Bahama-Krise
»Dein
Manager ist aber Weißer.«
»Ich bin auch Weißer«, sagte ich gelassen. »Aber wir sind
beide auf den Bahamas geboren. Normalerweise hast du es hier mit
Schwarzen zu tun, das muß man klar sehen.«
Billy hob die Schultern. »Mich stört es nicht, was die Leute
für eine Hautfarbe haben, solange das Hotel Geld verdient.«
»Meins verdient«, sagte ich. Ich schaute
auf und bemerkte Debbie Cunningham, die gerade die Bar betrat. »Deine
Kusine kommt, Billy.«
Sie trug ein Paar heiße Höschen, die an Freizügigkeit wenig zu
wünschen übrigließen. Ihre Beine waren beachtenswert. »Ich hoffe, ich
bin so gut angezogen«, bemerkte sie und sah an sich herunter. »Oder
gibt es im Hotel bestimmte Bekleidungsregeln?«
»Innerhalb gewisser Grenzen können sich die Gäste anziehen,
wie sie wollen«, entgegnete ich und ließ meinen Blick prüfend an ihrer
Figur entlanggleiten. »Soweit ich feststellen kann, haben Sie diese
Grenze nicht überschritten. Möchten Sie einen Drink?«
»Eine Cola, wenn es möglich ist.« Ich winkte einem Kellner.
»Ein herrliches Hotel«, stellte sie fest. »Hast du den Swimming-pool
schon gesehen, Billy?«
»Noch keine Gelegenheit.«
Ich sah auf die Uhr. »Ich habe noch eine gute Stunde zu tun.
Warum macht ihr beiden keinen Rundgang über das ganze Gelände, und wir
treffen uns nachher am Empfang? Ich würde euch dann gern zum
Mittagessen nach Hause mitnehmen. Wenn du irgendwelche Fragen hast,
Billy, dann wende dich bitte an Jack Fletcher, den Manager.«
»Das wird nicht nötig sein«, winkte Billy ab. »Du hast mich
soweit ins Bild gesetzt, daß ich weiß, worauf ich achten muß.«
Ich ließ Billy mit seiner Begleiterin allein und zog mich in
mein Büro zurück. Ich mußte nachdenken. Als Billy die Höhe der Summe
genannt hatte, die die Cunningham Corporation investieren wollte, hatte
es mir einen ganz schönen Schock gegeben, auch wenn ich mich bemüht
hatte, mir nichts anmerken zu lassen. Vierzig Millionen Dollar ist ein
ansehnliches Kapital. Wenn es möglich war, eine so große Summe in meine
Holding, die West End Securities, einzubringen, konnte ich in einer
Weise expandieren, die unter anderen Umständen völlig undenkbar gewesen
wäre. Das Problem dabei war, daß ich bei soviel Fremdkapital Gefahr
lief, aus der eigenen Firma herausgedrängt zu werden. Es würde also
darauf ankommen, die Interessen der Cunninghams und die meinen so zu
verknüpfen, daß ich nicht ausgebootet werden konnte. Zugleich mußte die
Operation für die Kapitalgeber profitabel bleiben.
Wenn Billy vom ›Royal Palm Hotel‹
beeindruckt gewesen war, dann war er es von meinem Haus um so mehr, und
er machte keinen Hehl daraus. Ich führte ihn in den Innenhof und zeigte
ihm den Swimming-pool.
»Fabelhaft!« sagte er.
»Und praktisch«, fügte ich hinzu. Ich lachte. »Bist du jemals
in Rom gewesen, vielleicht sogar im August?«
»Warum sollte irgend jemand im August nach Rom fliegen?« war
seine Gegenfrage. Dann zuckte er die Schultern. »Aber wo du schon
fragst: ja! Ich war mal in Rom, und zwar im August. Es war gottverdammt
heiß, und ich habe gemacht, daß ich schleunigst wieder wegkam.«
»Es war heiß, weil es zugleich feucht war«, sagte ich. »Genau
wie hier, auf den Bahamas. Als ich dieses Haus plante, beauftragte ich
den Architekten, sich einmal die Bauweise der alten römischen Villen
anzusehen. Ich meine die ausgegrabenen Ruinen des alten Rom. Die Leute
damals haben ihre Bauten wirklich nach dem Klima ausgerichtet, mit dem
sie zu leben hatten. Was du hier vor dir siehst« – ich deutete
auf das Atrium – »ist keine Kopie einer römischen Villa,
sondern ein Neubau, in dem die Prinzipien von damals beachtet wurden.
Natürlich gibt es alle modernen Annehmlichkeiten, wie Air Conditioning
zum Beispiel. Nur ist mein Stromverbrauch für Air Conditioning
niedriger als in den anderen Häusern hier. Und das liegt daran, daß
dieses Haus von Natur aus kühler ist als die anderen. Im ›Royal Palm
Hotel‹ ist das gleiche Prinzip angewandt worden. Was du für Luxus
gehalten hast, nämlich die Empfangshalle mit einer Höhe von acht
Stockwerken, ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein großer
Kühlturm.«
Billy wollte gerade etwas antworten, als Julie aus dem
Hausinnern ins Atrium trat. »Da kommt meine Frau«, sagte ich. »Julie,
du kennst Billy ja bereits. Und dies ist seine Kusine Debbie.«
»Guten Tag, Billy«, lächelte Julie. »Willkommen auf Grand
Bahama.« Dann wandte sie sich zu Debbie.
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