Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
und hatte mich in der Erwartung umgedreht, jemanden zu sehen, den ich kannte – aber da war niemand gewesen. Ich hatte nichts davon zu Cloquet gesagt. Es war immer wieder passiert – und nun konnte ich an nichts anderes mehr denken.
    Klick-kratz, machte mein Kopfhörer.
    »Hören Sie mich?«, fragte Khan.
    »Ja«, antworteten wir beide.
    Pause.
    »Sie sind alle tot.«
    »Was?«
    »Fünf Leichen. Die beiden Wachen, die Haushälterin und Merryn …«
    Einen Augenblick lang glaubte ich, Draper und Khan hätten ihren Auftrag vollkommen missverstanden und würden uns mitteilen, sie hätten ihre Aufgabe erfüllt und alle im Haus umgelegt.
    »Und dann noch … ach, keine Ahnung. Könnte eine Leiche sein. Eigentlich handelt es sich um schwarzen Schleim mit Stücken drin. Sieht aus, als hätte da was im Säurebad gelegen.«
    Cloquet und ich sahen uns an. Vampirleiche.
    »Wie sind die anderen umgekommen?«, fragte Cloquet.
    »Die beiden Gorillas haben aus kurzer Entfernung je eine in den Kopf bekommen. Die Haushälterin und Merryn … Ich weiß nicht genau. Große Hals- und Oberschenkelwunden. Massive Blutungen. Und der Typ im Säurebad, also, bei dem habe ich nicht die leiseste Ahnung. Sieht aus wie ein Alien. Wir müssen hier verschwinden, und zwar pronto . Die CDs aus den Kameras sind weg, und das System ist aus, wenn wir also großes Glück haben, enden wir nicht als Verdächtige in einem Mehrfachmord.«
    »Moment«, sagte ich, dann zu Cloquet: »Du musst rein und nachschauen.«
    »Vergiss es.«
    »Es gibt eine Vampirleiche.«
    »Na und?«
    »Sei kein Idiot. Wir müssen nachschauen. Wir müssen.«
    Cloquet schloss die Augen und ließ seinen Kopf nach hinten gegen den Sitz sinken. Er sah aus, als müsse er dringend mal eine Woche schlafen.
    »Khan?«, sagte er ins Mikro.
    »Hier.«
    »Ich muss mal da rein, mich umschauen.«
    Ich erahnte, dass Khan sein eigenes Mikro zuhielt und sich mit Draper verständigte.
    »Fünf Minuten, dann sind wir weg. Haben Sie Handschuhe?«
    »Nein«, mussten Cloquet und ich eingestehen.
    »Keine Sorge, wir haben noch welche. Rühren Sie nur ja nichts an. Gehen Sie …«, etwas Gedämpftes nur für Draper, »… gehen Sie zusammen rein?«
    »Ja«, erklärte ich.
    »Nein«, widersprach Cloquet.
    »Roger«, sagte Khan. »Die Vordertür ist offen. Passen Sie auf das Blut auf.«

16
    Cloquet paffte eine ganze Zigarette, während wir zum Haus gingen. Windböen peitschten den Regen rings um uns und pusteten ihn in unsere Gesichter. Ein Jogger im Trainingsanzug mit einem Collie an der Leine kam vorbeigelaufen; er wirkte schlecht gelaunt. Zoë, geschockt vom plötzlichen Verlust der Wärme im Wagen, wachte stumm auf. Onyxschwarze Babyaugen in der Dunkelheit. Das war ihr erster Regen. Eins der unzähligen ersten Male, die die Welt zu bieten hatte. Auch ihr Bruder würde erste Male erleben, wenn er nicht schon tot war. Das Bild, wie Jacqueline ihm einen Draht ins Auge bohrt, stand direkt vor mir. Denk nicht daran. Aber man kann nicht nicht daran denken. Daran zu denken steckt schon in der Aussage, nicht daran denken zu sollen. Ich sah ihn vor mir, Arme und Beine ausgebreitet auf einen stählernen Untersuchungstisch geschnallt, Kopf festgebunden und mit Maulkorb versehen, die Augenlider mit Klammern aufgesperrt, das Fell heiß und feucht. Jacqueline führte den Stich ohne Betäubung aus. Er schrie, konnte sich nicht rühren. Vampire in Laborkitteln machten sich Notizen. Diese Schreckensbilder sah ich jetzt ununterbrochen. Das machte keinen Unterschied, redete ich mir ein: Mein Projekt lautete noch immer, ihn zurückzuholen. Ein Glück, dass ich nichts für ihn empfunden hatte, redete ich mir ein, stellen Sie sich mal vor, was ich bei diesen Bildern sonst fühlen müsste. Stellen Sie sich mal vor.
    Zoë nieste mich ganz leise an. Die Nacht roch nach feuchten Blättern und Asphalt. Der Regen fiel schräg durch die Halos der Straßenlaternen. Wir gingen schnell.
    Die Vorderseite von Merryns Grundstück wurde durch eine hohe Steinmauer begrenzt, aber die eisernen Tore am Bürgersteig standen auf. Eine kurze, mit Ziegeln gepflasterte Zufahrt führte in einer einzigen Kurve zwischen kleinen, mit Sträuchern bepflanzten Rasenflächen zur Vorderseite des großen weißen Hauses. Georgianisch? Edwardianisch? Ich kannte mich in solchen Dingen nicht aus. Es sah so aus, als könnte es auf die Zeit der gepuderten Perücken und Pferdekutschen zurückgehen, aber was mich anging, mochte es auch letztes Jahr gebaut

Weitere Kostenlose Bücher