Bär, Otter und der Junge (German Edition)
meinem Kiefer entlang, zu meiner Wange, meiner Stirn, meinem Haar, meinen Augen. Ich lasse mich gegen ihn sinken und er umschlingt mich fest mit seinen starken Armen, und ich lasse alles raus. Er wiegt mich hin und her, und ich höre ihn flüstern, „Niemals wieder, hörst du? Niemals wieder. Wenn irgendwas passiert, sagst du's mir. Es ist wichtig für mich, dass du's mir sagst. Ich brauche dich. “ Ich nicke blind an seiner Brust und er streichelt über mein Haar. Er lässt mich einen Moment zur Ruhe kommen, dann zieht er meinen Kopf zurück und küsst die Tränen fort.
„Ich will, dass sie gehen“, murmle ich.
Er nickt und lächelt, sein schiefes Grinsen auf höchster Stufe. „Bald. Creed und Anna müssen zuerst mit dir reden. Danach gehen wir, wohin auch immer du willst. Nur du und ich.“ Er küsst mich noch einmal sanft und zieht mich dann zurück auf die Couch, wo er mich beschützend in seine Armbeuge zieht. Ich halte seine andere Hand fest, nicht bereit loszulassen, und auch er scheint mich nicht gehenlassen zu wollen. Er riecht so verdammt gut. Ich reibe mein Gesicht an seiner Brust, versuche, die Feuchtigkeit loszuwerden. Sein Herz schlägt schnell, und ich drücke meine freie Hand dagegen. Er knurrt leise, legt seine Hand über meine und drückt sie fest runter. Ich denke, ich weiß, was er versucht zu sagen. Ich fühle mich ein wenig besser in dem Wissen, dass wir zumindest die Chance haben zu reden, bevor... was auch immer geschieht.
Ich sehe zurück zu den anderen, die uns gegenüber sitzen und bin überrascht, ihre lächelnden Gesichter zu sehen, selbst Annas. Creeds Lächeln ist ein wenig grünlich. Ich bin sicher, seinen Bruder mit seinem besten Freund rumknutschen zu sehen, steht nicht unbedingt ganz oben auf seiner To-Do-Liste, aber zumindest gibt er sich Mühe. Ich erspähe ihre verschränkten Hände. Creeds Daumen streichelt über Annas.
„Also, ihr beide, hm?“, frage ich und überlege, ob ich noch immer sauer bin. „Ist das was Neues?“
Sie sehen sich an und erröten ein wenig.
Anna spricht für sie beide.
E S WAR einmal eine Zeit, in der Anna mit ihrem dämlichen schwulen Freund Schluss gemacht hatte. Sie wusste nicht sicher, dass er schwul ist, aber es huschte immer etwas über sein Gesicht, wenn er das magische Wort sagte: Otter . Sie versuchte die Zeichen zu ignorieren, das Gefühl ganz tief in ihrem Inneren zu ignorieren, das an ihr nagte. Es konnte doch nicht wirklich wahr sein, oder? Sicher, ihr dämlicher schwuler Freund war immer für sie da, konnte immer... Leistung zeigen wenn es notwendig war, also warum wollten diese Gedanken nicht verschwinden?
Eines Tages traf das magische Wort eine dumme Entscheidung, und floh aus der Stadt zu dem entlegenen mystischen Ort namens Kalifornien. Sie verstand nie wirklich den Grund dafür, zumindest damals nicht, aber das Flüstern in ihrem Kopf sah, wie ihr Freund daraufhin in sich zusammenbrach, sah, wie er kalt und unnahbar wurde. Sie versuchte, zwei und zwei zusammenzurechnen, fand jedoch nie eine Antwort. Sie wusste, dass etwas geschehen war, etwas, in das sie nicht eingeweiht war, doch sie hörte nie auf, sich die Fragen zu stellen. Sie führte ihr Leben fort, versuchte die hinterlassenen Scherben zusammenzufegen.
Es war ermüdend, aber sie wusste, dass es notwendig war. Niemand konnte das durchmachen, was ihr Freund durchgemacht hatte und nicht daran zerbrechen. Aber selbst als sie versuchte, ihn wieder aufzubauen, passten die Teile nicht richtig und egal, was sie auch tat, sie konnte ihn nicht mehr ganz machen. Anna begann, an sich selbst zu zweifeln, aber sie begann auch, genauer hinzusehen.
Drei ganze Jahre lang sah sie genauer hin.
Dann kam eines Tages, noch gar nicht so lange her, das magische Wort zurück. Sie wusste nicht warum. Sie sah, wie ihr Freund deswegen zunächst wütend wurde, wütender als sie ihn eine lange Zeit gesehen hatte. Dann sah sie ihn langsam aufwachen - wie aus einem tiefen Schlaf. Etwas in ihm begann wieder zu leben und sie wusste, dass es nicht an ihr lag. Die Stimmen, die zu ihr sprachen, diejenigen, die ihr düstere Dinge zuflüsterten, sagten ihr, dass sie nie das sein könnte, was Otter war. Anna traf einige schlechte Entscheidungen (aber waren es nicht die einzigen Entscheidungen, die sie treffen konnte?), und harte Worte wurden ausgesprochen. Als ihr eigenes Herz brach, brach sie seines. Sie dachte nicht einmal, dass das überhaupt möglich sei. Es ließ sie an ihren Taten zweifeln,
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