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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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würde das sicherlich nicht tun, als ich sie zum Fenster drehte, wo der hocherfreute Vollmond ihren daunigen Kopf in einer Silhouette zeichnete. Ich würde das sicherlich nicht tun, denn es musste doch etwas geben, das ich nicht tun konnte. Es musste doch ein paar Dinge geben, die ich nicht tun konnte.
    Einen Augenblick lang war dieser Gedanke faszinierend, so klein und lebendig wie eine einsame Schwimmerin in einer dreihundert Meter hohen Wand aus Wasser in einer Flutwelle. Alles hing davon ab. Es musste doch Dinge geben, die ich nicht tun konnte.

    Du willst nicht wissen, was du tust. Du willst den Schwächeanfall, den Sturz ins Dunkle, die Auslöschung all dessen, was nicht das Ungeheuer ist. Ich stand unter Drogen und mir wurde auf obszöne Weise mitgespielt. Doch solches Glück hatte ich nicht. Du schaust auch nicht hilflos zu, wie das Ungeheuer Amok läuft. Der Fluch besteht auf vollster Konzentration. Du und der Wolf, das geht nicht. Nur der Werwolf, allein und unteilbar. Und wer ist der Werwolf anderer als du?

    Sie würde in fünf Sekunden tot sein. Ich würde spüren, wie ihr Brustbein nachgab und mein größter Fangzahn ihr Herz punktierte, während der Nachbar mit einem deutlich hörbaren Seufzer durch ihre Lunge bohrte. Auch in mir würde etwas kaputtgehen, ein winziger Knochen in der Seele, durch dessen Zerbrechen das ganze gottlose Universum eindringen würde. Ihr Blut würde warm und süßsauer und leer sein und voller Unschuld in mir verschwinden, zu jung, um zu wissen, dass es vergossen wurde. Im alten menschlichen Leben war Bedeutungslosigkeit eine Vorstellung, eine Ahnung, eine Philosophie. Hier und jetzt, mit dem Blick durch die Vision von Delilahs Fünf-Sekunden-Tod, war sie eine Tatsache. Niemand schaute zu. Niemand führte Buch. Nichts. Nur eine riesige mathematische Stille. Da war nichts, also gab es auch nichts, was ich nicht tun konnte. Selbst das Schlimmste. Vor allem das Schlimmste.
    Und wir, also Delilah, mein ungeborenes Kind und ich, wussten, dass es bald nur noch eins geben konnte, was das Schlimmste war.
    Ich hielt sie vor meine Schnauze, meine großen Pratzen bildeten eine düstere Wiege. Sie widersetzte sich nicht, gurrte nur leise, strampelte mit dem rechten Bein, und der plumpe kleine Fuß sah aus wie ein Stück Lokum. Jennifer in mir schrie, ein winziges neurales Kitzeln.
    In diesem Augenblick fuhr ein Wagen in die Einfahrt, brachte alles aus dem Gleichgewicht (das einzige austarierte Gleichgewicht, das ich je erzielt hatte) und rettete Delilah Snow das Leben.

Dritter Teil
    Knutschflecken
In dieser Stadt braucht eine Frau zwei Mösen, eine fürs Geschäft und eine fürs Vergnügen.

Jerzy Kosinski  – Der Teufelsbaum

15
    In der Nacht, bevor unser Schwindlertreffen mit Althea Gordon stattfinden sollte, saß ich mit Cloquet in einem gemieteten Corolla um die Ecke von Vincent Merryns großem freistehenden Haus in Royal Oak, West London. Es regnete. In der City waren die ersten Blätter gefallen.

    Ungeheure mathematische Stille und undurchdringliche Dunkelheit. Ja. Für eine Weile. Doch irgendeine perverse Schwerkraft hatte mich zurückgeholt, zu den Einzelheiten des Hotelzimmers, zu dem eitrigen Geschwür des vollen Bewusstseins. In jener Nacht im Grand Hotel in Anchorage wieder zu mir zu kommen hatte sich angefühlt, wie aufzuwachen und zu wissen, dass man zum Tode verurteilt war. Ich hatte die Augen aufgeschlagen und ein Gefühl der Selbstaufgabe verspürt. Cloquet schlief noch. Zoë war noch immer wach. Sehr lange hatte ich dagesessen und sie in ihrer Wiege betrachtet. Ich hatte Angst, sie zu berühren.
    (Der Wagen, der Delilah Snow gerettet und mich verdammt hatte, gehörte, wie folgende Nachrichtensendungen verrieten, Amber Brouwer, Georges früherer Geliebten. Sie war vorbeigekommen, weil ihr Hund gestorben war und sie ein wenig getrunken und tränenreich festgestellt hatte, dass sie George vermisste. Ein toter Hund. Sentimentalität. Eine Einfahrt. Scheinwerfer, die über eine Schlafzimmerdecke huschten. Ein Leben, das nicht gerissen wurde.)
    Erst als meine Tochter die Augen schloss, legte ich ihr leicht meine Hand auf den Körper, spürte die winzigen Rippen, die Festigkeit, die Wärme, den Herzschlag und den schlafenden Wolf in ihr. Das alles und auch, wie wenig Anspruch ich auf all das hatte.
    Im Geiste hatte ich ein Gespräch mit meiner Mutter geführt.
    »Ma, was tust du, wenn du zu allem fähig bist?«
    »Nur weil du zu allem fähig bist, heißt das noch lange

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