Bär, Otter und der Junge (German Edition)
zu Otter hinüber und flüstert verschwörerisch, „Er wollte nicht, dass ich es Bär erzähle, denn er meinte, Bär hätte zu viel Angst, um es sich anzusehen.“ Ich runzle wütend meine Stirn als Otter lacht. Nur, weil niemand, den ich kenne, so normal ist wie ich .
„Nun, Otter, was treibt dich zurück nach Hause? Schon zu berühmt für Kalifornien?“, fragt sie ihn.
Er zuckt lässig mit den Achseln. „Hatte einfach das Gefühl, eine Weile nach Hause kommen zu müssen, schätze ich. Hey, wo ist das Sojaeis? Ich hab dem Jungen eins versprochen, nachdem er mein Bier getrunken hat.“ Anna deutet in Richtung Ende des Ladens. „Bin gleich wieder da“, sagt er, während er davongeht.
Anna sieht ihm einen Moment hinterher und wendet sich dann mir zu. Sie beugt sich ein wenig nach vorne, ganz so, als könnten wir belauscht werden. „Also, was ist los mit ihm?“
„Ich hab keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?“
„Er hat dir nicht erzählt, warum er zurück nach Hause gekommen ist? Er kommt nie einfach so nach Seafare zurück. Er war seit über einem Jahr nicht mehr hier. Und“, setzt sie leiser fort, „er scheint ein wenig traurig.“ Das überrascht mich. Ich hatte nichts dergleichen bemerkt und erzähle Anna, dass sie projiziert. Ein Wort, das sie in ihrem Psychologie-Grundkurs gelernt hat und ständig auf mich anwendet. Sie klappst mir gegen die Schulter und macht sich davon, um einer Frau zu helfen, die aussieht, als wäre sie älter als Gott und durch den Regen stiefeln musste, um Frühstücksbeutel zu kaufen. Und das war's dann auch.
„War viel los heute Abend?“ Ich sehe mich um, als ich sie frage.
Sie zuckt mit den Schultern und nimmt das Geld der Frau an. „Geht so. Nachdem es angefangen hatte zu regnen, ist es mehr geworden, aber Mary ist zum Glück da, also war es nicht zu schlimm.“ Mary ist eine weitere Kassiererin, mit der wir arbeiten, die nach Menthol und Juicy Fruit riecht. Ich hab keine Ahnung, wo sie den Kaugummi herbekommt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn überhaupt noch herstellen. Anna sagt, dass sie in ihrem Haus einen Vorrat hat, den sie schon vor Jahren gekauft hatte. Ich denke allerdings, dass sie nur Witze macht. Ich hoffe, dass sie nur Witze macht.
Otter kommt zurück und legt das Eis aufs Band. Ich finde nicht, dass er traurig aussieht. Er sieht wie Otter aus. Anna weiß nicht, wovon sie redet. Über was sollte er traurig sein? Er hat einen Hammer-Job, verdient haufenweise Kohle. Ich bin sicher, dass er ein cooles Haus oder eine coole Wohnung hat. Er muss sich keine Gedanken über jemanden machen, dessen Überleben von ihm abhängt. Er steckt nicht in Seafare fest. Buh-huh.
Okay, ich klinge verbittert. Und ich starre ihn an. Und er erwischt mich. Otter grinst schief. „Willst du auch was, Bär?“, fragt er.
Ja! schreie ich in meinem Kopf. Ich will, dass du nach Kalifornien zurückgehst! Ich will, dass du aufhörst zu reden! Ich will wissen, warum ich mit dir gekommen bin! Ich will wissen, warum du mich hast mitkommen lassen! Warum, Otter? Warum bist du weggegangen? Gerade dann, als ich dich gebraucht –
„Nein“, sage ich laut. „Ich brauche nichts.“
Er zuckt mit den Schultern und sagt zu Anna, „Kommst du rüber, um mit uns rumzuhängen? Ich weiß, Creed würde dich gerne sehen.“
Anna schüttelt ihren Kopf. „Ich muss heute bis spät arbeiten und dann noch lernen. Ich hab noch zwei Prüfungen vor mir, bevor der Sommer losgehen kann.“
„Wie läuft's in der Schule?“, fragt er.
„Ich bin froh, wenn es vorbei ist“, antwortet sie ihm, während sie sein Geld nimmt und ihm das Wechselgeld zurückgibt. „Dann kannst du mir helfen, Bär davon zu überzeugen, dass er im Herbst anfängt, ein paar Kurse zu belegen. Du bleibst doch erstmal da, oder? Weißt du schon wie lange?“
Er zögert. „Ich hab keine Ahnung. Wahrscheinlich schon ein wenig. Es gibt ein paar Dinge, über die ich mir klar werden muss“, wiederholt er und sieht auf seine Hände.
„Nun, gut“, sagt Anna lächelnd. „Dann kannst du mir wirklich dabei helfen, Bär davon zu überzeugen, aufs College zu gehen. Denkst du nicht, dass er's hinbekommen könnte? So einige von uns wären bereit, ihm mit Ty zu helfen.“ Langsam beginnt sie, mich sauer zu machen.
„Ja, sicher“, sagt er. „Also, ich schätze, ich sehe dich dann später.“
„Bye, Otter.“
Er geht an mir vorbei und hebt eine Augenbraue. „Ich werde im Auto warten. Mach nur nicht zu lange. Ich
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