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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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niemand etwas davon
gesagt«, entgegnete die Rechnungsabteilung. »Wenn Sie das Projekt verkleinern
und die Sache billiger machen wollen, so bedingt das einen neuen Entwurf, und
der wird wieder neues Geld kosten.«
    »Was soll das heißen: der wird wieder
neues Geld kosten? Ich habe sechstausend Rubel für den Garten und damit basta!«
    »Aber die elftausend beziehen sich nur
auf die Gärtnerarbeiten«, erklärte der Rechnungsführer, »der Entwurf wird
separat bewertet.« Er fummelte in seiner Tasche herum und förderte ein weiteres
Formular zutage. »Hier ist die Kostenaufstellung für den Entwurf: Idee und
Zeichnungen. Sie beläuft sich auf siebentausend.«
    »Sie
meinen, ich schulde Ihnen bereits siebentausend Rubel, ohne daß auch nur ein
Spatenstich getan worden ist?«
    Die
Rechnungsabteilung zuckte die Schulter — kollektiv.
    »Wir
bedauern außerordentlich, aber so ist es nun einmal. In einer Planwirtschaft
wird das immer so gemacht.«
    Der Fensterputzer-Trust war auf seine
Art vielleicht noch schlimmer, aber dabei durchaus lustiger. Vor allem war er
neuer. Er war erst seit ein paar Monaten organisiert und wenigstens noch nicht
in seinen eigenen Geleisen festgefahren. Seine Mitglieder traten noch etwas
frischer auf. Außerdem waren sie jünger als der Trust der
Schwergewichts-Transportler oder der Grün-Trust oder der Vergnügungs-Trust.
    Der Direktor und der Kassierer, die
mich aufsuchten, waren junge Ukrainer Anfang Zwanzig. Sonst waren sie natürlich
haargenau so von sich überzeugt und so widerspenstig und hartnäckig wie alle
anderen.
    Ich setzte ihnen meine Nöte
auseinander: Botschaft und Kanzlei hatten ungefähr hundertsiebzig Fenster
verschiedenster Größe. Sechs davon waren...
    Doch der Direktor des
Fensterputzer-Trusts hatte bereits alle Informationen, die er brauchte.
    »Wir berechnen einen Einheitspreis von
zehn Rubeln pro Fenster, ganz gleich welcher Größe.«
    »Ja, nur-wie ich gerade sagen wollte«,
fiel ich ihm ins Wort,
    »sechs davon sind ganz ungewöhnlich
groß
    »Ist uns völlig schnuppe, wie groß sie
sind. Zehn Rubel pro
    Stück
    »Aber sie sind doppelt große
Atelierfenster und sehr schlecht zu erreichen. Sie werden eine
Spezialausrüstung nötig haben
    »Wenn Sie vielleicht so gütig sein
möchten, uns nicht auch noch zu unterweisen, wie wir die Fenster putzen
müssen, versprechen wir Ihnen, uns auch nicht in Ihre Angelegenheiten zu
mischen«, schnappte der Direktor beleidigt ein. »Wie groß sie sind, kümmert uns
gar nicht. Zehn Rubel pro Stück — nicht mehr und nicht weniger.«
    »Okay! Machen Sie, was Sie wollen.
Bloß, wie lange wird es dauern? Es muß schnellstens erledigt werden.«
    »Wir putzen mit Leichtigkeit siebzehn
Fenster pro Tag. Sagen wir also zehn Tage für die ganze Geschichte.«
    Ich wußte es besser. Ich hatte die
Fenster früher schon einmal putzen lassen, und es hatte über einen Monat
gedauert.
    »Ich glaube zwar nicht, daß Sie so
schnell damit fertig werden«, sagte ich, »aber ich mache Ihnen einen Vorschlag.
Alte amerikanische Sitte. Passen Sie auf: Wenn Sie die Fenster in zehn Tagen
geputzt haben, gebe ich Ihnen eine Prämie von zweihundert Rubeln, und für jeden
Tag, den Sie eher fertig werden, gebe ich Ihnen vierhundert extra. Brauchen Sie
jedoch länger als zehn Tage, haben umgekehrt Sie für jeden Tag Verzögerung eine
Buße von zweihundert Rubeln an mich zu zahlen.«
    Der Direktor sah den Kassierer an, und
der Kassierer sah den Direktor an, bis letzterer in ein immenses Grinsen
ausbrach:
    »Ihr Amerikaner seid doch ein
verteufeltes Pack! Immer einem guten Sport auf der Spur! Immer fällt euch was
Ulkiges und was Neues ein. Aber — es ist ‘ne Idee!« Und er stürzte sich in ein
eiliges, drängendes Gewispere mit dem Kassierer. Ein paar Augenblicke lang
berieten sie. Dann sah der Direktor auf:
    »In Ordnung — wir akzeptieren! Was ihr
Amerikaner könnt, können wir Russen schon lange!«
    Am andern Tag begannen sie mit der
Arbeit, und ich stellte an jedem nun folgenden Morgen eine kleine Kalkulation
in meinem Notizbuch an. Ungefähr eine Woche später hatten sie die
Atelierfenster im obersten Stock des Spaso-Hauses erreicht, das früher anderen
Zwecken gedient hatte, und ich ging hin, um mir anzusehen, wie sie damit fertig
wurden. Sie hatten aus Seilen, Leitern und Planken ein wackeliges Etwas
ureigener Erfindung in die Atelierräume montiert und hockten allesamt darauf
wie eine Schar Krähen im Kreml-Park auf der anderen Straßenseite. Selbst

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