Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
anzuziehen, so weit dies mein noch immer dicker Bauch zuließ. Blut legte sich in einer Pfütze um meinen Hals wie eine Cartoonsprechblase. Cloquet hustete und stöhnte, dann verstummte er wieder.
    Ich wurde ohnmächtig.
    Als ich erwachte, war die Tür geschlossen, und mindestens zwanzig Wölfe lagen im Kreis um mich. Ihre Wärme deckte mich zu, bis auf die kalte Luft die durch das kaputte Fenster drang. Ich zog den letzten Spieß heraus, und frisches Blut drang aus der Wunde. Dann hatte ich wieder einen Krampf – und mit ihm kam die Erkenntnis, dass der Grund für das Gefühl, noch immer Wehen zu haben, die Tatsache war, dass ich noch immer Wehen hatte.

10
    Mein Sohn, bei dem ich das Recht verwirkt hatte, ihm einen Namen zu geben, wurde in Gewalt und Tod hineingeboren. Seine Zwillingsschwester, die ich Zoë nannte, wurde in die Wärme von Wölfen hineingeboren.
    Nachdem ich sie zur Welt gebracht hatte, schlief ich ein. Trotz der festen Überzeugung, dass die Vampire wieder zurückkommen würden, fiel ich in die Dunkelheit und ließ mich von ihr umgeben. Es war wunderbar, sich so fallenzulassen. Ich erinnere mich noch, ich habe ihr die Schnauze saubergeleckt, mich auf die Seite gedreht und sie nah an meine Brust gehalten. Und ich erinnere mich noch, wie drei Wölfe die Leiche und den Kopf des Vampirs hinaus in den Schnee zerrten.

    Schwer zu sagen, wie lange ich ohnmächtig war. Minuten vielleicht, oder Stunden. Es dämmerte jedenfalls, als ich aufwachte. In menschlicher Form.
    Mit einem Menschenbaby in den Armen.
    Ich hatte die Verwandlung verschlafen.
    Ich dachte, wie erschöpft ich wohl dafür gewesen sein musste, wie verletzlich, wenn –
    Moment. Sie auch: Sie hatte sich verwandelt. Kein Anzeichen von Trauma. Zoë war wach, still, blinzelte mit dunklen Augen in ihrem blutigen Gesicht.
    Und plötzlich überfiel es mich.
    Was sie getan hatten.
    Wie eine vorsichtige Vergewaltigung.
    Und ich hatte es einfach zugelassen.
    Vor ein paar Jahren hatte ich einen Bericht über eine Gruppe von Müttern aus dem sozialen Wohnungsbau in New Jersey gesehen, die angeklagt worden waren, einen Nachbarn angegriffen zu haben, als sie herausfanden, dass er im Register der Kinderschänder stand. Eine von ihnen hatte wiederholt gesagt: »Wenn du töten musst, um deine Kinder zu beschützen, dann tötest du. Du hast doch kein Recht, dich Mutter zu schimpfen, wenn du zum Schutz deiner Kinder nicht töten würdest. Du hättest noch nicht mal das Recht auf Kinder, wenn du für sie nicht töten würdest.« Der Mob Frauen um sie herum war hingerissen, die Gesichter vor Rechtschaffenheit aufgedunsen. »Was bist du denn für eine Mutter, wenn du für deine Kinder nicht töten würdest?«
    Ich lag still da. Die molekulare Erneuerung kribbelte in meinen Wunden. Meine Jacke bedeckte mich und das Kind halbwegs. Ein grauer Wolf lag dicht an meinem Rücken, warm und weich. Ein anderer lag nahe an meinem Oberkörper und hielt das Baby kuschlig. Das Zimmer pulste vor Wolfsrudelbewusstsein, der Hitze der Tierleiber und der Nichtstille des Schneefalls. Alle Kadaver waren beseitigt, die Tür zugedrückt worden. Frieden war wieder in meine Gebärmutter eingekehrt, und einen Augenblick lang fühlte ich mich klein, hatte Mitleid mit mir selbst, war dankbar.
    Doch dann war es wieder da, wie ein Reflex. Was sie getan hatten. Und ich hatte es einfach zugelassen.
    Tierfilme verweilen gern bei dem Entsetzen, wenn die Mütter ihre Nachkommen verstoßen. Das mechanisch grasende Mutterschaf, das taub ist gegenüber den Schreien des zitternden Lämmchens. Ich hatte mich diesem Club angeschlossen. Wie bei allen erschreckenden Entdeckungen gab es auch eine aufregende Seite – und ein Gefühl von déjà-vu . Und wie bei allen erschreckenden Entdeckungen konnte ich nichts anderes tun als sie zu akzeptieren, wie in dem Augenblick, wenn die Friseurin den Spiegel hält und dir zum ersten Mal den Hinterkopf zeigt.
    Als ich mich rührte, um das Kribbeln und Stechen im linken Bein zu besänftigen, spürte ich etwas Feuchtes, Weiches zwischen meinen Schenkeln. Die Plazenta wird fünf bis fünfzehn Minuten nach der Geburt abgestoßen. Zwei in diesem Falle. Zoës Nabelschnur war noch an ihrer Plazenta – wieder Panik –, bis mir einfiel gelesen zu haben, dass das nichts machte: Die Nabelschnur löst sich von allein, wenn man sie in Ruhe lässt. Nur die Ärzte hatten es eilig, alles abzuschneiden und zu verpflastern, es warteten schließlich Squash und Callgirls. Es

Weitere Kostenlose Bücher