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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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muffigem Teppichboden und Heizkörpern. Ich fragte mich, wer hier wohl gewohnt hatte, bevor dies hier der Ort wurde, den diese Kerle benutzten. Ich stellte mir eine müde Frau mit drei Kindern vor, Stütze, ein ununterbrochen laufender Fernseher.
    »Sie werden ja sowieso versuchen, Ihr Kind zurückzuholen«, fuhr Walker fort. »Dieselben Vampire haben auch Mikes Frau. Wenn wir Ihnen nicht helfen, besteht das Risiko, dass wir uns in die Quere kommen.«
    ›Warum uns also nicht gleich auf der Stelle umbringen?‹ Das brauchte ich gar nicht auszusprechen. Wir sahen uns an. Die Anziehung war eine hartnäckig weiche Stelle zwischen uns beiden. Es war auch die erste sexuelle Ehrlichkeit, die ich seit Monaten verspürt hatte. Das hieß nicht, dass er mich nicht töten würde, oder ich ihn. Ich dachte: ›Alle Männer und Frauen sollten von diesem gemeinsamen Verständnis ausgehen.‹
    »Was ist mit Konstantinov?«, fragte ich. »Will er mich nicht tot sehen?« Eine Spur Zynismus, nur für alle Fälle. Vielleicht wollten sie mich gegen Konstantinovs Frau austauschen? Aber Jacqueline hatte die Frau, und wenn Jacqueline mich gewollt hätte, dann hätten sie mich in Alaska mitgenommen. Okay, aber es gab noch andere Vampire. Jacqueline interessierte sich vielleicht nicht für das Projekt Helios, aber die Eierköpfe in den Fünfzig Familien schon. Falls sie nicht wussten, dass ich virusfrei war, würden sie mich haben wollen. Vielleicht so sehr, dass sie die Schüler zwingen konnten, eine Gefangene freizugeben. Ich musste vorsichtig sein.
    »Mike möchte niemanden töten, wenn es nicht sein muss«, antwortete Walker. »Das mag sich für Sie verrückt anhören, aber das ist alles, was ich bieten kann.« Dann, nach einer Pause: »Schauen Sie mich an.«
    Der Befehl schreckte mich auf, der plötzliche männliche Ton, der ins Herz einer Frau vordringt. Und in die Vagina, wenn sie ein böses Mädchen ist. Ich sah ihn an. Ich hatte ihn aufgewühlt, ihn unerwartet geweckt. Es war schon eine ganze Weile her, dass so etwas geschehen war. Aber er hatte auch mich aufgewühlt. Ich konnte mir all die goldene Jugend vorstellen, die noch immer in seinen Schultern steckte. ›Es gibt nichts Besseres als den zu töten, den man liebt.‹ Aber das war in Ordnung, denn dies hier war keine Liebe.
    »Ich lüge Sie nicht an«, erklärte er. »Das wissen Sie.«
    Stillschweigend wusste ich es. Ich war wie er. Ein Killer. Töten ist ein Club. Keine geheimen Handzeichen. Nur ein Blick. ›Du hast es auch getan.‹ Ja.
    Ich räumte es schweigend ein, dann wandte ich den Blick ab und fuhr mit dem Zeigefinger über Zoës Wange. Sie strampelte, formte wortlos Gebilde mit dem Mund. Genau wie Delilah. Der Gedanke an die Schüler war eine mentale Schleife, die mich ganz verrückt machte, mich erschöpfte, auch wenn ich mir einzureden versuchte, dass Lorcan bei ihnen besser aufgehoben war: Sie brauchten ihn erst zur Wintersonnenwende. Bis dahin mussten sie ihn am Leben lassen. Die Wissenschaftler vom Projekt Helios hätten sich umgehend an die Arbeit gemacht. Das sagte ich mir immer wieder, aber ich wurde die Übelkeit nicht los, weil ich wusste, es ging um Religion, Priester, Prophezeiungen, Rituale. Um verdammten Hokuspokus. Das bedeutete, alles war möglich. Alles, was keinen Sinn ergab, war möglich. Sogar wahrscheinlich.
    »Wie viele von Ihnen gibt es?«, fragte ich.
    »Bei weitem nicht genug. Sie vergessen, wir gehörten nicht zu den Rebellen, und von denen sind die meisten eh abgetaucht. Ich bezweifle, dass wir die jemals wiedersehen werden. Diejenigen, die Murdoch nicht erwischt, werden sich neue Gesichter, neue Identitäten geben.«
    »Also kriege ich eine Zwei-Mann-Armee?«
    »He, zwei sehr gute Männer. Aber nein, Sie kriegen mehr als zwei. Es sind vielleicht zwanzig oder so im selben Boot wie Mike und ich, fälschlich beschuldigt und auf der Flucht, plus ein paar Leute in der Organisation, die uns dabei behilflich sind, immer einen Schritt voraus zu sein. Und vergessen Sie nicht, Sie haben ja noch Ihren Inspektor Clouseau da.«
    »Er ist keine Witzfigur«, entgegnete ich. »Ich weiß, Sie halten ihn für eine, aber ohne ihn wäre ich bereits tot.«
    »Ich verlasse mich darauf. Aber eins sollte er besser begreifen: keine Naomi-Campbell-Wutanfälle.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Er weiß das.« Ich dachte: ›Zwanzig oder so. Jacqueline hat dreihundert Vampire. Chancen wie in einem schlechten Film.‹ Ob es mir gefiel oder nicht, aber ich musste

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