Bär, Otter und der Junge (German Edition)
fühlte ich einen Funken Normalität.
Ich betrat die Wohnung und dankte ihr leise dafür, dass sie auf Ty aufgepasst hatte. Anna hatte ebenfalls gearbeitet und Creed und Otter mussten zu irgendeinem Familienessen gehen. Mrs. Paquinn war sofort bereit gewesen, auf Ty aufzupassen, als ich sie am Tag zuvor gefragt hatte. Sie erhob sich langsam von der Couch und bewegte sich vorsichtig, um Ty nicht zu wecken. Ich bezahlte sie und wie immer umarmte sie mich, bevor ich sie zur Tür brachte und darauf wartete, dass sie sicher in ihrem eigenen Apartment nebenan ankam. Erst dann schloss ich die Tür.
Ich ging zurück zu Ty und nahm ihn auf den Arm. Er wachte kurz auf, sah, dass ich es war, der ihn trug und schlief wieder in meinen Armen ein. Mrs. Paquinn hatte ihn schon dazu gebracht, sich den Schlafanzug anzuziehen und somit konnte ich ihn gleich in sein Bett legen und ihn zudecken. Ich gab ihm einen Kuss ins Haar und knipste das Licht aus. Die Tür lehnte ich an, so dass das Licht aus dem Wohnzimmer sein Nachtlicht sein würde. Vor ein paar Tagen hatte ich versucht, in das nun leere Zimmer meiner Mom zu ziehen. Daraufhin war Ty völlig zusammengebrochen. Mir wurde schnell klar, dass er wusste, dass ich ihn hin und wieder verlassen musste, um arbeiten zu gehen und Dinge zu erledigen. Aber wenn ich zu Hause war, wurde von mir erwartet, so weiterzumachen wie ich es getan hatte, bevor Mom gegangen war. Das bedeutete im selben Zimmer zu schlafen. Für ihn spielte es keine Rolle, ob wir in unserem Zimmer oder in dem anderen leeren Raum schliefen, solange wir nur zusammen waren. Wir hatten beschlossen in unserem Zimmer zu bleiben, auch wenn es das kleinere war. Moms Zimmer roch noch immer nach ihr. Es wäre zu viel, zu schnell gewesen.
In dieser Nacht jedoch, waren meine Gedanken ganz woanders. Diese Nacht, war eine der Nächte wie ich sie in dieser Zeit regelmäßig erlebte: depressiv, wütend, in Selbstmitleid versunken. Ich wusste, dass ich nicht würde schlafen können. Schon auf der Arbeit hatte ich beschlossen, mich zu betrinken. Ich wusste, dass es während einer Depression nichts Schlimmeres gab, als alleine zu trinken, aber das war mir scheißegal. Meine Mom hatte eine Flasche Jim Beam in einem der Schränke zurückgelassen. Das Zeug war widerlich - beißend und stark, aber es machte mich schnell benommen, weil ich es direkt aus der Flasche trank. Kurze Zeit später fand ich mich selbst sturzbetrunken und in einem mieseren Zustand als vorher. Ihr Schatten schob sich über mein Herz und ich machte mich auf den Weg zur Badewanne, als die Beben begannen. Ich nahm die Flasche mit mir. Und trank. Und ich wolle mit jemandem reden. Verzweifelt.
Ich nahm mein Telefon, um Anna oder Creed anzurufen und wählte stattdessen Otters Nummer.
Er antwortete beim vierten Klingeln. „Gott sei Dank, dass du anrufst. Wir sitzen immer noch beim Abendessen und ich verkünde hiermit: meine erweiterte Familie ist unerträglich. Danke vielmals für die Ausrede, hier wegzukommen.“
„Meine erweiterte Familie ist auch zum Kotzen“, verkündete ich und versuchte, damit einen Witz zu machen, aber es hörte sich eher wie ` Meiiiie eweite Familllle iss au sum kozzn` an.
Otter klang amüsiert. „Ich nehme an, der Junge schläft und du hast beschlossen, dich der Genusssucht hinzugeben?“
„Jepp“, lallte ich, „isch ab dassss verdient .“
„Kein Widerspruch. Wo bist du?“
„In der Wanne. Hier gibt es Beben und ich musste mich in Sicherheit bringen“, erklärte ich entgegen aller Vernunft.
„Bist du okay?“
„Nein. Komm rüber.“
„Okay.“ Kein Zögern.
„Du isst Familie mit deinem Abendessen. Ich will nix versauen.“
Er schnaubte. „Scheiß drauf. Creed kann sie glücklich machen. Ich bin in 'ner Viertelstunde da.“
Irgendwo in meinem Hinterkopf klingelten die Alarmglocken. „Nein, passt schon“, aber er hatte schon aufgelegt.
Ich versuchte aufzustehen, ohne zu wissen, was ich danach tun wollte. Ich war lediglich erfolgreich darin, mir meinen Kopf am Seifenhalter zu stoßen. Ich beschloss, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal in der Lage war zu denken , geschweige denn, mit allem, was gerade los war, Otter hier zu haben. Ich blickte dümmlich auf mein Telefon und fragte mich wie es dazu kommen konnte, dass ich eigentlich Creed oder Anna anrufen wollte und nun Otter auf dem Weg hierher war. Während ich hackedicht war. Ich warf mein Telefon in den Flur, wo es auf dem Teppich abprallte und gegen die Wand
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