Bären im Kaviar
flüssiger Diät ab.
Die Unterhaltung sickerte so weiter.
Meine Gedanken begannen zu wandern: Weshalb nur war ich je aus der Armee
ausgetreten und dem Unfug von der »romantischen Diplomatie« auf den Leim
gegangen? Ich könnte noch immer gemütlich in Fort Myer sitzen, toten — und
schweigenden — Botschaftern das Geleit zum Arlington Friedhof geben oder sogar
Polo spielen.
Warum gab’s hier eigentlich kein Polo?
»Fragen Sie den Kommissar, welches die
besten Sommerkurorte in Rußland sind.«
Ich
begann zu übersetzen: »Der Botschafter möchte gern wissen — weshalb Sie in der
Sowjetunion kein Polo spielen.« Um Gottes willen, wozu hatte ich das bloß
gesagt? Woroschilow: »Was ist Polo? Wir haben nie etwas davon gehört.«
Ich
wandte mich an den Botschafter: »Er sagt, es gäbe viele ausgezeichnete Kurorte
in ganz Rußland.«
Der Botschafter: »Aber welchen
bevorzugt er persönlich?« Charles W. Thayer (auf russisch): »Es ist ein Spiel,
das vom Pferderücken aus gespielt wird. Ein vorzügliches Training für
Kavalleristen.«
»Woroschilow:
»Wie wird es gespielt?«
C.
W. T. (auf englisch): »Der Kommissar sagt, er liebt alle Kurorte in Rußland.«
Der
Botschafter: »Fragen Sie ihn, ob er jemals auf die Krim oder in den Kaukasus
geht.«
C. W. T. (auf russisch): »Es wird von
zwei Gruppen zu je vier Spielern mit langen Hämmern und einem hölzernen Ball
gespielt.«
Woroschilow:
»Klingt nach einem guten Spaß.« Zu Budjennyi gewandt: »Was halten Sie davon?«
Budjennyi:
»Höchst interessant, aber wer könnte es uns beibringen?«
C. W. T. (auf englisch): »Der
Kommissar und General Budjennyi gehen beide sowohl auf die Krim als auch in den
Kaukasus.«
Der
Botschafter: »Welcher Monat eignet sich am besten zum Reisen?«
C.
W. T. (auf russisch): »Der Botschafter hat es früher gespielt und ich
ebenfalls. Wir könnten es Ihnen beibringen.« Woroschilow: »Schön. Wenn
Budjennyi einverstanden ist — mir ist’s recht.«
C. W. T. (auf englisch): »Der
Kommissar sagt, in der Sowjetunion eignen sich alle Monate zum Reisen, aber er
möchte gern wissen, ob Sie der Roten Armee Polo beibringen können.« So waren
wir zum Schluß wenigstens wieder glücklich beisammen.
Der Themenwechsel kam ein bißchen sehr
plötzlich, doch zuckte der Botschafter mit keiner Wimper.
»Polo? Ich soll jemandem Polo
beibringen? Du liebe Güte — ich habe seit vierzig Jahren nicht mehr gespielt.«
C. W. T. (auf russisch): »Der
Botschafter sagt, er sei zum Spielen zu alt, doch würde er gern als
Schiedsrichter fungieren.«
Woroschilow: »Prächtig. Der
Botschafter wird Chef-Schiedsrichter, und Sie werden oberster Polo-Instrukteur
der Roten Armee. Wann fangen wir an?«
C. W. T. (auf englisch): »Der
Kommissar schlägt vor, daß Sie Chef-Schiedsrichter werden sollen und ich
Instrukteur. Er möchte gern wissen, ob wir am Montag anfangen können.«
Der Botschafter wandte sich mir zu.
Ganz oben auf seiner Glatze begann sich die Haut zu röten. Es war ein
Gefahrensignal, das ich nur zu gut kannte. »Sagen Sie mal, was soll das alles
eigentlich? Wieso sprechen wir auf einmal von Polo? Wie haben Sie das in die
Unterhaltung gebracht? Ja, was haben Sie eigentlich übersetzt?«
Ich
stotterte: »Es tut mir furchtbar leid, Sir, aber die Konversation ist — ist
irgendwie — ein bißchen — entgleist…«
Urplötzlich
wechselte der Gesichtsausdruck des Botschafters, und er begann schallend zu
lachen: »Sagen Sie dem Kommissar, wir könnten anfangen, sobald die Ausrüstung
da ist.«
In jener Nacht sandte ich, nachdem die
Gäste fort waren, einem in der US-Kavallerie in Texas stationierten früheren
Mitspieler ein Telegramm:
»Bitte sendet komplette Poloausrüstung
abzüglich Ponys für vier Teams.«
Am nächsten Tag kam die Antwort:
»Du bist verrückt.«
Ein zweites Telegramm an einen weniger
skeptischen Freund in London hatte besseren Erfolg. Bald schon langte eine
Kiste mit einem umfangreichen Sortiment Polohämmer und Bälle in Moskau an.
Ein paar Tage später meldeten der
Botschafter und ich uns zum Dienst. Für das erste Sowjetpolo-Experiment war ein
Elite-Kavallerieregiment der Moskauer Garnison ausgewählt worden, dessen
zwanzig beste Reiter zu dem Kursus abkommandiert wurden. Als Spielfeld hatten
wir eine weite, leicht gewellte Grasfläche entdeckt, die bis dato nur von
Schafen beweidet worden war. Sie lag an der Moskwa, und zwar genau gegenüber
dem beliebten Schwimmbad ».Silberforst«, das wir im heißen
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