Bädersterben: Kriminalroman
Ministeriale hat. Aber Reinicke hat immer wieder betont, dass ohne den nichts gehen würde bei der Akquise. Helfen Sie mir, bitte. Es geht um die Existenz meiner Mitarbeiter.«
Es fiel Stuhr schwer, die Fassung zu bewahren. Sein Vermieter bemerkte das und fragte besorgt nach. »Was ist, Herr Stuhr, haben Sie den Verteiler nicht vertragen? Das ist kein Problem, auf einem Bein kann man eben schlecht stehen. Ich werde noch einmal nachordern.«
Stuhr nickte. Wenig später hob Rasmussen sein neu gefülltes Schnapsglas und prostete der Runde zu. »Einen Lütten an die Lippen, die Herren.«
Stuhr prostete zurück. Den Schnaps konnte er jetzt gut gebrauchen, denn der Hinweis auf Dreesen kam gänzlich unerwartet. Was fingerte sein ehemaliger Oberamtsrat hier nur herum? Die Anstalt ging ihn doch überhaupt nichts an? Doch es half alles nichts, er registrierte Dr. Rogges flehenden Blick und musste reagieren. Stuhr nickte ihm kurz zu.
»Klar kenne ich den. Gut sogar. Mal sehen, was ich für Sie tun kann.«
Dem Anstaltsleiter traten vor Freude fast die Tränen in die Augen. »Herr Stuhr, wenn Sie mir den Kontakt vermitteln können, dann lege ich Ihnen unsere schöne Insel zu Füßen. Glauben Sie mir, sie ist es wert.«
Stuhr nickte, doch seine Fäuste ballten sich. Er würde gleich auf die Toilette gehen und Dreesen telefonisch zur Rede stellen. Sollte der in den Fall verstrickt sein? Das konnte er sich nach den langen Jahren der Zusammenarbeit eigentlich nicht vorstellen, aber andererseits war Dreesen nach der Scheidung von seiner Olsch auf dem Selbstbehalt festgenagelt worden, während Reinicke zeitweise regelrecht im Geld zu schwimmen schien.
Dieser Fall glitt ab in eine Richtung, die ihm überhaupt nicht schmeckte. Er würde von Dreesen eine Erklärung verlangen. Sofort.
15 Kleine Gefälligkeiten
Misstrauisch beäugte Oberamtsrat Dreesen sein Diensttelefon. Er empfand es als eine Frechheit, dass es jemand wagte, ihn direkt nach dem Mittagessen an seinem Schreibtisch zu belästigen. Leider hatte er bei dieser neuen Bauart noch nicht den Knopf ausfindig machen können, mit dem man den Apparat leise stellen konnte. Es war bereits die dritte Anrufserie, und jedes Mal zuvor hatte es mindestens 20 Mal gebimmelt. Natürlich war es eine Handynummer, die er nicht kannte.
Dreesen sah auf die Liste mit den erteilten Ausnahmegenehmigungen für den Sand, die er vor sich liegen hatte. Wie sollte er diese Liste an Stuhr durchgeben, wenn irgendein Querulant sein Diensttelefon okkupierte? Irgendwann riss Dreesen der Geduldsfaden und er hob säuerlich den Hörer ab.
»Tut mit leid, Sie sind falsch verbunden. Hier ist die Staatskanzlei in Kiel. Bitte geben Sie sofort die Leitung frei.« Dann donnerte er den Hörer auf die Gabel.
Doch wenig später erschien wieder die gleiche Nummer auf dem Display. Bei diesem Störenfried musste er wohl härtere Bandagen anlegen. Dreesen nahm den Hörer wieder ab und sprach mit eindringlicher Stimme. »Passen Sie gut auf. Wenn Sie jetzt nicht auf der Stelle auflegen und den Telefonterror beenden, dann gebe ich Ihre Telefonnummer an den Verfassungsschutz weiter!« Allerdings erkannte Dreesen nun die reklamierende Stimme des Anrufers am anderen Ende, und deswegen unterbrach er die Wurfbewegung, die den Hörer auf das Gerät zurückbefördern sollte. »Stuhr, was ist los mit dir? Bist du in Not? Ist mit dem Flug etwa was schiefgelaufen?« Fröhlich klang Stuhrs Stimme nicht, er wirkte irgendwie gestresst und gereizt.
»Moin, Dreesen. Nein, ich bin letztendlich heil auf dem Felsen angekommen. Soweit ist alles in Ordnung, aber der Flug war eine ziemliche Odyssee durch den Nebel. Ich wollte nur nachfragen, wie weit du mit deinen Nachforschungen bezüglich der Sondergenehmigungen gekommen bist. Oder hast du keine Möglichkeiten, Nachforschungen anzustellen?«
Dreesen hatte das Gefühl, seine Macht unter Beweis stellen zu müssen. »Ich und keine Möglichkeiten? Stuhr, l’état, c’est moi! Gerade wollte ich dich anrufen und dir die Liste durchgeben, aber du blockierst ja regelrecht meine Amtsleitung.«
Zunächst lachte Stuhr über das Zitat, das dem französischen Sonnenkönig zugeschrieben wurde. Aber er schien unter Druck zu stehen, denn schon wenig später bohrte er unnachgiebig nach. »Sag mal, Dreesen, auf deiner Liste, stehen da bekannte Namen?«
Einige Namen kannte er schon, allerdings würde Stuhr kaum etwas damit anfangen können. Also verneinte er zunächst.
Doch Stuhr blieb
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