Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
vom Hunger getriebenen Werwölfe zu spüren. Der Hunger wirkte allerdings in zwei Richtungen: Gab man ihm nicht nach, befeuerte er die Raserei; sah er sich lebender Beute gegenüber, vergaß er alles andere. Flattermänner waren kein Futter (sondern tatsächlich Gift), aber die Handvoll umhereilender menschlicher Vertrauter war es. Im Augenblick waren mein Wille und Lorcans Angstgeruch eine schwache Leine, die das Rudel zusammenhielt, aber es gab keine Garantie dafür, dass sie auch hielt. Die Luft war ein Wirbel aus Gerüchen von Vampirblut, menschlichem Fleisch und unserem eigenen deutlich wölfischen Gestank. Ich sah, wie Walker einem Schüler mit einem einzigen Schwung der Krallen den Kopf abriss. Fergus sprang, um den weißhaarigen Priester mitten im Flug abzufangen (ein Basketballangriff), pfählte ihn, verhakte sich mit dem Handgelenk in den Rippen, fiel zu Boden, zog seinen Arm mit offener Knochenwunde heraus.
    Meine Hände bluteten. Die Kabel hatten mir feurige Striemen in die Handflächen geschnitten. Es war nur noch ein Kabel übrig. Plötzlich spürte ich die heißen Hände meines Sohnes, die sich in mein Rückenfell krallten.
    Mutter.
    Anspruch. Vergebung. Forderung.
    ›Gleich geschafft, Engelchen.‹
    Der enthauptete Körper eines Vampirs segelte über meinen Kopf und krachte gegen Cloquets Stahlsäule. Cloquet, dem die Hände gefesselt waren, schubste ihn mit den Füßen weg.
    ›Erst mein Sohn. Keine Sorge. Ich schaff dich raus.‹
    Jemand stand in der Nähe. Ich blickte auf.
    Marco stand zwei Meter entfernt, zündete sich eine Zigarette an und beobachtete mich. Hinter ihm hatte Walker es zu Konstantinov geschafft und war dabei, ihn loszumachen. Der Lärm – die Schlachthof- oder Folterkammer-Tonspur des Raumes – wirkte gedämpft, so als würde ich meinen Kopf unter Wasser halten. Aus Marcos Gesicht war nicht aller Schalk gewichen, aber doch genug, um Platz für ein zwinkerndes Erkennen zu schaffen – halb Einladung, halb Provokation –, ein Blick, bei dem ich mir merkwürdig klein und endlich und erkannt vorkam. Beängstigend jung. Das erinnerte an Jacquelines »Oh, mein Gott«, an den momentanen Verlust von lenkender Intelligenz auf ihrem Gesicht.
    Marco deutete mit einem Blick an, dass ich nach links schauen sollte. In diesem Augenblick kehrte auch der Lärm zurück – und ich drehte mich zu spät um, konnte einem riesigen Vampir mit Bürstenschnitt nicht mehr ausweichen – eins vierundneunzig, vielleicht 125 Kilo –, der wie ein Amboss auf mich herabstürzte, mir das Kabel aus der Hand riss (ich spürte, wie mir ein Stück Haut aus der linken Handfläche abscherte, so als würde jemand die Mutter aller Pflaster abreißen) und mit mir vom Altar die Stufen hinunterstürzte. Er hatte sich ein Spinnennetz aufs Gesicht tätowieren lassen. Fauliger Fleischatem und der Schweinemistgestank seiner Haut füllte mir Mund, Nase, Kopf, mich ganz. Sein Spitzname lautete sicherlich Geronimo oder Banzai oder Mad Dog. Er war ein grinsender Idiot, dessen einzige Glaubwürdigkeitsmasche darin bestand, völlig irrsinnige Stunts hinzulegen. Er war genau auf mir gelandet. Sein linker Arm lag über meiner Luftröhre, die Finger seiner rechten Hand hatten sich tief in meine linke Brust gebohrt. Er war dabei, sie abzureißen. ›He, schaut mal: eine echte Werwolftitte!‹ Meine linke Seite war von dem Sturz in singenden Schock verfallen (ich hatte mir auf den Stufen drei oder vier Rippen gebrochen), aber mein rechter Arm war frei und voll funktionstüchtig. Ich griff mit meinen glasscharfen Fingernägeln hart ins weiche Fleisch seiner Flanke, machte eine Drehbewegung, bis ich durch den Muskel in die feuchte Intimität seiner mutierten Organe vorgedrungen war. Ich packte eine Handvoll von was auch immer – wenn es Gedärme waren, dann hatten sie die Konsistenz von Hackfleisch mit Vaseline –, drehte wieder und riss so fest ich konnte. Zwei Sekunden Widerstand – dann riss es ab, kam in meiner Hand frei und ließ einen plötzlichen Strom dunkles Blut pumpen, der nach reinstem Abwasser stank. Mad Dog schrie und verlor für einen Augenblick seine Willenskraft. Lang genug, um meine Hand wieder in das Loch zu stopfen, das ich gerissen hatte, gegen die Wirbelsäule zu drücken und ihn mit einem Druck meiner Hüfte auf den Rücken zu werfen. Ich hatte nur eine Sekunde, aber mehr brauchte ich nicht. Ich biss ihm in den Hals, ›kein Blut schlucken‹, drückte die Kiefer fest zusammen, schob ihm zwei Finger

Weitere Kostenlose Bücher