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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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das garantierte Scheitern. Und ganz gleich, wie sinnlos es war, ich wusste, ich war nicht stark genug, nicht mutig genug, mich umzudrehen und einfach davonzugehen. Ich war eine schlechte Mutter, aber nicht schlecht genug, um für mich von irgendeinem Nutzen zu sein. Mir taten die Gliedmaßen weh. Cloquet saß mit gesenktem Kopf da. Er rannte in seinem Verstand umher und versuchte eine Tür zu finden, hinter der dies alles noch nicht geschehen war. Ich verstand schon, warum er mir nichts gesagt hatte. Ich hätte noch immer alles unternommen, was ich bisher getan hatte, aber vielleicht aus einer Verzweiflung heraus, die mich hätte unvorsichtig werden lassen. Die Wölfe hatten sich nicht geirrt. Meine Interessen lagen ihm am Herzen. Mein Gesicht und meine Hände waren voller ins Stocken geratener Wut.
    »Wie lange habe ich noch Zeit?«, fragte ich.
    »Bis zum 21. Dezember«, erklärte Walker. »Wintersonnenwende. Fällt dieses Jahr auf eine Mondfinsternis. Aber hören Sie, wir müssen noch darüber reden –«
    »Ich wollte dich nur beschützen«, sagte Cloquet. »Ich wollte nicht, dass du diesen Gedanken mit dir herumschleppen musst.«
    »Die Entscheidung lag nicht bei dir.«
    »Ich wollte nur –«
    »Die Entscheidung lag nicht bei dir, verdammt. Jetzt halt den Mund.«
    Mein Herz mühte sich. All diese neuen Informationen, die mein erschöpfter Stratege nur völlig panisch und nicht zielgerichtet handhaben konnte. Konstantinov und Walker saßen reglos da, Konstantinov mit einer knochigen, mit dunklen Haaren bedeckten Hand um das winzige Glas Wodka, Walker mit verschränkten Armen und vor sich ausgestreckten, an den Knöcheln überkreuzten Füßen. Der Wortwechsel zwischen Cloquet und mir hatte sie entzückt, Walker vor allem, der sah, wie ich einen Gang zulegte, wie die Leidenschaft aufflammte. Wieder sah ich die B-Movie-Höhle vor mir, den vielfarbigen Stalaktitendolch. Sollte mein Sohn für so etwas sterben? Hokuspokus? Brimborium? Magie? Aber natürlich waren wir alle magisch. Zoë. Konstantinov. Cloquet. Walker. Mein eigener verfluchter Kadaver – was war das, wenn nicht Magie? Es fühlte sich nur nicht so an. Es fühlte sich alles schwer vor Gewöhnlichkeit an. Der Wodka war eine unerwünschte Versuchung in meinen Fingerspitzen, noch so ein Hinweis darauf, was für eine nutzlose Mutter ich war.
    Ich musste Zoë die Windel wechseln. In der Tasche ihrer Babytrage steckten noch zwei Windeln. Ich wollte das nicht vor allen anderen tun, mit zitternden Händen: ›Schaut mal, Kinder, die Werwolfmami. Genau wie eine menschliche Mami, nur dass sie ihre Kinder nicht liebt und Menschen tötet und sie frisst.‹
    Ich zog eine Windel heraus. »Kann ich mich irgendwo darum kümmern?«
    Walker stand auf und nickte mir zu, ich solle ihm folgen. Wir waren auf dem Weg von der Haustür bis ins Wohnzimmer an drei kleinen Zimmern vorbeigekommen, von denen eins offenbar nicht genutzt wurde. Ein Einzelbett mit nackter Matratze, ein Nachttisch, ein windschiefer Ikea-Kleiderschrank. Ich öffnete Zoës Babytrage, nahm sie heraus und legte sie auf das Bett. Walker stand in der Tür. Sein Bewusstsein berührte mich an Hüften und Schlüsselbeinen, an Brüsten und Oberschenkeln. Das waren diese Augenblicke, in denen das Universum darauf beharrte, vollkommen pervers zu sein, keine andere Ausrichtung zu haben, keine Tricks: ›Kaum weiß sie, dass die ihren Sohn umbringen, erwacht bei ihr die Libido.‹ Es bedeutete nichts. Oder aber es bedeutete, was es immer bedeutet: Wir sind merkwürdige Kreaturen, und es gibt innere Wetterbedingungen, für die wir nicht verantwortlich sind. Keine drei Stunden, nachdem ich von Richards Affäre erfahren hatte, hatte ich mich wie wahnsinnig selbst befriedigt, hatte an die beiden zusammen in unserem Bett gedacht und einen ungeheuren Orgasmus gehabt. Was nicht heißen sollte, dass ich ihn nicht verachtete. Das war einfach nur etwas anderes. Ich erinnerte mich noch an das Susan-Sontag-Zitat aus Jakes Tagebuch: ›Was immer geschieht, es geschieht stets noch etwas anderes.‹
    »Ich sage Ihnen, was ich denke«, setzte Walker an.
    »Was denn?«
    »Ich denke, Sie möchten, dass wir Ihnen dabei helfen, Ihren Sohn zurückzuholen.«
    »Ich bezahle Sie.«
    »Ich weiß. Für Mike und Natasha wird das eine Hilfe sein.«
    »Für Sie nicht?«
    »Doch, für mich auch. Ich bin nicht darüber erhaben.«
    »Also helfen Sie mir?«
    »Na ja, entweder das, oder ich töte Sie.«
    Darauf erwiderte ich nichts. Es roch nach

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