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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Duncan
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mich loszureißen. »Ich muss«, sagte ich und machte mich von ihm los. Ich schnappte meinen Rucksack, durchquerte die Suite und öffnete die Tür. Stimmen, die sagten, ich würde sie beide nicht wiedersehen, stolperten hinter mir her wie ein Erdrutsch. Ich stellte mir meine Mutter vor, die wie ein Talisman hinter mir stand und leise sagte: ›Schau nicht zurück. Schau nicht zurück. Schau nicht zurück.‹
    Also tat ich es nicht.

31
    In Falconara holten wir einen Landrover und eine Mercedes-Limousine ab. Walker war sichtlich erleichtert, dass im Kofferraum des Geländewagens Waffen lagen: vier Pistolen mit je einem Magazin, zwei Lancaster Tactical AK-47 mit jeweils einem 30-Schuss-Magazin. Damit blieb eine Person unbewaffnet. Zu Walker und Konstantinov waren noch drei weitere Ex-WOKOP-Agenten gestoßen – Hudd, Carney und Pavlov (die alle auf Murdochs Todesliste standen) –, keiner von ihnen wollte ohne Werkzeug bleiben. »Schätze, da habe ich wohl den Hauptgewinn gezogen«, sagte Walker. »Ich nehme mal an, es hat keiner was dagegen, wenn ich mit meinen tödlichen Kung-Fu-Techniken die Nachhut bilde?«
    Hudd war Anfang dreißig, untersetzt, dämonisch, muskulös, mit rasiertem Schädel und schwarzem Ziegenbärtchen. Carney war jünger, groß und schlank, mit einem blonden Bürstenhaarschnitt und einem sanften Gesicht mit blauen Augen. In Baggypants, kariertem Hemd und Strohhut hätte er den liebenswürdigen Dorftrottel abgegeben. Pavlov, der dritte Abtrünnige, war Mitte vierzig, hatte glatte, schulterlange rote, grau werdende Haare und ein friedfertiges Gesicht mit breiten Wangenknochen. Seine engstehenden haselnussbraunen Augen voller amüsiertem Nihilismus verrieten, dass er hier unter gar keinen Umständen auf etwas anderes aus war als Geld. ›Nicht so voreilig‹, ermahnte ich mich, aber ich hegte Liebe zu ihnen, solch einen Überschwang an Wärme, die immer mehr zunahm, bereit für den Fall, dass sie die Männer waren, die mir meinen Sohn zurückbrachten.
    Wir verließen den Flughafen kurz nach Mittag Ortszeit und fuhren nach Südwesten, Walker, Konstantinov (der fuhr) und ich im Mercedes, die anderen im Landrover. Es war kalt. Blauer Himmel und weiße Wolkenfetzen. Konstantinov strahlte Ruhe aus und bewegte sich derart präzise, dass man das fürchterliche Potential darunter spürte.
    »Es ist nicht weit«, sagte Walker zu mir. »Du solltest dir noch einmal die Luftbilder anschauen.«
    Es handelte sich um ein halbes Dutzend Satellitenaufnahmen aus Google Maps, auf denen die Ruine des Hauses und das Gelände zu sehen waren, ein riesiges rechteckiges Steinhaus mit burgartigem Dach und einem eingestürzten Turm auf drei ungepflegten Hektar mit einem niedrigen Hügel im Rücken, an der Südgrenze von einem schmalen Streifen dichten Waldes begrenzt. Es gab drei Außengebäude in unterschiedlichem Verfallszustand, dazu, vielleicht zwanzig Meter östlich vom Haupthaus, einen kleinen überwachsenen Obstgarten. Näher würden wir nicht herankommen, bevor wir aus der Deckung mussten. »Wir haben keine Schalldämpfer«, hatte Walker festgestellt. »Wenn wir anfangen zu schießen, sollten wir besser genau wissen, was wir tun.« Zum Glück konnten wir Kontakt halten. Ob Sie es glauben oder nicht, aber man darf auf Linienflügen Walkie-Talkies und Funkgeräte mitnehmen, solange man sie an Bord nicht benutzt, also verfügten wir alle über Headsets. Der Plan lautete, dass Walker und Hudd vorausgehen und die Lage kontrollieren sollten, um sicherzugehen, dass wir uns nicht noch mehr Schlägern gegenübersahen, als uns gesagt worden war. »Allerdings«, so hatte Walker mir anvertraut, »macht das für Mike keinen Unterschied. Er geht so oder so rein.« (Soll heißen, er würde mitgehen, aber das musste er nicht erwähnen.) Danach ging es einfach nur darum, die Vertrauten zu erledigen, die Gefangenen aufzuspüren und sie rauszubringen. »Ganz einfach«, hatte Walker wiederholt. »Mein Lieblingswort für solche Situationen. Hat ja keinen Zweck, negativ zu sein.« Eine Stunde nach Flugbeginn wollte ich mit ihm schlafen. Wolf stellte natürlich seine Ansprüche, ganz egal, was kam, offenmäulig, mit baumelnder Zunge und vor ehrlichem Schmutz glänzenden Augen, doch der große, schmerzhafte Druck kam von meinem Menschenanteil, von meinem Mädchen, das gerade erst zur Nähe des Todes erwacht war und eine große Zärtlichkeit für sich selbst, für ihren Körper und all die satte Endgültigkeit verspürte, die verlorengehen

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