Bär, Otter und der Junge (German Edition)
beide, denn als Otter diesen letzten Teil sagte, sah er mich an.
„Was ist, wenn Bär zur Schule geht?“, brachte der Junge stockend heraus. „Er soll bald aufs College gehen!“ Ich konnte hören wie die Panik sich zurück in seine Stimme schlich. „Muss ich auch umziehen? Ich will nicht umziehen! Ich mag mein Zimmer! Ich will nicht weggehen!“
„Das musst du auch nicht“, brachte ich schließlich hervor. „Ich werde erst mal nicht aufs College gehen. Wir können hierbleiben und du kannst dein Zimmer behalten.“ Er begann wieder zu weinen, diesmal leise, während er sich an mich schmiegte. Ich legte mein Kinn auf seine Stirn und schaukelte ihn sanft. Ich fühlte eine warme Hand auf meinem Knie und wusste, dass es Otters war und ich wusste, dass ich sie abschütteln sollte, aber sie war beruhigend und sie war freundlich und ich konnte nicht die Kraft aufbringen, sie wegzuschieben.
Anna und Creed kamen ins Sichtfeld, als sie sich neben Otter hockten. Otter nahm seine Hand nicht weg und ich war froh. Sie beide streckten ihre Hände aus und berührten Tys Gesicht, sein Bein, sein Haar.
„Es wird gar nicht so viel anders werden“, sagte Anna schließlich. „Du wirst noch immer zur Schule gehen und mit deinen Freunden spielen. Du kannst in eurer Wohnung bleiben und wenn Bär arbeiten muss, kannst du bei mir oder Onkel Creed oder Otter bleiben. Ich weiß, deine Mom wird nicht da sein, aber wir werden es. Das verspreche ich dir, okay?“
Er nickte, indem er einmal kurz mit dem Kopf ruckte. „Was ist mit Onkel Creed? Bleibst du auch da? Du wirst auch nicht weggehen, um aufs College zu gehen, oder?“ Creeds Schultern fielen in sich zusammen und er sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Der Ausdruck sagte mir, dass er sich fühlte, als würde er mich betrügen und mich ebenfalls im Stich lassen. Für eine selbstsüchtige Sekunde lang fühlte ich mich, als ob er genau das täte. Ich wusste, dass er im Herbst weggehen und ich ihn nur noch hin und wieder sehen würde; und es wäre nicht dasselbe. Ich schob diese Gedanken von mir, denn es ging gerade nicht um mich, sondern um den Jungen. Um mich konnte ich mir auch später noch Sorgen machen.
„Ty“, sagte ich und wählte die Worte, die folgen würden, sorgfältig. „Onkel Creed wird die nächsten paar Monate da sein, aber im August wird er aufs College gehen. Das wird nicht heißen, dass er dich nicht mehr lieb hat, es ist nur so, dass er gehen muss. Ich weiß, dass er ganz bestimmt lieber hier bei dir bleiben würde, aber er muss einfach gehen. Er wird so ein ganz berühmter Computer-Typ und wirklich reich werden und uns auf seinem riesigen Boot auf Ausflüge mitnehmen. Aber um das tun zu können, muss er aufs College gehen, okay?“ Ty nickte und Creed sah mich an, als könnte ich übers Wasser laufen.
„Aber ich werde ganz oft zurückkommen, okay?“ Als Creed das sagte, klang er wieder wie er selbst. „Du wirst mich dauernd sehen und wenn du jemals mit mir reden willst und ich nicht da bin, lässt du Bär einfach bei mir anrufen und wir können uns unterhalten solange du möchtest. Ich unterhalte mich viel lieber mit dir, als in so ein blödes Computer-Seminar zu gehen.“
„Okay“, brachte Ty traurig hervor. Dann wandte er sich Otter zu. „Du hast gesagt, dass du bleibst und auch auf mich aufpasst, Otter. Gehst du auch weg? Nicht wie meine Mom, sondern wie Onkel Creed? Wirst du mich nur manchmal besuchen?“
Otter antwortete, ohne zu zögern: „Ich gehe nirgendwohin, Junge. Darauf kannst du zählen. Ich bleibe genau hier bei dir und Bär, okay?“
„Aber, Otter“, unterbrach ihn Creed, „Was ist mit –“
Otter warf ihm einen warnenden Blick zu und Creed hielt inne. Ich fragte mich, um was es hier ging. Ich wusste nichts davon, dass Otter weggehen wollte. Ich wollte gerade nicht unbedingt über Otter nachdenken, aber mir lief ein Schauer über den Rücken, bei dem Gedanken, dass Otter ebenfalls fortgehen könnte. Otter hatte das College bereits hinter sich und arbeitete in einem kleinen Fotostudio im nächsten County. Nichts Glamouröses, aber er schien die Arbeit zu mögen. Sie hatten ein paar Ausstellungen über seine Arbeit, die ich besucht hatte. Ich war mit Creed und seinen Eltern herumgewandert, hatte Champagner geschlürft und mich älter gefühlt als ich war, als wir von Bild zu Bild gegangen waren. Ich würde Creed später fragen, was das mit Otter auf sich hatte.
Sobald Ty wusste,
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