Bären im Kaviar
geblieben«,
sagte er, »und hab’ die Taschenlampe schußbereit gehalten. Sowie sie auf mein
Bett zuschlichen, hab’ ich sie angeknipst. Es waren drei Stück, und sie liefen
geradewegs auf mich zu.«
Mike
und ich sahen uns an. Wir schüttelten bedauernd die Köpfe. Der arme Charlie, er
war doch sonst so vernünftig! Sah ihm gar nicht ähnlich, plötzlich
überzuschnappen.
Charlie
schnaubte wütend: »Starrt mich gefälligst nicht an, als ob ich ein Idiot wäre!
Ich sag’ euch, es waren drei Stück von der Größe eines ausgewachsenen
Polizeihundes — jedenfalls größer als Midget.«
Beim Klang des Namens »Midget«
winselte es unter Charlies Bett, und Midget, die seit einigen Tagen heiß war
und von sämtlichen Hunden der Nachbarschaft gejagt wurde, kroch zitternd ins
Lampenlicht.
Wir sperrten sie in eine kleine Kammer
hinter meinem Zimmer ein, und Charlie wurde nie wieder von Wölfen belästigt.
Nicht lange nach der Wolfsschlacht
hörten wir im Rundfunk, daß eine Delegation unter Lord Beaverbrook und Averell
Harriman nach Moskau käme. Am nächsten Tag schon wurden einige von uns
zurückbeordert. Ich wurde lokaler Sekretär der amerikanischen Delegation, was
soviel bedeutete wie: Dolmetscher, Reiseleiter und Laufbursche in einem. Das
hielt mich eine Woche lang pausenlos täglich vierundzwanzig Stunden in Trab.
Nur einmal gab es ein kurzes Verschnaufen, als ich eine Gruppe aus Washington
durch Moskau führte, um ihnen die »Bombenschäden« zu zeigen. Moskau war im
Grunde nicht sehr stark getroffen worden, aber die allgemeinen
Verfallserscheinungen der meisten Häuser täuschten unsere Besucher.
Verschiedentlich mußte ich zugeben, daß die aufgespaltenen, rissigen Wände,
abgebrochenen Gesimse, löcherigen Straßen ihren Zustand wahrscheinlich mehr
ihrer Bauweise als äußeren Einflüssen verdankten. Bei einem Haus nahe der
Borodino-Brücke, das völlig flach lag, mußte ich des längeren erklären, daß
einer der beiden Flügel schon kurz vor Kriegsausbruch zusammengestürzt war. Der
Einsturz des anderen aber — freute ich mich hinzufügen zu können — sei wohl
hauptsächlich auf die mörderischen Deutschen zurückzuführen. Seufzend schloß
ich, daß es in den meisten Fällen schwer zu sagen sei, wo die Auswirkungen der
sozialistischen Konstruktionsweise aufhörten und die deutsche Bombardierung
begann.
Schließlich waren die Verhandlungen
beendet, und die Delegation begab sich nach Archangelsk und von da heim. Ich
begleitete sie auf einem kleinen Zerstörer, der »Harrier«, bis zum Kreuzer, der
»London«, die ihn im Weißen Meer erwartete. Es war eine bitterkalte,
pechschwarze Nacht, und die »Harrier« hüpfte wie ein Korken auf dem Wasser. Dreimal
versuchten wir, neben dem Kreuzer anzulegen, und jedesmal rissen die Trossen.
Zum Schluß aber schafften wir es mit Hilfe irgendeines mysteriösen Glanzstückes
britischer Seemannskunst, unsere Passagiere auf den Kreuzer hinüberzubefördern;
und das, obwohl sich Beaverbrook wütend geweigert hatte, vermittels eines
Ladebrettes transportiert zu werden. »Ich laß mich nicht wie ‘n verdammter
Whisky mit Soda auf’m Tablett ‘rumjonglieren«, hatte er zornig protestiert.
Sowie der letzte Passagier drüben war,
arbeiteten die großen Maschinen Volldampf voraus, und der Kreuzer glitt schnell
und elegant durch die riesigen Wellen nach Norden. Wir auf der »Harrier«
stießen einen Seufzer der Erleichterung aus und wollten schon in die Wärme der
Kapitänskajüte hinabsteigen, als plötzlich der Lautsprecher der »London« über
das Wasser dröhnte:
»»London« ruft »Harrier«. »London«
ruft »Harrier«. Gut gemacht, »Harrier«! Gut gemacht!«
Es war eine jener Gelegenheiten, bei
denen die englische »Untertreibung« sich selbst »übertrifft«.
Die arme »Harrier« hatte ihren Auftrag
nicht ohne Schaden für sich selber erledigt. Auf dem Rückweg nach Rußland gab
der Kapitän bekannt, daß wir uns bei dem vorangegangenen Manövrieren ein
stattliches Loch gleich oberhalb der Wasserlinie in den Schiffsrumpf geschlagen
hatten. Wir schafften es knapp, einen kleinen Nothafen zu erreichen, dessen
Name mir entfallen ist. Dort wurden wir von der facht des Admirals der
Weißmeer-Flotte aufgelesen und nach Archangelsk gebracht. Am nächsten Tag waren
wir wieder in Moskau.
Aber wir sollten nicht mehr lange dort
bleiben. Der deutsche Vormarsch verlangsamte sich nicht. Jeden Tag zeigte der
Operationsplan im Büro des Militärattaches die Front
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