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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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ich, dass sie nicht allzu lange schlafen würde. Der Gedanke an all die Vorkehrungen, die ich zu treffen hatte, ärgerte mich. Ihr Kind wird gefoltert, und was macht sie – vögelt rum! Herrje!
    »Das ist doch Wahnsinn«, wiederholte Cloquet. »Ich hoffe, das ist dir klar?«
    »Tut mir leid. Ich muss hier sein.«
    Ich hätte nicht hier sein sollen, sondern im Hotel in Kensington, mit dem Baby. Das Baby schlief in der Babytrage, die ich mir vor die Brust geschnallt hatte. Seit dem Kidnapping fand ich es verstörend, allein mit dem Kind zu sein. Allein mit ihr drohte die Liebe. Allein mit ihr kam die Liebe zu mir wie der Teufel und versuchte mich. Ich wagte nicht hinzuschauen, musste mich irgendwie ablenken. Ich musste an den Satz aus dem Alten Testament denken: »Aber der Herr verstockte das Herz Pharaos.« So etwas konnte man also tatsächlich tun, dachte ich, sein Herz verstocken lassen.
    »Das ist völlig unnötig, verdammt.«
    »Sei still. Ich weiß es. Tut mir leid.«
    »Wenn ich hineingehe, bleibst du hier.«
    »Ich weiß.«
    »Ich meine es ernst. Im Wagen.«
    »Ja. Ich weiß.«
    Cloquets Augen waren rot. Wir litten beide unter Jetlag. Er gewöhnte sich das Morphin ab, und das machte ihn leicht reizbar. Draper, ein gelernter Sanitäter, hatte sich die Schulterwunde angeschaut, fand sie gut vernäht und entzündungsfrei und hatte ihm für eine Woche Antibiotika gegeben.
    Khans Stimme kam über den Kopfhörer. »Hören Sie mich?«
    »Ja.«
    »Okay, wir gehen rein. Bleiben Sie, wo Sie sind. Kein Funkkontakt. Wir melden uns, okay?«
    Wir schauten ihnen nach, bis sie um die Ecke verschwanden. Fünf Minuten vergingen, zehn, fünfzehn. Der enge Raum im Corolla füllte sich mit unserem Warten. Ich war im Kopf mit der Frage beschäftigt, die mir am Morgen unseres Abflugs aus Anchorage eingefallen war und seitdem allen Platz eingenommen hatte: Wozu hatten die Vampire meinen Sohn entführt? Die erste Antwort – dass sie ihn für das Projekt Helios haben wollten – hielt genauerer Betrachtung nicht stand. Wenn ich davon ausging, dass Jake recht hatte, dann schleppten die Werwölfe seit mindestens hundertsiebzig Jahren einen Virus mit sich, der es ihnen unmöglich machte, den Fluch weiterzugeben. Statt sich zu verwandeln, starben Bissopfer innerhalb von zwölf Stunden. Vampire , die von infizierten Werwölfen gebissen worden waren, überlebten allerdings nicht nur, sondern zeigten auch noch eine höhere Toleranz gegen Sonnenlicht. Daher die gewachsene Bedeutung von Werwölfen für das Helios-Projekt.
    Aber ich war nicht infiziert. Das Serum der WOKOP tötete den Virus in frisch gebissenen Opfern ab (ob es auch den Werwölfen selbst half, hatten sie nicht feststellen können, obwohl ich mich undeutlich daran erinnerte, wie Ellis Jake gesagt hatte, dass sie ihm ab und zu etwas davon in die Drinks gemischt hätten), ich war der lebende Beweis dafür. Es gab allerdings keinen Grund anzunehmen, dass die Vampire das wussten. Für sie war ich nur eine Werwölfin. Werwölfe trugen den Virus. Der Virus verlieh Resistenz gegen Sonnenlicht. Also war ich ein wertvolles Forschungsobjekt.
    Aber sie hatten nicht mich mitgenommen, sondern mein Kind. Also, noch mal: Wozu?
    Offenbar hatten sie gewusst, dass ein Kind unterwegs war, wozu sonst der Sack, der Kuhtreiber, die Fangstange? Zweifellos hatten sie ein, zwei Agenten der WOKOP auf ihrem Lohnzettel, was erklären würde, woher sie wussten, dass ich schwanger war (wenn auch nicht, woher sie wussten, wann meine Wehen einsetzen würden), aber wenn das stimmte, dann würden sie doch wohl auch wissen, dass ich – bekanntermaßen – nicht den Virus hatte? Und wenn ich den Virus nicht hatte, dann waren die Chancen hoch, dass meine Nachkommen ihn ebenfalls nicht hatten.
    Was also hatten sie mit Lorcan vor?
    Auf dem Flug aus Alaska hatte ich das alles Cloquet vorgekaut, aber auch er hatte keine Idee gehabt. Sagte er zumindest. Er hatte ein wenig abgelenkt gewirkt. Damals hatte ich das auf seine großen Schmerzen zurückgeführt (für das Morphin hatten wir kein Rezept, deshalb musste er an Bord mit Ibuprofen auskommen), doch seitdem hatte ich mich gefragt, ob da noch etwas anderes dahintersteckte.
    Und noch etwas bereitete mir Sorgen. Seit unserer Ankunft in London hatte ich mehrmals das Gefühl gehabt … nicht beobachtet zu werden, sondern von etwas Unsichtbarem, das in meiner Nähe vorbeistreifte. Ich bekam eine Gänsehaut davon. Auf der Straße vor dem Hotel war ich stehen geblieben

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