Bären im Kaviar
Mahlzeiten riß.
Es begann damit, daß wir eine Mikrofonanlage entdeckten, die vom Speicher des
Spaso-Hauses aus durch den Ventilatorschacht und eine Wand im Büro des
Botschafters führte. Als wir das Mikrofon fanden, war es vom Schreibtisch des
Botschafters nur mehr durch eine dünne Verputzschicht getrennt. Die Arbeit war
noch nicht abgeschlossen, denn die Drähte führten nicht über das Dachgeschoß
hinaus. Wir fotografierten das in Leningrad angefertigte Mikrofon und
verstauten es wieder an seinem alten Platz. Auf diese Weise hofften wir, den
Gauner auf frischer Tat bei der Vollendung seiner Arbeit zu ertappen und so
einwandfrei festzustellen, wen es denn brennend interessierte, was unser
Botschafter in seinem Büro verhandelte. (Immerhin hatte er mehr Glück als jener
andere Botschafter, der zu seiner Bestürzung ein Mikrofon in der Wand zwischen
seinem und seiner Frau Bett fand. Das Moskauer Diplomatische Korps war sich
damals einig darin, daß der dominierenden Persönlichkeit der Gattin jenes
anderen Botschafters damit ein ebenso delikater wie verdienter Tribut gezollt
worden war.)
Einige Nächte lang versteckten George
Kennan, Eibridge Durbrow und ich uns abwechselnd auf dem staubigen alten
Speicher, in der einen Hand einen Revolver, in der anderen die Taschenlampe. Es
war nicht ausgesprochen komfortabel; denn, um verborgen zu bleiben, mußten wir
bäuchlings auf dem harten Boden liegen. Abgesehen davon war es scheußlich kalt
und die Atmosphäre alles andere als lustig. Jeden zweiten Augenblick hopste
eine Nachteule oder sonst einer dieser gräßlichen schlaflosen Vögel auf das
Blechdach über uns und brachte uns jedesmal zu erschrecktem Hochzucken.
Freilich war es auch nicht wesentlich schlimmer, als sich, in den Frack
gezwängt, auf irgendwelchen langweiligen Empfängen nächtelang herumzumopsen.
Und überdies gehörte es eben zum diplomatischen Tag- und Nachtdienst.
Nach und nach aber ging uns die
Geschichte auf die Nerven, und so spannten wir nach einem — wie uns schien,
höchst sinnreich ausgetüftelten — System rund um den fatalen
Ventilatorenschacht kreuzweise dünne Seidenfäden über den Boden. Die Fäden
liefen in einem selbstgebastelten Schalter zusammen, der wiederum eine
Alarmglocke in einem der Schlafzimmer betätigte, in dem wir nun, weit
komfortabler als zuvor auf dem Speicher, Wache standen. Wir hielten das System
für unfehlbar, denn das Fadennetz war so eng, und der Dachstuhl war so dunkel,
daß es praktisch unmöglich war, sich auch nur von der Stelle zu rühren, ohne
die Alarmglocke in Tätigkeit zu setzen. Wir hatten es selber bei den
verschiedensten Gelegenheiten ausprobiert. Natürlich bezweifelte ich nicht, daß
anderen Amateurdetektiven etwas Besseres eingefallen wäre; doch wir waren
damals blutige Anfänger auf diesem Gebiet und befanden uns zudem in einem Land,
wo wir uns auf die Mitwirkung der örtlichen Polizeiorgane nicht gerade hundertprozentig
verlassen konnten.
Die Falle hatte nur einen einzigen
wunden Punkt: Sie funktionierte elektrisch und war an die allgemeine
Stromleitung des Hauses angeschlossen. Eines Morgens, als gerade Durbrow Wache
stand (oder vielmehr schlief), weckte ihn Tayler, der englische Butler des
Botschafters, mit der Nachricht, während der Nacht sei das Hauptkabel
durchgeschnitten worden. Durbrow erkannte blitzartig, daß damit unser ganzer
schöner Apparat außer Tätigkeit gesetzt war. Er raste nach oben, fand praktisch
jeden Seidenfaden zerrissen und das Mikrofon überhaupt nicht mehr vor.
Begreiflicherweise waren wir leicht enttäuscht, überwanden diesen Zustand aber
mit dem tröstlichen Gedanken, daß wir ja schließlich nicht als Detektive
eingestellt worden waren. (Es überraschte mich dann ein wenig, als ich einige
Jahre später den Film »Mission to Moscow« sah und den Darsteller des
Botschafters einen jungen Legationssekretär — wahrscheinlich mich selber —
heftig rügen hörte, weil er angedeutet hatte, im Botschaftsbüro sei ein
Mikrofon versteckt. Aber vermutlich hatte der Drehbuchautor die Szene bloß
mißverstanden. Für alle Fälle befindet sich eine Fotografie des Mikrofons beim
State Department — sofern sich in Hollywood jemand dafür interessieren sollte.)
Weit ernstere Nachwirkungen jener
Nacht des großen Mikrofondiebstahls jedoch wurden sehr bald offenbar. Zwei Tage
nach dem Durchschneiden des Kabels sprach mich der Butler an.
»Zwei der Kühltruhen scheinen nicht
wieder in Gang gekommen zu sein, nachdem wir die
Weitere Kostenlose Bücher