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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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vielen Leuten auf die Nase bände.
    Einige Jahre später kam Sir Stafford
Cripps als britischer Botschafter nach Moskau und bat mich, ihm bei der Suche
nach einem jungen Polizeihund behilflich zu sein. Ich nahm meine früheren
Hundefreunde-Verbindungen wieder auf und bekam eine Auswahlkollektion zugesagt.
Ein paar Tage später traten diese Freunde mit einer Koppel Airedales an. »Ich
habe Ihnen doch gesagt, Sir Stafford wünscht einen Polizeihund«, knurrte ich
ärgerlich.
    »Oh, das sind Polizeihunde«, war die
gekränkte Antwort, »und zwar verdammt scharfe. Daß sie keine deutschen Schäferhunde
sind, heißt ja noch nicht, daß sie keine Polizeihunde sein können! Abgesehen
davon nahmen wir an, Sir Stafford lege Wert darauf, gerade keinen deutschen
Schäferhund zu haben — wo er doch schließlich mit Hitler Krieg führt!«
    Sir Stafford würdigte ihre Argumente
und nahm einen der Airedales. Er nannte ihn Joe, und niemand muckste. Aber er
war auch ein Botschafter, und ich war nur Legationssekretär.
    Als die Deutschen schließlich Rußland
angriffen und uns aus Moskau vertrieben, ließ ich Togo zurück, weil ich dachte,
die Deutschen würden sich vielleicht über einen japanischen Pekinesen freuen.
Aber sie sind nie bis in die Hauptstadt gekommen, und ich weiß bis auf den
heutigen Tag nicht, was aus Togo geworden ist. Der alte Graf von der
Schulenburg wurde wegen seiner Teilnahme an der Verschwörung des 2,0. Juli
erhängt; Botschafter Togo wurde als Kriegsverbrecher zu langjähriger
Gefängnisstrafe verurteilt und starb 1950 während der Haft in Tokio. Georg
starb friedlich in einem Altersheim bei Moskau.
    Die Datscha war nichts weiter als ein
leicht vergrößertes hölzernes Wochenendhaus, das von dem litauischen
Diplomaten, von dem wir es übernahmen, »modernisiert« worden war. Er hatte
einen Brunnen gegraben, im Haus Pumpe und Becken installiert, ein Badezimmer
mit Dusche eingebaut, Garten, Tennisplatz und Ententeich angelegt und — am
allerwichtigsten — rundum einen hohen Holzzaun gezogen, der die Datscha vom
nächsten Dorf abschloß.
    Das Durchfahren der großen hölzernen
Tore nach einem langen Tage voll angestrengtester Versuche, »die Russen zu
verstehen«, hatte immer etwas ungemein Beruhigendes an sich. Sobald sich diese
Tore hinter einem schlossen, schienen Sowjetunion, Fünfjahresplan und — o
Wunder! — die GPU sich in nichts aufzulösen.
    Zuletzt bauten wir der Datscha noch
einen Stall für drei Pferde an. Monatelang suchten, schacherten, lamentierten
und bestachen wir rechts und links, ehe wir endlich drei sogenannte Reitpferde
erwischten. In Wirklichkeit waren es nur etwas leichtere Karrengäule; wir
taten, als merkten wir den Unterschied nicht, aber nach einigen Jahren
unentwegten Weitersuchens und -handelns gelang es uns, sie gegen ein paar
ziemlich brauchbare Pferde einzutauschen.
    Die größte Schwierigkeit war, einen
anständigen Stallburschen zu finden. Entweder verkauften sie prompt unseren
ganzen Hafer an die örtlichen Droschki-Fahrer, oder aber sie richteten sich
selber samt etlichen Frauen und Kindern in unserem winzigen Stall häuslich ein
und beschlossen, fortab von den Erträgnissen unseres Gartens zu leben. Nachdem
wir ein gutes halbes Dutzend hinausgepfeffert hatten, fanden wir endlich
Panteleimon, einen der hervorragendsten Stallburschen des zwanzigsten
Jahrhunderts. Panteleimon war ein kleiner, O-beiniger Kavallerist der alten
Schule. Auf dem Kopf trug er beständig eine verblichene zaristische
Soldatenmütze und im Mundwinkel eine elegante Elfenbein-Zigarettenspitze.
Panteleimon versicherte uns, daß wir ihm — abgesehen von allen seinen anderen
Tugenden — absolut blindlings vertrauen könnten, als einem perfekten Gentleman
aus Seiner Kaiserlichen Majestät Kavallerie. Als solcher, setzte er uns beredt
auseinander, lege er so großen Wert darauf, sich in Gesellschaft anderer
Gentlemen zu befinden, daß er praktisch für nichts arbeiten wolle. Er habe eine
selbst für einen Russen ungemein weite Seele, und das kleinlich-enge Leben, das
er inmitten des Proletariats zu führen gezwungen sei, ersticke ihn geradezu.
Ehe wir uns wieder voneinander trennten, hatte Panteleimon es immerhin
fertiggebracht, ein Grundstück neben der Datscha zu erwerben und dort eine
dreiräumige Hütte zu errichten. Auf die Frage, wie er sich das habe leisten
können, erwiderte er bescheiden: durch seiner eigenen Hände Fleiß. Als er sich
um den Posten bewarb, hatte er uns versichert, er sei

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