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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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war, nannte ich ihn nach dem Spender »Togo«.
    Ich hielt den Namen überdies für sehr
hübsch — bis zu dem Tage, an dem die gesamte Togo-Familie zu einer Teevisite in
unser Landhaus kam.
    Die Datscha war damals der etwas
sorglosen und unbedenklichen Obhut eines alten russischen Dieners namens Georg
anvertraut, der eine bemerkenswerte Karriere hinter sich hatte: Sooft er im
Leben vor eine Wahl gestellt worden war, hatte er die falsche Entscheidung
getroffen! Vor der Revolution war er Hosenbügler gewesen und hatte es auf die
eine oder andere Weise geschafft, sich in London zu etablieren. Als die
Revolution ausbrach, entschied er, Revolutionen seien eine wunderbare Sache,
und kehrte über Sibirien nach Hause zurück, um den Sowjets unter die Arme zu
greifen. Per Zufall traf er in Sibirien auf Koltschaks Truppen und verbrachte
den Rest des Bürgerkrieges damit, gegen die Sowjets zu kämpfen. Nach kurzem
Aufenthalt in den Salzbergwerken tauchte er wieder auf und entschied sich
diesmal für die Zusammenarbeit mit amerikanischen Konzessionären, die von der
Regierung geduldet wurden, weil durch sie ein bißchen dringend benötigtes
ausländisches Kleingeld ins Land kam. Sowie genug Kleingeld hereingekommen war,
wurden die Konzessionen liquidiert, und Georg wanderte auf drei Jahre in das
berüchtigte Gefängnis von Solowjetski am Weißen Meer, um ein wenig
nachzudenken. Danach beschloß er, sich Trotzki anzuschließen, bis dieser mit
Stalin aneinandergeriet und Georg etwa ein Jahr in Zentralasien zubringen
mußte. Zurückgekommen, fand er, die Amerikaner seien doch nette Leute, selbst
wenn sie einen vermutlich in Schwierigkeiten brachten. Ergo schloß er sich dem
Internationalen Nachrichten-Dienst von Hearst an, der damals wohl unpopulärsten
Institution in ganz Rußland. Nicht viel später wurde der IND liquidiert —
genauso wie vorher Koltschak, die Konzessionäre und Trotzki. Georg jedoch war
mittlerweile ein alter Mann geworden und entschied nunmehr, zum Weggehen fehle
ihm jegliche Lust. Er bat uns, ihn zu uns in die Datscha zu nehmen, wo er für
den Rest seines nützlichen Daseins als Butler und Hosenbügler verblieb.
    Doch das alles steht bis jetzt nur in
sehr lockerem Zusammenhang mit dem Pekinesen oder der Togoschen Teevisite.
Unseligerweise — und damit kommen wir auf den Kern der Sache — war die Teezeit
zugleich Fütterzeit für die Hunde. Während wir unter den Bäumen sitzend uns der
höflichen Konversation mit dem japanischen Botschafter und seiner Familie
hingaben, marschierte Georg mit einer Schüssel voll Abfällen vom Haus her quer
über den Rasen und lockte in klagenden, langgezogenen Tönen den Hund: »Toogoo,
Toogoo, Toogoo!« Am Teetisch herrschte überraschtes, pikiertes Schweigen. Georg
begriff plötzlich (ein bißchen reichlich spät), was er angestellt hatte, und
sauste wie ein geölter Blitz ins Haus zurück.
    Am nächsten Tag bat mich der Doyen des
Diplomatischen Korps, der deutsche Botschafter Graf von der Schulenburg,
    zu sich.
    »Stimmt es«, fragte er streng, »daß
einer Ihrer Hunde nach dem japanischen Botschafter benannt ist?«
    Ich sagte: jawohl, und fügte hinzu, es
sei eine alte amerikanische Sitte, wohlwollende Gefühle für einen Freund
dadurch auszudrücken, daß man einen Hund nach ihm benennt. Schulenburg runzelte
skeptisch die Stirn.
    »Na — eine japanische Sitte ist es
jedenfalls nicht, denn der japanische Botschafter tobt wie ein Irrer!«
    Ich sagte, ich bedauerte das
außerordentlich, doch könne schließlich niemand erwarten, daß ich außer den
amerikanischen nun auch noch sämtliche japanischen Volksbräuche kenne.
Außerdem: Der Hund sei jung und unerzogen. Wechselte ich jetzt aus heiterem
Himmel seinen Namen, so würde dadurch nicht nur seine weitere Erziehung
unmöglich gemacht werden, sondern er zöge sich auch vermutlich einen
unheilbaren psychischen Komplex zu. Doch Schulenburg blieb eisern, und ich
erklärte mich nach vielem Hin und Her bereit, um des lieben Friedens willen den
Namen in Hobo zu ändern. Vielleicht hätten wir Glück, und der Pekinese würde es
nicht merken oder sich doch zumindest über zwei neue Konsonanten nicht
allzusehr aufregen.
    Als Botschafter Togo wieder nach Tokio
zurückkehrte, wo er später Außenminister wurde, fragte ich Schulenburg auf dem
Bahnsteig, ob ich Hobo nunmehr nicht wieder in Togo umwandeln könnte.
Schulenburg meinte nach sorgfältiger Erwägung, es ließe sich vielleicht machen,
wenn ich es nicht allzu

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