Bär, Otter und der Junge (German Edition)
täuschst du dich. Das ist mein gelangweiltes Gesicht. Ich wünschte, du hättest die ganze Sex-Sache besser drauf. Meine Güte, du bist hier der Schwule , Otter. Man sollte meinen, du weißt, wie man einem anderen Kerl verrückt macht.“
Seine Augen funkeln verschmitzt und er lässt seine Lippen wieder auf meinen Bauch sinken, und ich denke, dass er an dieser einen Stelle lecken wird und bereite mich darauf vor, das Gesicht nicht zu machen (das natürlich den dümmlich-entspannten Ausdruck des Gipfels der Ekstase widerspiegelt, in den er mich versetzt), als er seine Lippen gegen meinen Bauch presst und prustet, so fest er kann. Das furzende Geräusch schallt durch das Zimmer und alle meine Sinne explodieren gleichzeitig, und bevor ich mich davon abhalten kann, quietsche ich schon wie ein Mädchen und versuche, ihn von mir zu stoßen. Seine Arme schlingen sich um mich, als er mich runter drückt, und ich kann spüren, wie er an meinen Oberkörper grinst, als er es nochmal tut. Mistkerl.
Schließlich rollt er von mir herunter, legt sich auf den Rücken, wirft sich einen Arm über die Augen und seufzt zufrieden. Das schiefe Grinsen, nach dem ich mich so sehne, auf seinem Gesicht. Als ich ihn ansehe, kommen mir Creeds Worte von letzter Woche in den Sinn: Dieser Typ trägt sein Herz auf der Zunge. Er könnte damit nicht mehr Recht gehabt haben. Wenn Otter wütend oder traurig ist, kann man es in seinen Augen sehen. Wenn er glücklich ist, dann ist es wie auf verdammten Wolken zu schweben. Und wenn dieses Glück auf mich gerichtet ist... nun, lass uns einfach sagen, dass ich dieses Gesicht in näherer Zukunft haben werde. Ich lache leise vor mich hin.
Otter nimmt den Unterarm von seinem Gesicht und hebt fragend eine Augenbraue. Ich schüttle den Kopf und rolle auf meinen Platz an seiner Schulter. Er grunzt zustimmend und schlingt seine Arme um mich, um mich näher zu ziehen.
„Das ist Blödsinn, weißt du?“, fragt er, seine Stimme gedämpft von meinem Haar.
„Was ist Blödsinn?“
„Du machst dieses Gesicht jetzt seit fast drei verdammten Monaten. Du hast es das erste Mal gemacht, und du tust es seitdem. Ich weiß , was ich tue.“
Ich verdrehe die Augen und beschließe nachzugeben. „Ja, ja, ja. Na gut, starker Mann. Das hier gewinnst du.“ Ich zwicke sanft seinen Nippel und er holt scharf Luft und lehnt sich in die Berührung. „Du weißt, wie man einen bläst.“
„Und wie ich das weiß“, brummt er, als er meine Hand gegen seine Brust drückt.
Wir liegen dort noch eine Weile länger, schweigend, während die späte Augustsonne durch die Fenster scheint. Beinahe drei Monate , denke ich verwundert. Ist es wirklich schon so lange? Ich schimpfe mich selber spaßeshalber aus, klinge ich doch wie ein dreizehnjähriger in seiner ersten Beziehung. Diese drei Monate waren drei Monate mehr, als ich angenommen hatte. Seit unserem Riesenkrach im Garten, sind Otter und ich zu einem wundervollen Verständnis gekommen, einem gegenseitigen Verständnis, das es uns beiden erlaubt, vorsichtige Blicke in die Zukunft zu werfen. Ich habe angefangen, mich zu erkundigen, was für mich nötig wäre, um wieder aufs College zu gehen. Vor ein paar Wochen hat Otter wieder angefangen, Fotoaufnahmen zu machen. Er hat sogar dem Jungen eine eigene Kamera besorgt, und jetzt sind beide ganz wild darauf. Zu Otters Leidwesen, ist der Junge sogar recht gut darin.
Für mich ist es eigenartig, darauf zurückzublicken, wo ich, im Vergleich zu heute, vor einem Jahr stand. Alles hat sich verändert, fast alles zum Besseren. Zum ersten Mal seit einer langen Zeit, bin ich zufrieden damit, nicht zu wissen, was das Morgen bringt. Zugegeben, ich mache mir noch immer die Sorgen, die einen nun mal begleiten, wenn man ein Bruder/Elternteil in den Zwanzigern ist, genauso wie über die Frage, wer ich wirklich bin, aber das alles scheint nicht mehr die große Sache zu sein wie sie einst war. In letzter Zeit hat es mich zum Nachdenken gebracht, warum ich mich, wenn die Dinge so gut stehen und ich so glücklich sein kann, weiterhin verstecken sollte. Warum sollte es vor denen, die mich am meisten lieben, ein Geheimnis sein? Deshalb habe ich die Entscheidung getroffen: die Entscheidung, die ich Otter noch mitteilen muss. Nun, was du heute kannst besorgen...
„Hey“, sage ich.
„Selber hey“, antwortet Otter.
„Ich will es Creed erzählen.“ Seine Hand, die bis vor einer Sekunde noch gedankenverloren mit meinem Haar gespielt hatte, erstarrt.
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