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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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interessiere Sie
vielleicht, daß Sie nach Rom telegrafieren können.«
    Das gab mir eine Idee, und ich
verhandelte noch einmal mit dem Telefonfräulein.
    Innerhalb weniger Minuten hatte ich
einen sehr schläfrigen Sekretär der römischen Botschaft am Apparat. Ich bat
ihn, Rotterdam und Kopenhagen anzurufen und meine Nachrichten durchzugeben.
Dann legte ich mich befriedigt schlafen.
    Bald darauf waren alle Verbindungen
wiederhergestellt, doch mußten wir deutsch sprechen. Eines Tages rief ich das
Konsulat in Kopenhagen an und sprach mit einer amerikanischen Sekretärin, die
etwa die Hälfte des dringend erforderlichen deutschen Vokabulars beherrschte.
Ich konnte auch die Hälfte — aber die andere Hälfte. Irgendwie schafften wir
es, uns dienstlich zu verständigen. Katastrophal wurde es erst, als ich — da
wir auf eine Nachricht aus der Registratur warten mußten — eine höfliche
Konversation mit der jungen Dame begann.
    »Sind die Hummern in Kopenhagen immer
noch so gut?« fragte ich.
    »Ich bin kein Hummer«, fauchte sie
böse zurück.
    »Ich habe ja auch nicht gesagt, Sie
wären ein Hummer. Ich habe nur gefragt, ob sie immer noch gut sind.«
    »Natürlich bin ich gut. Was soll
dieser ganze Blödsinn? In meinem Leben hat mir noch niemand solche Frechheiten
gesagt!«
    »Ich habe gefragt, ob die Hummern gut
sind, zum Teufel! Wenn ich nächstesmal dort bin, werde ich Sie einladen, und
wir probieren sie dann gemeinsam aus.«
    »Mich ausprobieren...?« Eine Salve
schöner alter Yankee-Schimpfwörter knatterte los. Ich wollte es gerade noch
einmal versuchen, als sich plötzlich eine dritte Stimme in fließendem Englisch
in die Unterhaltung mischte:
    »Um Himmels willen, sprechen Sie englisch!«
    Es war die Zensur.
     
    Im Augenblick der englischen
Kriegserklärung wurden der englische Konsul, sein Vizekonsul sowie zwei
Sekretärinnen im ersten Hotel der Stadt interniert. Und mir wurde die Aufgabe
zugewiesen, mich um sie und ihr Büro zu kümmern.
    Eines Abends hatte ich mir im
britischen Konsulat noch ein paar Papiere geholt und begann, beim Weggehen das
Büro wie üblich zu versiegeln. Es war spät und schon ziemlich dunkel. Ich nahm
also meinen Siegellack, ein Stückchen Schnur und unser amerikanisches Siegel
und fing meine Arbeit munter an. Aber sehr bald kam ich zu der Einsicht, daß
ein gewöhnlicher zweiarmiger Sterblicher nicht dazu bestimmt sein kann, mit
heißem Siegellack auf einer vertikalen Fläche eine Schnur zu befestigen. Ich
verbrannte mir die Finger. Ich verbrannte die Schnur. Ich verschmierte in
weitem Umkreis den Boden mit tropfendem Siegellack. Alles klebte — nur die
Schnur nicht.
    Plötzlich fühlte ich eine energische
Hand auf meiner Schulter. Ich sprang hoch und drehte mich erschrocken um. Im
Halbdunkel hinter mir stand ein riesiger deutscher Polizist.
    »Los, kommen Sie ganz ruhig mit, und
stellen Sie sich bloß nicht dumm an. Kein Affentheater oder so’n Zeugs«, warnte
er mich.
    »Aber ich bin amerikanischer
Vizekonsul und mit voller Berechtigung hier«, protestierte ich, »diese
verdammte Tür muß wieder versiegelt werden…«
    Den Polizisten erschütterten meine
Beteuerungen nicht, und ich fügte mich schließlich.
    »Na schön. Zuerst müssen Sie mir aber
bei der Tür hier helfen. Ich kann sie auf keinen Fall unversiegelt
zurücklassen. Da — halten Sie mal die Schnur flach, während ich den Siegellack
heiß mache.«
    Der Polizist hockte sich hin und
drückte seinen Daumen gegen die Schnur. Ich erhitzte den Siegellack mit einem
Streichholz. Das Streichholz ging aus, und ich konnte nichts mehr sehen. Ich
zielte kurz und drückte den Lack, solange er noch heiß war, dahin, wo die
Schnur sein mußte. Der Blaue schoß hoch und zerbiß einen Fluch. »Au — das war
mein Daumen«, jammerte er vorwurfsvoll.
    »Bedaure«,
murmelte ich und versuchte es noch einmal. Schließlich hatten wir die Tür,
Schnur, Lack und Siegel in das richtige Verhältnis zueinander gebracht, und
alles war »in bester Butter«, wie man in Deutschland sagt.
    »Was nun?« fragte ich den Polizisten.
    »Kommen Sie mit zur Wache, und
erzählen Sie Ihre Geschichte der Gestapo«, forderte er mich auf.
    Auf der Wache konnte der
Polizeihauptmann die Telefonnummer der Gestapo nicht finden. Ich benutzte die
blendende Gelegenheit zu ein paar bissigen Seitenhieben auf eine Geheimpolizei,
die so geheim war, daß niemand sie finden konnte. Zum Schluß wurden wir aber
verbunden, und der Hauptmann holte sich einen Mordsanpfiff.

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