Baedeker Reisefuehrer Toskana
ist soldatenhungrig, und so werden viele junge Toskaner für den Armeedienst angeworben. Doch die habsburgische Fremdherrschaft zeigt sich auch reformfreudig im Sinne der Aufklärung. Die traditionellen Wirtschaftszweige werden saniert und eine neue Rechtsordnung verschafft den Bürgern Gleichheit vor dem Gesetz. Sorgenkind bleibt die Landwirtschaft mit ihren feudalistischen Strukturen: Mehr als ein Mitspracherecht für die Pächter sieht die Landreform nicht vor.
Unter den Erzherzögen Leopold und Ferdinand
Sohn und Nachfolger von Franz I. ist von 1765 bis 1790 Erzherzog Leopold , der die Reformpolitik seines Vaters konsequent fortsetzt. Er hebt die Inquisition auf und konfisziert die kirchlichen Ländereien in der Toskana. Die Abschaffung von Folter und Todesstrafe (1786) ist eine weitere, geradezu revolutionäre Maßnahme. Die gesetzliche Transformation der Pächter in Landbesitzer schafft er zwar nicht, jedoch können nach Missernten und Hungersnöten versumpfte Landwirtschaftsgebiete wie die Maremma und die Val di Chiana unter großen Anstrengungen wieder nutzbar gemacht werden. 1790 verlässt der beliebte Erzherzog seinen Amtssitz Florenz, um in Wien Nachfolger seines kinderlosen Bruders Kaiser Joseph II. zu werden. Ferdinand III. , der Sohn von Leopold, übernimmt die Regentschaft in der Toskana und gebärdet sich wesentlich reaktionärer. Seine Neutralitätspolitik wird von der napoleonischen Revolution jäh unterbrochen.
Napoleon und Wiener Kongress
1796 erobert General Bonaparte Oberitalien und bemächtigt sich 1799 auch der Toskana, nachdem Ferdinand III. nach Wien geflohen ist. Der Franzose macht aus der habsburgischen Toskana einen Marionettenstaat namens »Königreich Etrurien«, der teilweise von seiner Schwester Elisa Bonaparte Baciocchi regiert wird.
Nach dem Zusammenbruch des französischen Imperiums findet Napoleon 1814 auf der Insel Elba vor der toskanischen Küste für ein Jahr Exil. Der Wiener Kongress (1814 / 1815) ordnet die politische Landkarte Europas neu. Ferdinand III. kehrt zurück und betreibt bis zu seinem Tod (1824) eine restaurative Politik im Großherzogtum Toskana. Das Fürstentum Lucca fällt im Zuge des Wiener Kongresses an die Bourbonen.
Das Volk rebelliert
Leopold II. (1797 – 1870), Sohn Ferdinands III., lassen die gesellschaftspolitischen Impulse durch die französische Revolution im frühen 19. Jh. kaum noch Spielraum für eine Restaurationspolitik. Überall in Europa rebellieren nationalistische Freiheitsbewegungen gegen die alten Mächte und Dynastien, gegen Feudalstrukturen und Fürsten. Auch Leopold II. spürt den frischen Wind des Risorgimento , der italienischen Einigungs- und Unabhängigkeitsbewegung. In allen großen Städten des Landes häufen sich ab 1830 die Unruhen. Die Presse unterstützt die Risorgimento-Bewegung und Demokraten fordern eine verfassunggebende Versammlung. Großherzog Leopold II. sieht sich bald gezwungen, reformistische Anregungen der florentinischen Liberalen um Bettino Ricasoli anzunehmen. Während des ersten italienischen Unabhängigkeitskrieges gegen Österreich 1848/1849 begibt sich Leopold II. unter die Fittiche des Königs von Neapel. In Florenz übernehmen republikanisch-bürgerliche Kräfte die Regierung. Mit Hilfe österreichischer Truppen kehrt er 1852 nach Florenz zurück. Er hat alle progressiven Kräfte gegen sich. Doch die florentinisch-toskanische Befreiungsbewegung spürt, dass sie die Erneuerung nicht allein bewirken kann, und sucht deshalb den Schulterschluss mit Piemont und dem dortigen Ministerpräsidenten Camillo Benso di Cavour.
DIE TOSKANA IM VEREINTEN ITALIEN
17.3.1861
Die Toskana ist Teil des neu proklamierten Königreichs Italien.
L' Unità
Im entscheidenden Befreiungskrieg von 1859 verliert Österreich Norditalien. Am 27. April 1859 dankt Leopold II. ab. Unter dem piemontesischen Königshaus, dem einzigen liberalen Verfassungsstaat im damaligen Italien, vollzieht sich 1859 – 1861 die Einigung Italiens: L‘ Unità. Am 15.3.1860 bekennt sich die Toskana per Plebiszit zum neu zu schaffenden Königreich Italien. Am 17.3.1861 wird sie Teil des Königreichs unter Vittorio Emanuele II. 1865 bis 1871 löst Florenz Turin als Hauptstadt Italiens ab, ehe der König in Rom einzieht.
Ab 1865 war Florenz für sechs Jahre die Hauptstadt Italiens.
Industrialisierung
Die Toskana findet in dieser Zeit Anschluss an das industrielle Zeitalter. In Livorno, Florenz, Pistoia und Piombino siedelt sich die Schwerindustrie an, Prato
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