuer wirken zu lassen, wie eine Nacht mit einem lachhaft fürchterlichen Kerl, der all das Falsche sagte und tat und ihr sogar ein Glas übers Kleid geschüttet hatte – dann war sie plötzlich aufgesprungen und ins Bad gerannt, ich war ihr gefolgt und fand sie vor, wie sie sich übergeben musste, und selbst dann dauerte es noch Ewigkeiten, bis sie nicht mehr versuchte, die ganze Angelegenheit als einer ihrer wilden Eskapaden wegzulachen und sich rundheraus zu weigern, das Ganze bei der Polizei zu melden.
    Er knöpfte mir die Jeans auf und benutzte – während ich völlig willenlos wimmerte und mein Gesicht von Blut und Rotz verschmiert war – beide Hände dazu. Seine Erregung kochte schier über. Es war, als würde er hörbar wortlos eine Beschwörungsformel in sich hineinmurmeln. Ich erinnerte mich noch an Mas Exemplar von Der weibliche Eunuch . »Frauen haben keine Ahnung, wie sehr Männer sie hassen.« Das stimmte heute nicht mehr. Meine Generation hatte ein ganz gute Vorstellung davon. Meine Generation hatte beschlossen, das mehr oder weniger cool zu sehen. Ja, Männer hassen Frauen. Irgendwie … interessant. »Es gibt nur zwei Sorten von Kerlen«, hatte Lauren gesagt. »Die Sorte, die sich beschissen fühlt, dich herabzuwürdigen, und die Sorte, der das egal ist.« Da bleibt einer Frau nur die Wahl, sich erniedrigen zu lassen und es zu hassen, oder irgendwie einen Weg zu finden, die Erniedrigung zu genießen. Oder aber nichts mit Kerlen zu haben.
    Ganz langsam schob ich die freie Hand in die Jackentasche und zog den Eyeliner heraus. Ich beugte meinen Kopf vor und schluchzte an seiner feuchten Brust. Meine Stirn berührte den Christophorus, was das Opfer in Lucys Haus in Erinnerung rief, meinen eigenen Bestandskatalog an Schlächterei. Wolf aufmerksam still, fasziniert. Die Geisterkiefer bewegten sich in meinen. Die Nerven sprangen mir unter die Nägel. »Pass genau auf, Engel«, sagte meine Ma. »Glaub daran, dass du es kannst, und pass genau auf. Ich bin so stolz auf dich.«
    Er hatte die Knöpfe an meiner Hose auf und schob seine heiße Hand in meinen Schlüpfer. Schwielige Hände. Ich fragte mich, was diese Hände wohl in ihrem anderen Leben taten, wenn es denn ein anderes Leben gab. Dann legte ich mein freies Bein um seinen Oberschenkel, packte fester zu, ging noch schnell eine Reihe von Kalkulationen durch und sagte: »Hey.«
    Er sah mich an.
    ›Große Augen‹, dachte ich. Gut. Das linke Auge noch ein wenig größer.
    Also nahm ich das.

56
    Hart, tief, akkurat, schnell. Hornhaut, Pupille, Linse. Die meisten Leute würden es verfehlen, weil ihnen das Konzept nicht klar ist. Mir war das Konzept völlig egal. Deshalb verfehlte ich nicht. Ich traf den Augenhintergrund und zog den Eyeliner heraus, mein freies rechtes Bein um seins gewickelt wie in einer Tangopose. Sein Aufschrei griff mein Gesicht mit heißem Atem an, der Dehydrierung verriet, Nikotin, Kaffee, ein Samosa. Da sein Reflex, von mir zu weichen, durch mein Bein gebremst wurde, dehnte sich der Augenblick, ich war heiß, er durchlitt die Ablösung durch Schock. Er

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