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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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verkohlte Landkarte oder ein Tagebuch, aber hier fand sich nichts. »Suchen Sie nach einem Computer«, forderte ich. »Laptop, Handys. Wir müssen das Haus gründlich –« doch in diesem Augenblick hustete Zoë und fing an zu weinen.
    »Wir verschwinden«, erklärte Draper. »Jetzt.«
    »Warten Sie –«
    »Keine Widerrede, erinnern Sie sich?«
    »Sie muss nur gefüttert werden«, sagte ich, aber die beiden gingen schon zum Flur. »Warten Sie!«, zischte ich. »Khan! Stopp!« Erstaunlicherweise tat er es. »Ich bezahle dafür«, sagte ich.
    »Niemand hat was von Frauen und Kindern gesagt. Niemand hat was von heulenden Babys gesagt, okay? Das stand nicht im Auftrag. Wenn Sie bleiben wollen, von mir aus. Aber Sie haben hier vier Leichen und einen Alien an der Hacke, dazu ein weinendes Kind, und wer weiß, wer hier jeden Augenblick auftaucht, verdammt, also rate ich dringend davon ab. Seien Sie nicht dumm, gehen Sie mit uns, jetzt.«
    »Ich gehe erst, wenn wir alles gründlich durchsucht haben«, widersetzte ich mich.
    Draper wäre vielleicht geblieben, dachte ich. All diese stille Männlichkeit. Stattdessen warf er mir nur ein entschuldigendes Lächeln zu, das besagte, er würde dieses Spielchen gleich abbrechen, er habe auch noch ein anderes Leben (ich sah ein Mäuschen von Frau, die er liebte, ein kleines Haus in der Mitte von Nirgendwo, Freude an kleinen Dingen), und in Sekundenschnelle waren Khan und er verschwunden. So viel zu Aegis. So viel zu Charlie Proctor und den Leuten, denen ich vertrauen konnte. Ich fragte mich, wer sich noch als Niete herausstellen würde.
    »Ich füttere sie«, erklärte ich Cloquet, »du suchst weiter.«
    »Ich suche weiter? Wonach? Zettel mit geheimen Vampiradressen am Kühlschrank?«
    »Hör mal«, holte ich aus und hielt mir Zoë an die Brust, »Jacqueline wusste, dass du Merryn kanntest. Merryn wusste, wohin sie meinen Sohn gebracht haben. Jacqueline hat Merryn umgebracht, damit er nicht mit dir reden kann. Das ist alles. Und könntest du dich jetzt bitte mal umschauen, ob du irgend einen Hinweis findest?«
    »Das ist alles? Was ist damit?«
    Damit meinte er den toten Vampir.
    »Keine Ahnung. Vielleicht hat Merryn es geschafft, einen von ihnen zu pfählen. Vielleicht gab es noch einen Wachmann, der davongekommen ist. Such einfach!«
    Früher mal hätte es eine hypothetische Liste an Dingen gegeben, die zu tun ich mir nicht hätte vorstellen können. Irgendwo hätte gestanden: einem Baby die Brust geben in Gesellschaft von fünf Leichen, eine davon die eines Vampirs. Nun saß ich in dem ergonomischen Lederdrehsessel am Schreibtisch, Zoë trank, und ich fand daran nichts merkwürdig. Die Milch kam aus irgendeiner anderen Dimension durch mich zu ihr, wie ein elektrischer Strom. Ein Mikroklima körperlichen Friedens legte sich um uns, doch mein Verstand arbeitete rasend weiter. Ich hatte mir meine Erklärung für Merryns Tod schnell zurechtgelegt, aber glaubte ich sie auch? War es wirklich wahrscheinlich, dass Merryn irgendetwas gewusst hatte? Cloquet zufolge hatte er sich (neben dem Handel mit gestohlenen Antiquitäten) auf Vampirliteratur spezialisiert. Er war dem Expertentum über Vampire so nahe gekommen, wie dies nur menschenmöglich war. Ich warf einen Blick auf das nächstgelegene Bücherregal. Die Geschichte Mesopotamiens, Archäologie, Altertümer, seltene Münzen, Stempel. Nichts Ungewöhnliches. Ich stellte mir vor, mein Sohn würde dies alles sehen: Seine Mutter folgte falschen Spuren, geriet in Sackgassen, nahm falsche Fährten auf, vergeudete Zeit und Energie, während er … während er –
    ›Schluss damit. Das ist nicht hilfreich. Du musst an ihn wie an einen Gegenstand denken. Wie bei der Geburt.‹
    Zoës Hand steckte in meinen Haaren fest. Ich sah zu ihr hinunter. Sie hatte Jakes lange Wimpern. Die Glückliche. In der Villa in Los Angeles würde sie eines Sommers eine Knöchelkette aus Koralle tragen und überrascht sein, dass es mir egal ist, ob sie sich tätowieren lässt, allerdings würde ich sie warnen müssen, dass sie es die nächsten vierhundert Jahre tragen würde. Anfangs würde sie nur irgendwelchen Schund lesen, doch eines Tages würde ich einen Band Emily Dickinson oder ein Exemplar vom Fänger im Roggen auf ihrem Nachttisch finden. Wenn sie aus dem Pool stiege, würde die Sonne auf ihren nassen Schulterblättern glitzern. Sie würde nicht um die Zeit vor dem Fluch trauern, weil es für sie keine Zeit vor dem Fluch gab. Ich würde sie dazu

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